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Prototype 2

Prototype 2

Da ist sie, die klassische "Ich steh benommen auf"-Szene. Wieder ist es ein Soldat, der gerade mit einem Helikopter abgestürzt ist. Wieder treibt er sich in einem Activision-Spiel herum. Wieder hat er ein riesiges, glänzendes Rambomesser in der Hand. Nur wartet kein Call of Duty auf ihn, sondern ein persönlicher Rachefeldzug in der offenen Spielwelt eines halbfiktiven New Yorks. Prototype 2 beginnt quasi damit, das Sergeant James Heller dem vorbeistreifenden Alex Mercer das Messer in den Körper rammt. Immer und immer wieder. Mercer kümmert das wenig.

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Heller ist aber wirklich so richtig sauer. Er will blutige, endgültige Rache. Durch jede seiner Adern aber fließt bald kochendes Blut, infiziert mit dem Mercer-Virus. Dafür ist Mercer verantwortlich - und nicht nur dafür, glaubt Heller. Denn der Virus hat Colette und Amaya Allison getötet, Jimmys Frau und Tochter. Ein einfacher, aber wirkungsvoller Katalysator für die Story eines vom Hass getriebenen Mannes, der nichts mehr zu verlieren hat. Das kann ja noch heiter werden. Ein Prototype für die Massen soll es werden, sagt Radical-Vizechef David Fracchia. Es soll nicht nur die Hardcore-Nische bedienen, weil es zu schwer ist. Das Spiel soll nicht frustrieren. Angriffe der Gegner sind nun besser erkennbar und ein Sonar macht die Welt erreichbarer. Per Knopfdruck kann man ein Ziel quasi taggen, kann es wirklich jagen.

Die Infektion mit dem Mercer-Virus hat für uns Spieler den angenehmen Nebeneffekt, dass Heller ähnlich übermenschliche Fähigkeiten wie Alec Mercer besitzt. Er kann Passanten und Infizierte verzehren, um ihre Form anzunehmen, Fragmente ihrer Erinnerungen zu sehen oder einfach nur, um neue Lebensenergie zu tanken. Davon braucht der Elitesoldat reichlich, denn kurz nach seiner Ankunft im virusverseuchten New York wird's gleich gefährlich. Er steht quasi permanent unter Beschuss der Blackwater-Soldaten, die eine groß angelegte Verschwörung des Biotech-Giganten Gentek schützen. Die ganzen Infizierten sind wohl das direkte Resultat davon und greifen uns natürlich auch gerne an.

Anfangs ist der der erste große Bereich des Spiels verfügbar: die Gelbe Zone. Sie dient der Quarantäne und wird von Gentek offenbar für Experimente genutzt. Es gibt noch die Grüne Zone, wo im Prinzip Ruhe herrscht, hergestellt durch die Unterdrückung der Blackwaterpräsenz. In der Roten Zone dagegen herrscht blankes Chaos, während sich Infizierte New Yorker und Blackwater-Söldner erbitterte Gefechte liefern. Wir treffen uns mit Pater Guerra, einem Freund und Helfer. Blackwatch habe die Gesunden zusammengetrieben, in Camps gesteckt und dort infiziert, erzählt der Geistliche. Okay, let's fuck with Blackwater.

Prototype 2
James Heller kann dank seiner Infektion nun prima fliegen, was im weitläufigen New York sehr hilfreich ist.
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Im Prinzip bietet Prototype 2 nun eine komplett offene Spielwelt zum Austoben. Die einzige Schranke ist die Story, die den Expansionsdrang etwas einschränkt und erst nach und nach die Stadtteile jeder Zone öffnet. Die Namen sind real: Oakhurst, Linden Park, Fairview, Lincol Meadows, Fulton, Salt Yard Plains, Chinatown, Zentrum und der Times Square. Letzterer ist natürlich in der Roten Zone und klingt nach einem Ort für einen anständigen Showdown.

Vorher wird sich Heller durch eine Menge Gegner und Passanten fressen, prügeln, ballern, schnetzeln oder bomben müssen. Neben reinster Action wartet aber auch etwas Basteln, gibt es doch für jede Mission Erfahrungspunkte und in Nebenmissionen Extras wie Mutationen zu finden. Fünf Mächte kann Heller entwickeln und ausbauen: Bewegung, Regeneration, Formwandel, Masse und Erlediger. Dazu gesellen sich 33 Mutationen, vier Fertigkeiten und drei Fähigkeiten. Die möglichen Kombinationen an ziemlich gewalttätiger Eliminierung von Blackwater & Co. sind damit vielfältig.

Heller hat messerscharfe Klingenhände, verschießt klebrige Todesranken, lässt eine zerschlitzende Kette rotieren oder holt den Dampfhammer raus. Durch die Infektion kann er fliegen, was neben schneller Fortbewegung noch nette Nebeneffekte hat. Er kann sich aus der Luft als lebendige Bombe nach unten stürzen und nach seinem explosiven Einschlag Stacheln aus dem Boden um sich herum stampfen. Helikopter und Panzer sind vor den Kletten seiner Arme nicht sicher und einen mächtigen Fußtritt später einfach so detoniert. Oder Heller schraubt dem Heli die Bordkanone ab, um die Lenkraketen aus der Hüfte abzuschicken. Er kann den Heli auch einfach selbst zur Bombe machen. Wer es kleinteilig mag: Auch die Waffen der Gegner dürfen ausgeliehen werden und im profanen Faustkampf ist der Mann ebenfalls erste Klasse. Wie gesagt, an Action und Möglichkeiten mangelt es nicht.

