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Hitman: Absolution

Hitman: Absolution

Das Intro jener Sequenz von Hitman: Absolution, die uns Square Enix gerade in London gezeigt hat, zeichnet ein deutliches Bild. Politisch korrektes Handeln darf jedenfalls niemand erwarten vom Action-Stealth-Shooter des dänischen Entwickler IO Interactive.

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Gameplay Director Christian Elverdam beteuert, man solle in diese Szene nicht so viel hinein interpretieren. Aber es ist, was es ist. Nach drei gezielten Schüssen aus der Pistole des wahnsinnigen Wade baumelt eine Nonne tot aus dem Fenster des Rosewood Waisenhauses, in dem wir als Auftragskiller Agent 47 die mysteriöse Victoria suchen. Die Suche ist der Wunsch einer vertrauten, verblassten Stimme. Und natürlich sind wir nicht der einzige bewaffnete Mann mit dieser Mission.

Der Bösewicht Blake Dexter hat den ekelhaften Wade und seine Gang engagiert, um das Mädchen für ihn einzukassieren. Über die Gründe für das Interesse an Victoria lässt uns Entwickler IO Interactive im Dunkeln. Und zeigt uns stattdessen lieber, wie man aus der Dunkelheit heraus als menschliche Waffe agiert. Die offenkundigste Neuerung für die Serie: leise oder laut geht beides gut.

Das Waisenhaus ist optisch sehr glaubwürdig und schick inszeniert - minus die Kinder, die dort zum Glück nicht herumlaufen und demzufolge auch nicht von Wades Killern eiskalt weggepustet werden wie die ganzen Nonnen, die tot in der Gegend liegen. Die katholische Kirche wird das Spiel nicht lieben und ihm vermutlich seine Sünden nicht vergeben wollen. Vielleicht wirkt die Atmosphäre gerade darum so beklemmend, wenn Agent 47 durch die verwüsteten Gänge schleicht, über Blutspuren hinweg, und irgendwo weiter hinten Schüsse und Gejammer hört.

Hitman: Absolution
Mit der Axt den Schädel spalten - das ist nicht ruhig, aber effektiv.
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Per Knopfdruck macht sich der Killer ein Bild der nächsten Räume. Er aktiviert seinen Instinkt. Die Umgebung wird dezent grau, es knistert effektvoll und alle Gegner bekommen eine goldene Aura, die auch durch Wände hindurch sichtbar ist. Hier wird die tolle Arbeit der Sound-Designer hörbar, am Herzschlag des Agenten, der einen dezenten Bass immer lauter wummern lässt, je größer die Gefahr wird. Zu lange sollte man den Instinkt aber nicht strapazieren, denn der zugehörige Energiebalken ist schnell verbraucht. Und je höher der Schwierigkeitsgrad eingestellt wird, umso schneller passiert das.

Im Instinkt-Modus lassen sich auch Laufwege ausspionieren und die Fähigkeit aktivieren, sich in der Umgebung zu verstecken oder sie als aktive Tarnung zu nutzen. In einer Szene im Waisenhaus steht 47, nachdem er sich diskret die Klamotten eines Gangsters geschnappt hat, an einem Empfangstresen. Dahinter steht ein Gangmitglied und riecht Lunte. Er spricht 47 an, direkt. Der antwortet nicht, aber weil er in Verkleidung unterwegs ist, eröffnet sich ihm die Möglichkeit, beiläufig ein paar Werbebroschüren anzuschauen und so die Aufmerksamkeit zu verlagern. Dieses Feature "ist extrem mächtig, wenn man es beherrscht", sagt Christian Elverdam.

Agent 47 ist aber ein vielschichtiger Killer. Er kann sehr zurückgenommen und hinterlistig agieren. Er kann aber auch mit der vollen Feuerkraft automatischer Waffen seine Gegner erledigen. Dieser Satz macht Fans der Serie nervös. Sie sehen ihr geliebtes, ultrahartes Stealth-Adventure in der Uniformität der Action-Shooter verschwinden. Aber diese Sorge ist unbegründet, denn sie können weiterhin als absolute Profis unterwegs sein, als Silent Assassins. Die Betonung liegt, das unterstreicht auch Elverdam im Gespräch immer wieder, auf können.

