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Ghost Recon: Future Soldier

Ghost Recon: Future Soldier

Rücken an Rücken rennen die beiden hochgerüsteten Ghosts in Richtung Zentrum. Die mit Technik vollgepackten Elitesoldaten stoppen an einem Mauervorsprung und sind: plötzlich weg. Unsichtbar, einfach so. Zwei Menschen verschmelzen mit dem Hintergrund zu einer unscharfen, leicht flimmernden Silhouette. Sie tragen nämlich einen optischen Tarnanzug.

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Man muss sich das so vorstellen wie bei dem Predator aus dem gleichnamigen Film. Unsichtbar wie ein solcher schleichen die Soldaten nun bestens getarnt unter dem Radar entlang. Nur geübte Augen identifizieren sie noch. In der Hektik des Krieges sind sie kaum zu enttarnen - und genau so soll es sein.

Der Einsatz von optischer Tarnung als Spielelement ist ein wesentliches Argument von und für Ghost Recon: Future Soldier, dem neuen Teil der langjährigen Taktik-Shooter-Serie. Wir sollen ab Herbst 2010 möglichst reale Soldaten der Zukunft spielen können, ausgerüstet mit den "hottest and sexiest prototypes", wie Gabrielle Shrager es nennt. Die Frau mit kurzen blonden Haaren hat die Story des Spiels adaptiert. Und sie weiß es als versierte Waffennärrin und Ex-Freundin eines Navy Seals vermutlich besser als die meisten anderen in dem stickigen Präsentationsraum der Pariser Ubisoft-Zentrale.

Um die Ausrüstung der Zukunftssoldaten zu entwerfen, haben die Entwickler sich alles mögliche und unmögliche angeschaut, was derzeit tatsächlich weltweit von Armee-Wissenschaftlern angedacht und ausprobiert wird. Zumindest all jene Dinge, über die es offizielle Informationen gibt - etwa von der US-Militärforschungsinstitution Darpa, der französischen Armee oder privaten Unternehmen. Alle im Spiel gezeigten Technologien sind keine Fiktion und illustrieren, in den Worten der kurzhaarigen Blonden, "eine plausible Zukunftsgeschichte des Krieges".

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In Aktion: der optische Tarnanzug ist die Spezialfähigkeit des Snipers - und wird bei der Verlinkung mit einem Mitspieler auf dessen Charakter übertragen.
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Am besten demonstriert das sicherlich der optische Tarnanzug. Die Idee dahinter ist es, Soldaten mit ihrer Umgebung optisch zu verschmelzen. Der Tarnanzug adaptiert und imitiert ihre direkte Umgebung. Real wird derzeit damit experimentiert, dass eine Kamera in Echtzeit die Umgebung des Soldaten filmt und sie vorne um ihn herum als Tarnung angezeigt. Im Spiel wird daraus eine "leicht verstörte Version der Realität als zusätzliche Schicht Tarnung", wie es Produzent Jean-Bernard Jacon beschreibt. Sieht jedenfalls sehr cool aus, und ist als taktische Element enorm vielseitig. Natürlich gibt es Störsender und EMP-Waffen zur Enttarnung, aber ein ohnehin schon schlauer Scharfschütze macht sich mit dem Tarnanzug trotzdem zu einem mächtigen Faktor auf dem Schlachtfeld.

Nicht implementiert haben die Entwickler übrigens so manche, eigentlich interessante Zukunftstechnologie wie etwa Pilzkolonien, die in großem Umfang über Schlachtfeldern abgeworfen werden sollen. Die Pilze verändern, sobald jemand über sie läuft, leicht ihre Struktur, was wiederum durch Satellitenaufklärung sichtbar wird. So lassen sich feindliche Truppenbewegungen präzise analysieren. Absurder Kram, aber wohl eher für einen Strategietitel geeignet. Dennoch ein gutes Beispiel dafür, wie tief sich das Ubi-Team in die Materie eingearbeitet hat.

