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Assassin's Creed: Unity

Assassin's Creed: Unity

Es wird als sanfter Neustart der Serie verkauft, aber genau das könnte auch ein Problem werden für das extrem hübsche, aber auch konventionelle Abenteuer.

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Assassin's Creed: Unity wird als sanfter Neustart der Erfolgsreihe verkauft. Spieler, die dem Franchise seit Jahren folgen, brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass alle ihre sorgfältigen Erkundungen in der Zeitreisen-Saga beiläufig aus dem Fenster geworfen werden. Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, dass niemand wirklich erfinderische Neuerungen in der alten Fehde zwischen Assassinen und Templern erwarten darf.

Stattdessen sind die Änderungen innerhalb eines vertrauten Rahmens gemacht worden. Natürlich: Es sieht alles in Assassin's Creed: Unity offenkundig viel hübscher aus. Die Animationen des kletternden Helden Arno Dorian sind deutlich verbessert. Es gibt eine Reihe neuer und amüsanter Nebenmissionen, während die Hauptgeschichte einen tatsächlich hineinzieht in diesen Generationen übergreifende Kampf zwischen den beiden Fraktionen. Aber Ubisoft nimmt ganz klar erkennbar den sicheren Weg nach oben, statt einen spannenden Sprung in ein neues Abenteuer zu wagen. Obwohl das Spiel bereits ein paar Jahre in der Entwicklung ist und zwei Studios je eine Stadthälfte erarbeiten, fühlt es sich so an, als ob sie noch jede Minute bis zum Release brauchen.

Nun. Jedenfalls tauschen wir die riesigen und freien Ozeane aus Assassin's Creed IV: Black Flag ein weiteres Mal mit dem Leben in einer pulsierenden Metropole. Wir spielen als Arno, der als junger Mann in die Bruderschaft aufgenommen wird, um den Weg der Assassine zu gehen. Das heißt auch, dass er alle Fähigkeiten erlernen muss - und wir mit ihm. Es gibt ein Erfahrungspunktesystem, so dass selbst bekannte Standards wie der Kill mit zwei Klingen erst freigeschaltet werden müssen. Wie wenig wir anfangs in Assassin's Creed: Unity leisten können, ist unklar. Bei der Anspielsession in Paris wollte Ubisoft das nicht verraten. Wir spielten dort gleich den ersten Auftragsmord ohne Mentor. Und hoffen, dass alles, was dieser Szene vorausgegangen ist, nichts mit dem beschwerlichen Intro von Assassin's Creed III zu tun hat.

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Es gibt ein Erfahrungspunktesystem, so dass selbst bekannte Standards wie der Kill mit zwei Klingen erst freigeschaltet werden müssen.

Wir dürfen uns für vier, fünf Stunden in der digitalisierten Großstadt vergnügen und die Sequenzen Drei und Vier spielen, die eine Handvoll Missionen der Hauptgeschichte servieren und natürlich nur einen kleinen Teil der Nebenmissionen zeigen, die uns wieder viele Stunden schenken werden. Außerdem auf dem Menü: eine Koop-Heist-Mission für vier Spieler und ein Ausflug in eine Koop-Quest für zwei Spieler.

Es gibt jetzt ein vollständiges Anpassungssystem für den Helden (und durch eine Erweiterung auch für die Multiplayer-Spielfigur), von dem die Upgrades für Fähigkeiten nur ein Teil sind. Natürlich nervt es, dass vormals gelernte Mechaniken wie das Fallenlassen von Geld, um Menschenmassen als Ablenkung anzulocken, nun erstmal fehlen. Aber der neuerliche Aufbau der Fähigkeiten bedeutet auch, dass wir sie besser zu schätzen wissen. Und jeder kann zudem seinen eigenen Spielstil in die gewünschten Bahnen lenken. Stark betont sind nun Erweiterungen, die die Beweglichkeit oder Verteidigung verbessern. Diese koexistieren mit der Waffenauswahl, so dass uns schwere Waffen langsamer aber auch brutaler machen, leichte Waffen dagegen spürbar agiler.

Die Zwischensequenzen sind derweil fantastisch geworden. Sie übertreffen bei weitem, was wir zuvor in der Serie und in aktuell erhältlichen Next-Gen-Titeln gesehen haben. Die Charaktere genießen sichtbar ihre Rollen und die ungeteilte Aufmerksamkeit, wann immer sie auf dem Bildschirm agieren. Wie echte Schauspieler. Mit einem Urteil über Arno halte ich mich allerdings noch zurück. Die Interpretation von Paris allerdings ist fantastisch. Die Stadt bietet eine Mischung aus verschiedenen Geschichten, in denen uns unterschiedlichste Gründe gegeben werden, um die diversen Fähigkeiten einzusetzen. Jede Passage konkretisiert ein anderes Gefühl zu der Stadt in der jeweiligen Zeit.

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Das Gameplay bei den Auftragsmorden ist konventionell und schleust uns nach punktueller Aufklärung der Lage zu dem immer gleichen Ziel: diesem kleinen Zeitfenster, das bleibt, um ein Ziel lautlos zu erledigen.