Hitman: Absolution
Herumliegende Spritzen lassen sich prima verwenden, um unliebsame Typen ruhigzustellen...
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Hitman: Absolution soll die beiden Welten Stealth und Action versöhnen, ohne das zwangsläufig zu forcieren. Wer komplett durch das Spiel marschieren will, ohne jemanden zu töten, der kann das machen. Von Deckung zu Deckung schleichen, nach und nach die Gegner ausschalten und in Kleiderschränken, Kühltruhen, Spielbällebädern oder Müllschächten verschwinden lassen. Geht. Mit einem Knopfdruck in die Deckung schlürfen, dort einen Spielzeugroboter vom Klavier fallen lassen, um den Gegner abzulenken und ihn kurz danach bewusstlos zu würgen. Nicht einfach, aber machbar.

Man kann aber auch schlicht ballern - macht damit aber sehr stark auf sich aufmerksam. Die Gegner werden loslaufen und Hilfe holen. Sie werden sich verstecken und flankieren, was besonders in den vielen verbundenen Räumen des Waisenhauses schnell ärgerlich wird. Die "organische Künstliche Intelligenz" (Elverdam), die siese Prozesse steuert, soll dabei verhindern, dass zu viel Action am Stück passiert. Aber ein bisschen davon kann nicht schaden - und steht Hitman: Absolution auch gut zu Gesicht. Oder anders gesagt: "Wir wollen einen Style, der cineastischer, einfach mehr Rock'n'Roll ist."

Die nahtlose Verbindung von fiesen Stealth-Manövern und gelegentlichen Action-Sequenzen könnte eine gute Mischung für viele Spieler werden. So sollte man eigentlich meinen, dass es auch Stealth-Fans nicht doof finden werden, mit der dritten Instinkt-Fähigkeit herumzuspielen, dem Point Shooting. Das ist Rock'n'Roll, Hausmarke Elverdam.

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... um sie danach im Kleiderschrank zu deponieren. Zum Glück ist das Platz für zwei.

Für das gezielte Action-Spektakel lässt sich die Zeit kurz einfrieren, um Gegner oder Gegenstände wie Gasflaschen oder Kanister zu markieren, die 47 danach in einer choreographierten Zwischensequenz automatisch abarbeitet. Das verbraucht natürlich pro Markierung etwas Instinkt, ist aber insbesondere mit schallgedämpften Waffen in der Hand eine fast so hinterlistige Art sein Tagwerk zu verrichten, wie mit einem Telefonkabel zu würgen oder das Kruzifix in den Schädel zu bohren. Viele Gegenstände lassen sich übrigens in eine tödliche Waffe verwandeln. Und alle leisen und schlauen Aktionen füllen den Instinkt-Energiebalken nach und nach wieder auf.

Aber es geht eben auch anders. Agent 47 kann auch mit der Notfall-Axt die Schädel der Gegner spalten. Mit der Schrotflinte die Gegner wegknallen. Aber egal ob leise oder laut, man soll sich sehr mächtig fühlen als Agent 47. Alle Fähigkeiten sind jederzeit wählbar, wann immer man will. Alles ist gleich von Anfang an am Start, so dass jeder Weg sofort seinen ganz persönlichen Weg einschlagen kann. Und der wird, je nach Spielstil und individuellen Entscheidungen, sehr unterschiedlich sein.

2000 Seiten Dialoge für die im Spiel agierenden Haupt- und Nebencharaktere haben sie geschrieben. Wir sollen so das Gefühl bekommen, in einer nicht vorgefertigten Welt zu spielen, wo die Leute einfach miteinander reden. Das Belauschen solcher Gespräche ist manchmal sehr sinnvoll, denn so erfährt man von der Existenz einer Schrotflinte in der Kapelle, mit der Mann die Knie von Wade bearbeiten kann - wenn man das will.

Ein paar Probleme hat das Spiel derzeit noch. Die gebückte Schleichhaltung von Agent 47 sieht unfreiwillig komisch aus, er wirkt dann wie eine Killerente im Watschelgang. Es scheint auch eine starke Konzentration auf vordefinierte Laufwege und Verhaltensweisen zu geben, damit die Profikiller diese auswendig lernen können, um auf den hohen Schwierigkeitsgraden zu bestehen. Schade ist auch, dass die Umgebung zwar auf viele Arten nutzbar aber kaum zerstörbar ist. Wer eine Gasflasche mit einem gezielten Schuss fernzündet, wird mit effektvoll und weit wegfliegenden Gegnern belohnt, die Tische und Stühle aber bleiben stehen. Das ist wenig zeitgemäß und passt nicht zu den schönen Rauch- und Nebeleffekten, die die Explosion ins Waisenhaus zaubert.

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