Im Spiel sollen wir nun also einen Zukunftssoldaten steuern, im Ubi-Marketingsprech "eine F-16 auf zwei Beinen". Um als Kraftpaket durchzugehen, tragen die Ghosts ein Exoskelett - das schont die Knie und ermöglicht es uns, schneller zu laufen, höher zu springen, extremer zu sliden und härter im Nahkampf zuzutreten als je zuvor. Wo der Akku für das Exoskelett ist, sieht man zwar nicht, aber so viel Interpretationsfreiraum muss dann wohl sein.

Ghost Recon: Future Soldier
Schussbereit auf der Schulter: ein transportabler Mörser, der hitze-gesteuerte Lenkraketen abfeuert.
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Nahkampf ist allerdings womöglich genau jenes Stichwort, das Serienfans nicht unbedingt hören wollen. Sie haben an Ghost Recon trotz der unvermeidlichen Rush-Fraktion immer das etwas langsame, teils fast behäbige Gameplay geschätzt. Damit ist es in Ghost Recon: Future Soldier vorbei, denn die Action ist stärker konzentriert, vor allem im Multiplayer. Die Distanzen, bis es zu Kampfhandlungen kommt, wurden deutlich verringert. "Man ist zweimal schneller beim Gegner, nicht mehr so viel snipern, mehr In-your-face-Action", sagt Produzent Jean-Bernard Jacon.

Nahkampf ist aber auch faktisch zu verstehen, wie das erste bisschen Storylevel zeigte, dass es sehen gab. Der Soldat wirkte im direkten Kampf fast wie ein Mitbewerber aus dem eigenen Hause namens Sam Fisher in dessen neuestem Spiel: Nahkämpfe ohne Waffen, schnell und böse. Die Ghosts attackieren ihre Gegner nun auch im Nahkampf nicht zwangsläufig mit der AK-47, sondern legen ihnen Handschellen an oder sliden sie auf dem Weg hinter die rettende Steinmauer einfach um. Ob das dem Spiel gut tut, lässt sich ohne es selbst zu spielen nicht sagen. Aber ein auf dem Wechselspiel zwischen Distanzkämpfen und schnellen Vorstößen basierender Taktik-Shooter ist das neue Ghost Recon eher nicht mehr.

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Das modulare Gewehr der Kämpfer-Klasse - Maschinepistole, Shotgun und Granatwerfer handlich vereint.

Wesentlich überzeugender wird eine zweite Neuerung der Spielmechanik in einem steinigen Multiplayerlevel in einem zerschossenen Camp präsentiert. Wie oben bereits erwähnt, rennen dort zwei Soldaten Rücken an Rücken herum. Das tun sie, weil das Spiel es belohnt. Es will das Teamerlebnis forcieren, sowohl im Multiplayer als auch in der Story. Zwei Spieler sollen im Idealfall eine symbiotische Beziehung eingehen. 360-Grad-Gameplay nennt Creative Director Olivier Dauba sein neues Link-Up-System. Die Idee dahinter: In jedem Multiplayer-Shooter sind vor allem jene Spieler erfolgreich, die in kleinen Teams spielen und sich nicht alleine lassen. Sie schützen sich gegenseitig, agieren nur selten als reine Individualisten und lernen voneinander. Nicht ohne Grund sind die wenigsten Scharfschützen alleine unterwegs und haben immer jemanden für die Rückendeckung dabei.

In Ghost Recon: Future Soldier will Olivier Dauba mit einem "System der natürlichen Kooperation" das Verhalten von Profispielern etwa aus Counter-Strike-Clans erlebbar machen. Die Spieler sollen automatisch zusammenbleiben können - wenn es denn gewünscht ist. Mit einem Knopfdruck kann sich jeder Spieler bei einem anderen einklinken. Der Eingeklinkte wird dann quasi mitgeschleift und bekommt gleichzeitig noch die Charakterfähigkeiten der Klasse des Führers übertragen, etwa die optische Tarnung. Mit einem Knopfdruck sind zwei Spieler eine Einheit. Jeder soll sich fühlen können wie ein Profispieler, wünschen sich die Entwickler. Außerdem können Neulinge im Schlepptau eines erfahrenen Kämpfers die Karten kennenlernen und sich nur auf Schießen konzentrieren. Ob das insgesamt eine gute Idee ist, wird sich zeigen. Interessant ist sie allemal.

