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DayZ

DayZ

Die Zombie-Apokalypse hat begonnen. Am Ende sind es aber nicht die Zombies, sondern andere Spieler, die uns das Leben zur Hölle machen. Ein Ausflug ins Chaos.

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Peng. Ich bin tot. Die deprimierende Wahrheit ist nur, dass jeder andere mögliche Weg zum selben Ergebnis geführt hätte. Allerdings hat der eigene Tod in DayZ weit größere Auswirkungen, als es in den meisten Shootern der Fall wäre. Das liegt daran, dass DayZ trotz der Schusswaffen und potenziellen Ziele kein Shooter ist. Es ist eine Simulation, die Sandbox-Interpretation einer wahr gewordenen Zombie-Apokalypse.

Es ist aber nicht die oft erzählte Zombie-Apokalypse, wie wir sie aus Resident Evil oder Dawn of the Dead kennen. Das Konzept erinnert eher an Die Straße von Cormac McCarthy. Die Zombies, die sich über unseren totgeweihten Körper hermachen wollen, stehen nämlich auf der Liste von Dingen, die uns potenziell töten, relativ weit unten. Die traurige Wahrheit ist, dass es die anderen Spieler sind, die viel wahrscheinlicher unser Leben beenden. DayZ heißt töten oder getötet werden. Unter Menschen.

Diese Herangehensweise der DayZ-Spieler hat sich dabei seit der Veröffentlichung der Arma-Mod im Jahr 2012 nicht geändert. Vermutlich ist es schlicht die bittere, aber recht treffende Darstellung der Menschheit, die nach dem Zerfall der Gesellschaft in Anarchie und Chaos versinkt. Hier überlebt wirklich nur der Stärkste.

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Zu Beginn des Spiels finden wir uns an einem Strand wieder und müssen uns ins Landesinnere vorkämpfen, möglichst ohne auf andere Spieler zu treffen.

Möglich wird das, weil es - zumindest während dieser frühen Entwicklungsphase des eigenständigen DayZ-Titels - nur wenige Zombies auf der Karte von Chernarus gibt. Die Action wird also vorwiegend von den Spielern angetrieben. Deshalb sind es gerade die anderen Menschen, die für die meisten Tode verantwortlich sind. Mit ein paar mehr Zombies würde sich dieses Gefälle ausbalancieren. Im Moment aber sind es deutlich zu wenig Untote, die auf der Insel und in den Gebäuden aus ihren dunklen Löchern kriechen und auf die Jagd gehen.

Doch das ist nicht das einzige, was noch fehlt. So gibt es, zumindest zum Zeitpunkt dieser Vorschau, kein einziges Fahrzeug. Nirgendwo. Gerade deshalb wird das Umherstreifen auf der riesigen Insel zu einem ermüdenden und anstrengenden Unterfangen. Zu Beginn des Spiels finden wir uns an einem Strand wieder und müssen uns ins Landesinnere vorkämpfen, möglichst ohne auf andere Spieler zu treffen. Denn die lauern besonders gerne den unerfahrenen Spielern auf.

Das Fehlen von Transportmöglichkeiten bedeutet aber auch, dass wir unsere Freunde nur schwer erreichen und der Weg ins Inselinnere hin zu fruchtbareren Gebieten ziemlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Besonders neue Spieler leben dabei extrem gefährlich. Mehr als einmal findet mein Abenteuer ein jähes Ende, noch bevor es überhaupt richtig in Fahrt gekommen ist. Als ich DayZ das erste Mal starte, passiert zum Beispiel folgendes: Ich erwache, betrete ein nahestehendes Gebäude und treffe auf zwei Typen, die mich gleich in die Mangel nehmen. Ich renne weg, die beiden verfolgen mich. Schließlich schnappen sie mich und prügeln mich in blinder Wut zu Tode.

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Es gibt keine Spaziergänge durch den Wald, ohne den zögerlichen Blick über die Schulter.

Ob das nun gut oder schlecht ist, lässt sich schwer beantworten. Denn zum Einen sind die brutale Natur des Spiels, das Leiden und das Sterben furchtbar frustrierend und schüren regelrechten Hass in uns. Doch gerade diese Faktoren verpackt in das Thema Zombie-Apokalypse und die unerbittlichen Umgebungen sind es, die DayZ zu einer so unfassbar extremen Spielerfahrung machen. Die alles durchdringende Gewalt macht DayZ zu dem, was es ist. Aus diesem Grund kommt man am Ende doch immer wieder zurück, um es noch einmal zu probieren.

Wenn das Konzept gut funktioniert, dann funktioniert es richtig gut. DayZ kann frustrierend, einsam, emotional und barbarisch sein, doch die zu Grunde liegende Erfahrung ist schlicht überzeugend und in einem Maße ausbalanciert, dass jede Spielerfahrung eine ganz neue und eigene wird. Es gibt keine Spaziergänge durch den Wald, ohne den zögerlichen Blick über die Schulter. Die Umgebung darf niemals aus den Augen gelassen werden. Nicht nur, um anderen Spielern aus dem Weg zu gehen oder den Untoten, die ziellos durch die Landschaft streifen. Wir müssen uns in der Spielwelt auch orientieren. Ohne Karte kann die nämlich oftmals verwirrend sein und mehr als einmal lande ich am Ende dort, wo es losging. Es gibt, abgesehen von Überfällen durch Räuber, nichts deprimierendes in DayZ, als im Kreis zu laufen und am Ende vor dem offenen Meer zu stehen, an dessen rauschende Strandwelle jedes Abenteuer von Neuem beginnt.

