Die Elite der europäischen Spielepresse hatte sich unlängst in London versammelt, um einen Blick auf das nächste Spiel von Ninja Theory zu werfen. Enslaved heißt das Game, dieses Mal kein PS3 exklusiver Titel mehr, weil er auch für die Xbox 360 kommt. Das letzte Spiel von Ninja Theory, Heavenly Sword, war einer der Launch-Titel der Playstation 3 und ein respektabler Versuch, der aber nicht zündete. Sony wollte keine Fortsetzung - und Ninja Theory nahm die Dinge selbst in die Hand.
Die Story von Enslaved ist von einem 400 Jahre alten chinesischen Märchen über einen Affen inspiriert, der westwärts zog, um seine Spiritualität zu erneuern. Um ein Drama epischen Ausmaßes zu vermeiden und sich selbst ein bisschen von der asiatischen Herkunft zu distanzieren, haben sie die Geschichte neu interpretiert und modernisiert.
Das Level, was wir zu sehen bekommen, spielt in New York, aber die Stadt ist nicht so wie wir sie vermuten würden, mit ihren steilen Wolkenkratzern und geschäftigen Menschenmassen. Das Spiel findet 150 Jahre in der Zukunft statt. Roboter haben die Macht übernommen und unterdrücken ihre Schöpfer, die Menschen. Niemand weiß, warum es einen Krieg gab und wie er begann, aber Roboter patrouillieren durch die einsamen Straßen und Gassen, während die Menschen, die noch am Leben sind, entführt und auf Sklaventransportern gen Westen gebracht werden.
Auch unser Protagonist Monkey wurde erwischt und ist auf einem der Sklaventransportern gelandet. Auf seiner Reise trifft er ein Mädchen namens Trip, die einen eigenartigen Gürtel um seinen Kopf installiert, während er bewusstlos ist. Das Schicksal von Monkey ist jetzt ganz in den Händen von Trip. Sie steuert ihn wie eine Marionette - und wenn Trip stirbt, stirbt auch Monkey. Von dieser Dynamik getrieben reisen wir durch die verwüsteten Vereinigten Staaten. Das Ziel ist Trips Zuhause, um ihre Familie zu finden, das Geheimnis hinter den Sklaventransportern zu entschlüsseln und unsere Freiheit zu verdienen.
Glücklicherweise greift Enslaved nicht den eher depressiven Ansatz für das Ende der Welt auf, wie er in Fallout 3 oder Metro 2033 präsentiert wurde. Da bestand die Welt hauptsächlich aus hell- und dunkelbraunen sowie grauem Schutt und abgerissenen Gebäuden. In der Vision von Ninja Theory ist die Erde von den Pflanzen zurückerobert worden. Sie überwuchern Gebäude und selbst die hohen Wolkenkratzer, womit New York nun wirklich zum Großstadtdschungel geworden ist. Die Optik erinnert an ein Final Fantasy, gemixt mit Jak and Daxter. Inspirationen sind also sichtbar, aber Enslaved hat definitiv seinen eigenen Stil gefunden, der überzeugend zum Erkunden der Welt einlädt.
Das bedeutet aber auch, dass es keine unheilvolle Atmosphäre oder eine gefühlt durchdringende Gefahr gibt, während wir die schöne Landschaft durchqueren. In dieser noch nicht finalen Version war es jedenfalls mit der gewählten Farbpalette unmöglich, die Verzweiflung einer unterdrückten Menschheit zu spüren. Das ist eine bewusste Entscheidung, sagt jedenfalls Design Director Tameem Antoniades. Sie wollten eine Umgebung kreieren, in der sich Spieler wohlfühlen und entspannen - um sie dann zu überraschen. Leider haben wir keine dieser Überraschungen zu sehen bekommen. Aber es wird interessant werden, ob Ninja Theory mit ein paar absurden Wendungen um die Ecke biegen kann.
Mit New York im Rücken mag es fast ein Automatismus sein, ein klassisches Open-World-Game im Stile der Grand Theft Auto-Serie oder eines Infamous zu machen. Aber Ninja Theory hat sich entschieden, eine etwas kontrolliertere Variante zu wählen und uns während des Abenteuers fester an der Hand zu halten.
Inhaltlich mischt Enslaved Elemente eines Plattformers mit Roboter-Kämpfen - und erinnert dabei unfreiwillig stark an die letzten Prince of Persia-Speiel. Monkey läuft in der Regel mit Trip auf dem Rücken herum, wobei es immer wieder Passagen gibt, die die Beiden parallel bewältigen müssen. Es scheint gut zu funktionieren, aber Trip kam häufig nicht so richtig zugehörig rüber. Die Entwickler versprechen allerdings, dass sich die Beziehung entwickelt und ihre Einseitigkeit wenig oder keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben werden. Damit würde die Sklaven-Dynamik zwischen Monkey und Trip im Prinzip zu einem reinen Katalysator für die Erzählstruktur der Geschichte werden, aber genau diese Sache sollte auch spieltechnisch besser integriert werden, um dem Namen Enslaved auch gerecht zu werden.
Ninja Theory wurden und werden bei der Entwicklung von einigen ziemlich bekannten Filmindustrie-Größen unterstützt. Andy Serkis, der seine Bewegungen dem Gollum in den Der Herr der Ringe-Filmen lieh, spielt Monkey. Und Drehbuchautor Alex Garland, der 28 Days Later und Sunshine schrieb, soll die Charaktere vertiefen und die emotionale Bindung zwischen Monkey und Trip verstärken.
Wir fragten Tameem Antoniades, ob er die Gefahr sehe, dass die Zwischensequenzen die interaktiven Elemente des Spiels überschatten könnten. Er hätte keine Angst davor und sagte, dass hier insbesondere Alex Garland als Berater gute Ratschläge über Kameraeinstellungen hatte und wie man Szenen dramatisch gestaltet, um die Geschichte zu erzählen und die Charaktere lebensechter erscheinen zu lassen. Es wird interessant werden, ob Garland und Serkis Enslaved mit ein bisschen Magie oder wenigstens Hollywood-Touch veredeln oder ob es am Ende nur eine weitere, belanglose Geschichte voller Klischees wird.
Etwas, das uns die Entwickler bereits gezeigt haben, ist das Kampfsystem. Kämpfen ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil der Enslaved-Erfahrung. Die Animationen sind schön gemacht und die Roboter wirken glaubwürdig und eigentümlich lebendig, was zu großen Teil an der hervorragenden künstlerischen Umsetzung liegt. Das Kampfsystem selbst ist sehr zugänglich und Arcade-inspiriert, und hat sich ein, zwei Elemente von der God of War-Reihe und Batman: Arkham Asylum geliehen.
Monkey ist mit einem Stock ausgerüstet, der zudem als Schild dient und während des gesamten Spiels kontinuierlich hochgerüstet wird. Trotz der ein bisschen hüpfenden und tanzenden Kamera dieser frühen Version, wirkt das Kampfsystem schon erstaunlich gut poliert. Eine Szene, in der Monkey auf den Kopf eines Roboters springt, ihm seine Waffen abreißt und damit die restlichen Feinde wegballert, ist sehr inspirierend. Trip nimmt an diesen heftigen Kämpfe selbst nicht teil, sondern sorgt für Ablenkung und heilt Monkey, wenn dies nötig ist.