Eine Nebenmission etwa, deren Story wir im Vorbeigehen hören, dreht sich um einen mordenden Riesen, der angeblich im Armenviertel der Stadt spukt. Sie führt uns zu einem Haus voller überdimensionaler Möbel und hinein in einen Keller, um dort den Killer in seinem Metzger-Outfit zu stellen. Der Besuch einer örtlichen Polizeistation lässt uns die Anfänge einer kriminalistischen Nebenhandlung erleben, für deren Erfolg wir in der gesamten Stadt Beweise sammeln und Verdächtigen beschuldigen müssen, um die unterbesetzte Polizei zu unterstützen.

Was deutlich besser funktioniert als früher ist nun die Art, wie uns die Storycharaktere präsentiert werden. Wenn wir Auftragsmorde erfolgreich absolvieren, bekommen wir die letzten Tage des Opfers in einer kleinen Sequenz präsentiert, die ihre Motivationen, ihre tiefsten Wünsche und einen Blick auf ihre Opfer liefern. So führt jeder der Morde dazu, allmählich die Zusammenhänge zwischen all den Charakteren zu enthüllen. Doch die Art des Spielens ist leider sehr vertraut gebleiben. Das Gameplay bei den Auftragsmorden ist konventionell und schleust uns nach punktueller Aufklärung der Lage zu dem immer gleichen Ziel: diesem kleinen Zeitfenster, das bleibt, um ein Ziel lautlos zu erledigen. Kann sein, dass es an mir liegt, aber ich hätte mir mehr Abwechslung gewünscht, gerade an dieser Stelle.

Und dann ist da noch die Steuerung. Noch ein paar Tage nach der Session habe ich mich gefragt, ob ich Assassin's Creed all die Jahre einfach falsch gespielt habe. Eigentlich sollte ein Parkour-Meister in der Lage sein, schnell und fehlerlos durch die Stadt zu gleiten. Warum sollte gerade der Gebrauch von einem langsamen Spaziergang in der Deckung machen, wenn er als Assasssine quasi für Geschwindigkeit geboren ist? Immerhin stürzt man kaum noch ungewollt vom Dach in den Tod und kann nun viel einfacher nach oben oder unten klettern. Aber es gab trotzdem mehrmals Momente, in denen ich den Fernseher angemault habe, weil irgendwas einfach nicht funktionieren wollte.

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Die Zwischensequenzen sind fantastisch geworden. Sie übertreffen bei weitem, was wir zuvor in der Serie und in aktuell erhältlichen Next-Gen-Titeln gesehen haben.

Beispiel gefällig? Da war dieses scheinbar einfache Sprung, um sich von einer Fensterbank aus in ein Gebäude zu ziehen, der für Arno so schwierig zu sein scheint wie es für einen besoffenen Dartspieler ist, das Bullseye zu treffen. Extradumm ist halt, wenn es drei Spieler vorher problemlos geschafft haben und die nun drinnen warten, damit die Koop-Session weitergehen kann. Dumm ist auch, wenn der gleiche Sprung von einem anderen Koop-Mitspieler versucht wird und man selbst den Bruchteil einer Sekunde zu spät loskommt, abrutscht und ganz unten auf der Straße landet. Oder Arno dabei beobachtet, wie er einen Mauervorsprung zu greifen versucht und schon vorher klar ist, dass das nichts wird.

Es sind Sachen, die im besten Fall nur den Spielfluss unterbrechen und einen im schlimmsten Fall in kochend heißes Wasser plumpsen lassen. Solche Probleme nerven insbesondere dann, wenn man versucht, an Wachen vorbei zu schleichen oder einfach nur zu entkommen - aber genau das einfach nicht geht. Sicher, das Spiel ist noch unfertig, aber es ist nur noch ein Monat Zeit bis zum Release. Und wir reden über dieselben Probleme, die es in fast jedem anderen Assassin's Creed der letzten Jahre gab. Wenn man darauf hinweisen muss, dass sowohl Tomb Raider als auch The Last of Us die besseren Stealth- und Klettermechaniken haben, als das Stealth-Franchise überhaupt, muss man sich fragen, ob man selbst das Problem ist oder doch die Entwickler...

Irgendwie erinnert einen vieles daran, dass Assassin's Creed aus Konzepten entstanden ist, die für Prince of Persia: The Sands of Time gemacht waren, einem fantastischen Plattformer zu seiner Zeit. Aber das war im Jahr 2003, das erste Assassin's Creed wurde 2007 veröffentlicht. Seither sind acht Jahre bei nur geringen Änderungen der Grundlagen der Steuerung vergangen. Mit diesem Wissen schaut man sich das Projekt als Ganzes an. Natürlich ist eine Eins-zu-eins-Abbildung von Paris beeindruckend, aber diese ewig gleiche Missionsstruktur enttäuscht dann doch etwas. Ich jedenfalls wäre bereit für etwas fundamental anderes. Eine neue Stadt, sanft saniertes Gameplay und ein paar Koop-Funktionen sind mir einfach nicht genug.

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KRITIK. Von Christian Gaca

Ubisoft hat einen revolutionären Paris-Spielplatz erschaffen, der extrem viele Möglichkeiten bietet, aber auch seine Probleme hat.



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