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The Last of Us

The Last of Us

Eines der beeindruckendsten Spiele auf der diesjährigen E3 war ohne Zweifel The Last of Us von Uncharted-Entwickler Naughty Dog. Wir haben uns den Fortschritt bei der Entwicklung genauer angesehen.

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Nach Naughty Dogs Auftritt auf Sonys E3-Pressekonferenz sagte uns ein Entwickler, der allerdings lieber ungenannt bleiben möchte: "Ich dachte, dies wird ein eigenes Spiel, aber es ist doch nur ein weiterer Uncharted-Titel." Hmm. Tatsächlich war die Präsentation vollgepackt mit Action und das Gesehene trug eindeutig die Handschrift der erfolgreichen Serie. Aber The Last of Us ist mehr. Und es ist eines der wenigen Spiele, die uns in diesem Jahr auf der E3 umgehauen haben.

Als wir das erste mal Wind von The Last of Us bekommen hatten, sah es damals vielleicht so aus, als würde Naughty Dog ganz offensichtlich der Zombie-Route folgen. Aber der Titel ist kein Spiel, dass in irgendeine Kategorie passt. Und auch die Infizierten scheinen nur eine untergeordnete Rolle in dem zu spielen, was offensichtlich eher eine persönliche Reise der beiden Hauptcharaktere Joel und Ellie ist.

Wenn Uncharted versucht hat, den typischen Abenteuer-Blockbuster abzubilden, dann greift The Last of Us auf ein deutlich anspruchsvolleres Film-Genre als Inspiration zurück. Das Spiel stützt sich bei der Handlung stark auf die eher ruhigeren Momente, in denen Joel nach und nach Ellies Wissenslücken über die alte Welt füllt. Eine Welt vor dem Ausbruch der verheerenden Seuche. Eine Welt, von der einige Leute hoffen, sie wieder aufbauen zu können. Andere indes haben die Hoffnung in die Menschen längst verloren und leben nur von Tag zu Tag.

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Das gezeigte Maß an Gewalt ist durchdacht und dabei leicht verabscheuungswürdig

Auf diese Jäger - man kann eigentlich auch Aasfresser sagen - konzentrierte sich die Präsentation auf der E3 und auch der aktuelle Trailer setzt sie in den Fokus. Joel und Ellie haben sich bis nach Hunter City durchgeschlagen, wo gewissenlose Banden ahnungslose Menschen wegen ihrer wenigen verbliebenen Habseligkeiten in Fallen locken und töten, nur um selbst noch den nächsten Tag zu erleben.

Naughty Dogs Vorstellung dieser Vision ist kurz und heftig. Sie steckt voll brutaler Action. Gezeigt wird auf uns ein möglicher Weg, wie wir einen Abschnitt spielen können. Aber hinter verschlossenen Türen zeigt Game Director Bruce Strahley uns etwas völlig anderes. Viel langsamer und bedächtiger wird nun vorgegangen und wir sehen ganz neue Szenen, in denen es einen Vorgeschmack auf die Dualität der Spannung gibt, auf welche die Handlung baut.

The Last of Us ist der wahrscheinlich erfrischendste Ansatz auf das Survival-Horror-Genre seit Resident Evil 4 und das vor allem, weil es von allen Zutaten nur in angenehmen Dosen Gebrauch macht. Selbst das gezeigte Maß an Gewalt ist durchdacht und dabei leicht verabscheuungswürdig. Es durchdringt uns, sorgt für ein flaues Gefühl. Und im Gegensatz zu den meisten Spielen können wir die Gewalt hier nur schwer einfach so beiseite schieben.

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The Last of Us
Direkte Konfrontation enden immer mit einem Kampf um das Überleben.

Die Gewalt kommt roh und brutal rüber und ist doch ein notwendiges Übel. Zusammen mit der Möglichkeit, dass wir vorsichtig und bedacht vorgehen, um eine direkte Konfrontation zu vermeiden, wird eine interessante Spannung erzeugt. Eine, die aus der Ausgewogenheit beider Varianten entsteht: Keine wertvollen Ressourcen verschwenden zu wollen oder sich einen Typen vorknöpfen, um so womöglich noch mehr einzusacken.

In den meisten Fällen, in denen uns Spiele beide Möglichkeiten anbieten, ist der beste Weg eine Mischung aus Schleichen und Töten für den taktischen Vorteil. Aber hier, wo es vorrangig darum geht, nicht einfach nur zu überleben, sondern sich einen Rest seiner Menschlichkeit zu bewahren, sind diese Entscheidungen deutlich schwerer zu treffen.