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Von hinten genommen: Der Ghost slidet im Nahkampfmodus einen unachtsamen Gegner aus dem Weg.

Es ist aber fraglich, ob es den Neulingen nützt und ob ein guter Spieler einen Neuling als Rückendeckung haben will? Schon eher sinnvoll ist es, dass sich zwei sehr gute Spieler zu einem dann extrem starken Team zusammenrotten. So lohnt es sich auch für Resultat-getriebene Spieler, immer im Koop-Modus zu spielen, weil sie alleine einfach deutlich schwächer wären. Immer vorausgesetzt, der Mitspieler ist ähnlich gut. Das Link-Up-System funktioniert übrigens im Multiplayer sowie im Koop- und Solo-Modus der Story. Dort können wir uns mit einem schnellen Tastendruck sofort mit dem Ghost-Team gruppieren.

Die Story hat übrigens nicht über die gesamte Strecke einen konsistenten Helden, sondern wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Inhaltlich ist sie von Tom Clancys Roman Red Storm Rising inspiriert und nimmt den Angriff einer Gruppe ultranationalistischer Russen auf die norwegischen Ölfelder als Startpunkt. Dort spielen wir anfangs einen Ingenieur, der nur mit Gewehr und Schrotmunition bewaffnet dem Erstschlag entgegen tritt.

Der Hauptteil der Kampagne wird dann aber als Elitesoldat der Ghost-Einheit absolviert. Der Protagonist heißt Captain Edward "Kozak" Kachenko, ein Amerikaner aus North Carolina, dessen Eltern russische Einwanderer waren. Seine Teammitglieder sind Joshua "30K" Lincoln, die hübsche und skrupellose Bones und Pepper, ein tödlicher Killer. In der Kampagne schlüpfen wir aber immer wieder auch in andere Rollen und spielen als russischer Leibwächter, der den Präsidenten während des Staatsstreichs schützt oder als norwegischer Zivilist, der Familie und Freunde verteidigt.

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Drohnen sind mächtige Verbündete im Nahkampf, aber wir können sie auch ferngesteuert ins Schlachtfeld schicken.

Im Zuge dieser Perspektiven ist auch das Leveldesign optisch deutlich abwechslungsreicher geworden. Ein Fjord-Level in Norwegen präsentierte tolle Hintergründe, aber die restliche Grafik wirkte noch nicht sehr poliert. Nicht gezeigt aber namentlich kurz sichtbar waren die Level Kreml, Datscha, Invasion, Urban, Countryside, Desert und Swat Valley. Exotische Kameraeinstellungen versprechen die Entwickler - wenn sie so etwas meinen wie die Tiefflieger in der Fjordszene, die uns heftig mit Raketen unter Feuer nahmen, dann wartet ein Inszenierungsfeuerwerk im sprichwörtlichen Sinn auf uns. Das sah wirklich fett aus. Fahrzeuge dürfen wir selbst übrigens nicht steuern, aber es wird Szenen geben, in denen die Bordgeschütze diverser Fahrzeuge kreativ nutzbar sind.

Leider waren die gezeigten Solo-Spielszenen am Fjord nicht sehr überzeugend, vor allem deshalb nicht, weil der Level extrem schlauchartig ist. Da ist man bei Shootern heute mehr Bewegungsfreiraum gewohnt. Und auch in Sachen Zerstörung war der Level eher resistent. Wände krachten nicht ein, Autos explodierten nicht, sondern reagierten nur eher spartanisch auf die Einschüsse. Explosionen von Raketen erzeugten zwar erstaunliche Rauchwolken, ließen aber die Landschaft weitgehend unberührt zurück. Seit es Battlefield: Bad Company 2 gibt, liegt hier die Latte tatsächlich woanders. Ob man will oder nicht.