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Im Prinzip bietet das Spiel eine komplett offene Welt zum Austoben.
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Button-Mashing als mögliches Spielprinzip ist dabei möglich, aber es geht gerade in der zweiten Hälfte des Spiels doch eher um die taktische Elemente. Die Klingenhände zerteilen mühelos Soldaten, sind aber gegen größere Mutanten oder Panzer völlig wirkungslos. Dort helfen dann aber die Hammerfaust oder die Ranken. Außerdem dürfen zwei Fähigkeiten kombiniert werden, was für immer wieder abwechslungsreiche Erfahrungen in neuen Situationen sorgt. Voll ausgebaut ist Heller die Ein-Mann-Chuck-Norris-Armee, unterwegs auf dem ultimativen Terrorspielplatz.

Heller kann aber auch filigran agieren, denn er ist besser im klettern als Ezio Auditore da Firenze. Mühelos sprintet er schick in Szene gesetzte New Yorker Hochhäuser hinauf, um sich danach ins Bodenlose zu stürzen. Der Sturz wird auf Knopfdruck zum Flug, der mit voll ausgebauten Fähigkeiten ziemlich lang dauern kann. So lässt sich New York bestens erkunden.

Die Welt ist detailliert gestaltet. Selbst die total infizierte und zerbombte Rote Zone wirkt erschreckend naturalistisch. Es sind viele Passanten, Blackwater-Soldaten und auch Infizierte unterwegs. Die Passanten reagieren sofort auf unsere Handlungen. Verzehren wir vor ihren Augen einen Soldaten, um danach seine Form anzunehmen, treten sie angeekelt und verängstigt zurück. Warum wollen sie die vielen, schicken Animation beim Prozess des Konsumierens eigentlich nicht sehen? Wer vor den Augen der Soldaten konsumiert, löst übrigens sofort einen Alarm aus. Erst durch Flucht und Wechsel der Form lassen sich die Soldaten beruhigen. Durch die natürliche Künstliche Intelligenz der Jäger ist das aber nicht immer ganz so einfach.

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Auch nach dem Ende der Story bleibt viel Raum für schlichtes Durchdrehen.

Durch den ständig möglichen Wechsel der Persönlichkeit wird das Gameplay innerhalb der eigentlichen Missionen fast zum Puzzlespiel. Ähnlich wie bei Batman: Arkham City können wir Angriffe im Vorfeld sauber planen, um Ärger zu vermeiden. Ein Sonar zeigt uns bei den Gegnern eine weiße oder rote Aura. Weiß heißt, dass wir sie unbehelligt verzehren können. Niemand wird etwas merken. So lassen sich nach und nach Räume klären und Zielpersonen innerhalb von Missionen assimilieren. Geht etwas schief, gibt‘s weniger Erfahrungspunkte. Wenn etwas ganz schief geht, wird die Spielwelt schwarz-weiß - ein sicheres Zeichen, dass wir schnell ein paar Beteiligte oder Unbeteiligte verzehren müssen.

Die Story bietet locker zehn bis fünfzehn Stunden Spielzeit, je nachdem, wie intensiv man sich dem üblichen Sammel- und Nebenmissionen-Spiel widmet. Allerdings bleibt auch nach dem Ende der Story viel Raum für schlichtes Durchdrehen. Alle Frühkäufer und Vorbesteller bekommen nämlich kostenlosen Zugang zum Radnet. Sieben Wochen lang wird darüber direkt nach dem Verkaufsstart zusätzlicher Content eingespielt. Das sind neue Spaßmissionen für das freie Spiel abseits der Story. Für diese Events gibt‘s Belohnungen wie Skins oder Waffen. Dazu gibt es noch Challenges, die einzige Möglichkeit, sich online mit Freunden via Rangliste zu messen. Am Ende der sieben Wochen wartet das ultimative Freischaltgeschenk. Was das ist, will David Fracchia aber wirklich nicht verraten.

Die schicke Optik des Titels wird von der hauseigenen Titanium-Engine berechnet. Sie wollen damit im zweiten Teil „Quantität und Qualität in der Grafik" erreichen, wie Fracchia erklärt. Das hat sichtbar geklappt. New York Zero, wie sie ihre Version der Ostküstenmetropole nenne, ist ein von Viren verseuchter, aber trotzdem sehr realistischer und nachvollziehbarer Ort. Die offene Spielwelt fordert uns auf, immer wieder in alle Bereiche zurückkehren. Und man tut genau das, nicht nur, weil Nebenmissionen nun fest in die Story eingewoben sind. Man tut es auch, weil es einfach Spaß macht.

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KRITIK. Von Christian Gaca

Wer fette Action liebt und gerne an New Yorker Häusern entlang klettert, kommt an Heller & Mercer nicht vorbei.



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