So etwa in jenem Moment, als einer der Jäger völlig verängstigt "Nein!" schreit, als Joel mit der Schrotflinte auf sein Gesicht zielt und abdrückt. Oder denken wir daran, als ein Typ mit einem Rohr besonders brutal niedergeschlagen wird. Solche direkten Konfrontation enden immer mit einem Kampf um das Überleben. Sie dauern zu lang, um dabei ein gutes Gefühl zu behalten. Es ist so, als wollte das Spiel uns den Moment genießen lassen, in dem wir das Leben des Anderen für immer auslöschen. Was ist der wahre Preis für das Überleben in The Last of Us? Ist es unsere Menschlichkeit?

Und doch wird diese Gewalt und Rücksichtslosigkeit durch Ellie ausgeglichen. Das Mädchen ist in der Quarantäne-Zone aufgewachsen und kennt die Welt vor dem Ausbruch nicht. In ihrer Welt wird einfach jedes Verbrechen sofort mit dem Tod bestraft. Aber dennoch umgibt sie eine Neugierde und eine Unschuld, die Joel zu helfen scheint, sich an die letzten Reste seines alten Ichs, an die Überbleibsel seines Gewissens zu klammern.

The Last of Us
Jäger sind nicht die einzigen Überlebenden, auf die Joel und Ellie unterwegs treffen.

Die Geschichte dreht sich um Joels und Ellies Reise, aber es ist auch die Geschichte der Welt, durch die sie reisen. Ziemlich am Anfang der Demo zeigt Ellie auf ein Plakat für den Film "Dawn of the Wolf". Sie fragt in ihrer Unbedarftheit, wie der Wolfsmann die junge Frau zugerichtet hat. Joel muss erst einmal erklären, dass es sich dabei nur um einen dummen Teenie-Film handelt. Es gibt auch noch andere Beispiele. So etwa sehen sie ein Paar, dass sich selbst in der Badewanne verbrannt hat, statt selbst zu Infizierten zu werden. Es sind diese kleinen Momente, die helfen, ein Bild davon zu bekommen, was mit den Menschen passierte, als das Virus wütete.

Aber Jäger sind nicht die einzigen Überlebenden, auf die Joel und Ellie unterwegs treffen. Es gibt auch Leute, die noch an den alten Werten hängen und versuchen, die Gesellschaft wieder aufzubauen. Jäger werden ganz im Gegensatz dazu als eher einfache Menschen bezeichnet, die nur ein Ziel im Kopf haben: Überleben um jeden Preis. Auch wenn sie als Feind dargestellt werden, vor dem wir uns fürchten sollten, scheint es keinen Anführer oder etwas in der Form zu geben. Nichts, wonach Joel und Elli jagen könnten, um ihn für immer auszuschalten.

Nein, The Last of Us funktioniert nicht wie die üblichen Videospiele. Ich könnte wahrscheinlich so fortfahren und über Atmosphäre, Erzählung und Animationen sprechen, ganz ohne die grundsätzlichen Spielmechaniken zu erklären. Aber es gibt natürlich doch ein Spiel und das ist ein ziemlich gutes mit eigener Daseinsberechtigung.

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Ellie ist ziemlich flink und sie wird wohl ihre eigenen Entscheidungen treffen, wie sie uns am besten helfen kann.

Es gibt einfache Rätsel, bei denen Joel und Elli zusammenarbeiten müssen. Da sind Ansätze eines Systems sichtbar, mit dem wir uns Gegenstände selbst zusammenbasteln - so etwa einen Molotov-Cocktail. Und es gibt verschiedene Wege, um die Gegner auszuschalten: mit Waffen, der Umgebung oder in dem wir den Gegner zu Tode würgen.

Ein Spiel zu entwickeln, bei dem wir immer eine Künstliche Intelligenz an unserer Seite haben (nämlich Ellie) und das auch zu jeder Zeit perfekt funktionieren soll, ist ein ehrgeiziges Projekt. Aber zumindest in dieser zugegebenermaßen kurzen Demo scheint es einwandfrei funktionieren. Ellie ist ziemlich flink und sie wird wohl ihre eigenen Entscheidungen treffen, wie sie uns am besten helfen kann. Erinnern wir uns an den Moment in der Demo, in dem sie plötzlich zur Seite springt und dem Jäger ein Messer in den Rücken rammt, der gerade mit Joel kämpft. Wäre sie weiter entfernt von uns gewesen, würde Joel wahrscheinlich auch davonkommen, aber er hätte mehr Verletzungen davon getragen.

Die Art und Weise, wie Joel und Ellie bei unserem zweiten Durchspielen der Demo in Deckung gehen, während die Handlung einfach weiterläuft, war in der Privatdemo dann etwas wie eine Offenbarung. Damit ist die Angst, das dies nur ein umgemodeltes Uncharted wird, völlig verflogen. Naughty Dog könnte hier an etwas wirklich Besonderem arbeiten. Und wenn sie der Geschichte erlauben, tiefer zu gehen, dann könnte es eines der wenigen Spiele werden, die uns auch etwas über uns selbst lehren.

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