Im Laufe der mit knapp zwölf Stunden Spielzeit taxierten Story kriegt Kozak immer neue Technologien an die Hand, dazu gehört auch ein transportabler Mörser, der auf der Schulter thront und hitze-gesteuerte Lenkraketen verschießt. Der Mörser ist zusätzlich zu den Primär- und Sekundärfunktionen der gewählten Waffe verfügbar. Wenn man mit einem Spieler verlinkt ist, können als Bonus vier Lenkraketen abgeschickt werden. Eine tragende Rolle werden auch die neuen, unbemannten Kampfdrohnen spielen. Es gibt eine fliegende Drohne (wie schon früher) und eine am Boden rollende Variante - allerdings sind beide schwer bewaffnet mit Maschinengewehren und Raketen.

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Eine getarnte Armee bei der Invasion: Besonders im Multiplayer dürfte die optische Tarnung für frischen Wind sorgen.

Auch mit diesen Drohnen darf "im Team" gespielt werden und wir können uns mit ihnen verlinken. Entweder nutzt man sie eher aktiv als mobilen Schutz im Schlachtfeld oder verschanzt sich in einer sicheren Ecke, um dann die Drohne per Fernsteuerung in die Schlacht zu schicken. Im Game wirken die Drohnen derzeit sehr mächtig, wobei es eine Menge Gegenmaßnahmen geben soll und sie trotz der Panzerung natürlich nicht unverwundbar sind. Dass es - insbesondere online - langfristig zu einem reinen Drohnenkrieg kommen wird, schließt Olivier Dauba jedoch aus, "weil es natürlich Spielerklassen gibt, die eine Drohne leicht außer Gefecht setzen können".

Die Ghosts werden alle die gleichen Grundfähigkeiten eines Elitesoldaten besitzen und "nur" durch die zusätzliche Ausrüstung differenziert, die jeder trägt. Es gibt drei wesentliche Klassen im Spiel - besonders wichtig werden die im Multiplayer. Der Ingenieur feuert eine EMP-Welle ab, die die Elektronik der Gegner stört. Er kann Drohen kontrollieren und fernsteuern und aus der sicheren Deckung heraus auch mit ihnen feuern. Der Kämpfer trägt ein Modular-Gewehr, dass eine dreifache Shotgun, ein Sturmgewehr, einen Granatwerfer und einen Titanhaken vereint. Es ist voll modular ausbaubar. Außerdem sitzt bei ihm der transportable Mörser auf der Schulter. Der Scharfschütze kann Ziele aufklären und markieren und genießt eine 360-Grad-Übersicht des Schlachtfeldes über das altbekannte Cross-Com. Er hat zudem den optischen Tarnanzug im Marschgepäck. Als vierte kommt noch die Bodendrohne als nicht menschliche Klasse hinzu. Sie darf mit diversen Waffen aus- und aufgerüstet werden und dient auch als mobiler Scanner.

50 bis 60 Prozent der Spiels sind mittlerweile fertig - und vor allem dem Multiplayer werden sie noch etwas Arbeit widmen. Stabile 60 Frames pro Sekunden verspricht Ubisoft für das gesamte Spiel, was "die Kontrolle der Spieler viel besser und schlichter macht und für ein deutlich dynamischeres Gefühl, für ein direkteres Feedback sorgt", meint Jean-Bernard Jacon. Der Multiplayer ist auf maximal sechzehn Spieler ausgelegt und bisher sind die üblich-verdächtigen Modi angekündigt. Im Onlinemodus wird auch die Charakterentwicklung deutlich sichtbar, denn auch bei Ghost Recon: Future Soldier gibt es Erfahrungspunkte aus Multiplayer oder Kampagnen-Sessions. Damit werden Perks, Items und Waffenerweiterungen freigeschaltet - genauere Details wurden hier aber nicht genannt. Allerdings ist mehr als deutlich, dass gerade der Erfolg des Perk-Systems aus Call of Duty: Modern Warfare 2 von keinem Shooter-Entwickler ignoriert werden kann.

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