Im Vergleich zur ursprünglichen Mod sticht die Insel in der Early Access-Version besonders heraus. Die Grafik ist wesentlich detaillierter. Die Landschaften sind abwechslungsreich und das Licht flackert zwischen den Zweigen der Bäume. Ab und zu möchte man der Versuchung nachgeben und sich einen Moment Zeit nehmen, um alles genau zu betrachten. Die Gebäude sind nun alle begehbar. Der Besuch verlassener Dörfern ist damit deutlich sinnvoller, selbst wenn das Risiko höher ist, auf andere Spieler zu treffen. Denn in den Gebäuden finden sich überlebenswichtige Gegenstände.

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Die Animation beim Laufen etwa ist noch weit davon entfernt, flüssig zu sein. Oft ändert sich die Position des eigenen Charakters ein wenig, wenn er sprintet.

Um das Gefühl der Simulation zu verstärken, gibt es einige Neuerungen. Es gibt zum Beispiel keinen Bildschirm für statistische Werte mehr, die unsere Gesundheit beeinflussen. Benachrichtigungen darüber, dass wir am Verhungern sind oder etwas zu trinken brauchen, erscheinen in der Bildschirmecke. Richtig präzise funktioniert das nicht. Gleichzeitig verbreitet es ein konstantes Gefühl der Unsicherheit. Einen Großteil der Spielzeit schaut man immer wieder nach, ob es Nachrichten auf dem Bildschirm gibt. Immer ist man hungrig, und die Suche nach Essen ist auf dieser Insel ein Vollzeitjob. Unterbrochen wird die Odyssee nur, wenn es gilt, vor anderen Spielern oder merkwürdigen Zombies zu fliehen.

Alle Bestandteile des Spiels sorgen für eine intensive Erfahrung, aber nur, wenn man die ursprüngliche Mod aus dem Hinterkopf verbannt. Denn die bot, zumindest vom jetzigen Zeitpunkt aus betrachtet, eine umfangreichere Spielerfahrung. Da ist es kein Wunder, das viele DayZ-Anhänger die neuen Server besucht haben, am Ende aber zur Mod zurückgekehrt sind. Dort hat die Community auf Grundlage von Dean "Rocket" Halls Originalversion nämlich schon verschiedene eigene Elemente und Optionen kreiert und etabliert.

Zudem gibt es viele technische Probleme. Der Fairness halber muss man sagen, dass man vorher davor gewarnt wird, aber das macht es aber auch nicht wirklich besser. Die Animation beim Laufen etwa ist noch weit davon entfernt, flüssig zu sein. Oft ändert sich die Position des eigenen Charakters ein wenig, wenn er sprintet. Im Zusammenspiel mit den bisher beschränkten Optionen der frühen Spielversion macht das die Flucht der Spieler zurück zur bewährten Mod wenig überraschend. Viele warten dort darauf, dass die neue Version zur Mod aufschließt.

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Hinter den Zombie-verseuchten Bergen von DayZ schlummert viel Potenzial.

Das heißt aber nicht, dass ihr euch das Steam-DayZ nicht anschauen solltet. Klar, es ist fehlerhaft, hat Probleme bei der Grafik und ist noch dazu weit davon entfernt, wirklich fertig zu sein. Es wartet trotzdem eine wunderbare Spielerfahrung. Obwohl es schwer ist, DayZ so wie es gerade ist, zu empfehlen, ist genauso schwer, es nicht zu tun. Für jeden negativen Aspekt gibt es einen positiven. Es gibt sogar ein Minecraft-ähnliches Preissystem, das Rocket schon vorgestellt hat und das möglicherweise den Anstoß gibt. Das Spiel jetzt zu kaufen, ist nämlich am günstigsten. Danach staffelt sich der Preis weiter nach oben von Beta bis hin zur letztendlichen Veröffentlichung. Wer plant, es definitiv später zu kaufen, sollte es gleich jetzt tun, liegen lassen und Geld sparen.

Hinter den Zombie-verseuchten Bergen von DayZ schlummert viel Potenzial. Es schleichen zwar auch ein paar unglaublich dumme Typen herum auf der Suche nach den Schwachen und Hilflosen. Aber vielleicht ist das auch die versteckte Wahrheit, die DayZ so überzeugend macht: Die Vorstellung, dass Menschen, die sich ganz auf sich allein gestellt in einer Welt wie dieser befinden, am Ende in brutaler und unbarmherziger Gewalt übereinander herfallen, um zu überleben. Das mag furchtbar sein, ist aber plausibel. Und allein aus diesem Grund begeben wir uns erneut an den Strand von Chernarus. Mit einem Ziel: nur ein bisschen länger zu überleben als das letzte Mal.

Die Vollversion von DayZ ist via Steam Early Access erhältlich. Um die kostenlose Mod zu spielen, braucht man weiter eine Kopie von Arma 2: Combined Operations. DayZ erschien Ende letzten Jahres auf Steam. Seitdem wurden über zwei Millionen Kopien verkauft.

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