Tropico 5

Es klingt ein bisschen wie eine Ausrede, wenn Bisser Dyankov von Haemimont Games sagt, in Tropico 3 und Tropico 4 wäre es zunächst darum gegangen, das Spiel modern zu machen. Natürlich war das ein ganz wesentliches Ziel, nachdem der Entwickler die Reihe übernommen hatte. Aber das schließt Neuerungen nicht automatisch aus. Nach der Kritik wegen fehlender Innovationen soll Tropico 5 einen Sprung nach vorn machen. Der Produzent will "das volle Potential der Spielidee erschließen".

Im Kern bleibt das Spiel eine politische und soziale Simulation, allerdings wird diese um verschiedene Epochen, Dynastien und Forschung erweitert. Wir decken nun eine Zeitspanne von der Kolonialzeit bis leicht in die Moderne ab. Jede Ära hat ihre ganz eigenen Aufgaben und Herangehensweisen. Beim Wechsel zwischen den Epochen wandelt sich das Spiel immer wieder. Achsenmächte und Sowjetunion sowie auch unser Volk ändern ihre Einstellung und ihre Bedürfnisse. Andere Rohstoffe und Güter werden wichtig und wir können nur bestehen, wenn wir uns ebenfalls anpassen.

Diese Idee bedingt dann auch das neue Dynastiesystem. Wir müssen natürlich sicherstellen, dass unsere Familie immer schön an der Macht bleibt, nachdem wir sie mühselig in der ersten Epoche an uns gerissen haben. Im Todesfall geben wir also den Staffelstab an ein gewünschtes Mitglied der Sippe weiter. Jeder Charakter hat bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften, die wir trainieren und verbessern können. Außerdem lassen sich Mitglieder der Familie als Manager in diversen Bereichen der Inseldiktator installieren.

Die verschiedenen Zeiträume prägen natürlich auch rein optisch die Nation. Unsere Stadt wird mit der Zeit alte und neue Stadtteile haben. Es gibt vielleicht noch den kleinen Fischereihafen neben der neuen Hafenanlage. Da stehen kleine Hütten und große Wolkenkratzer sowie ein Fernsehturm. Wobei die Größe und der Umfang der Stadt vor allem auch davon abhängen, wie wir sie entwickeln wollen. Auch kleinere Städte sind möglich und dann ist es vielleicht einfacher, bestimmte Ziele zu erreichen und politische Feinde auszuschalten.

Wir müssen immer wieder Entscheidungen treffen, die uns an einigen Stellen helfen und an anderen zu Problemen führen. Wollen wir Geld für die Insel oder für uns? Wollen wir ein sicheres Mandat für zwölf Monate oder mehr dringend benötigte Arbeiter? Jede Entscheidung macht einen anderen Weg schwieriger. Die Dimensionen unser Entscheidung sind dabei leicht zu erkennen und sie wirken kurzfristig wie auch langfristig. Einfacher wird es für uns damit aber trotzdem nicht, denn abwägen müssen wir immer noch allein.

Wenn wir einen Handelsauftrag erfüllen, wird uns die jeweilige Macht etwas mehr mögen. Allerdings haben wir dann vielleicht eine Industrie aufgebaut, die wir nicht brauchen und die zudem noch mehr produziert als nötig. Obendrein spielt in Tropico 5 auch die Entfernung zur jeweiligen Nation eine Rolle und wir haben nur begrenzt viele Handelsschiffe zur Verfügung. Die Bedingungen ändern sich in jeder Ära, wir müssen also immer wandelbar bleiben. So ist zum Beispiel Stahl während der Weltkriege wertvoll. Wir müssen also unsere Wirtschaft umstellen und ineffektive Betriebe schließen.

Eine ähnliche Lenkungswirkung durch Entscheidungen gibt auch für die Verfassung, die wir unserem Land geben. Wer darf eigentlich wählen? Nur Männer oder etwa auch Frauen? Nur die Reichen oder das ganze Volk? Auch hier gilt, dass weniger Menschen einfach zu kontrollieren sind, aber dadurch steigt auch der Widerstand bei den Unterdrückten. Die Einstellung zur Kirche kann für Sicherheit sorgen oder aber für mehr Forschung. Es sind viele kleine und vor allem auch witzige Stellrädchen, die für unsere Spielweise nützlich sein können.

Allerdings sollten wir auch hier die Dynamik beachten. Unser Volk ändert seine Meinung und manche Einstellungen funktionieren nicht mehr. Im 21. Jahrhundert könnten selbst die gläubigsten Schäfchen eine religiös geprägte Theokratie ablehnen. Und auch die USA mit den Achsenmächten sowie die UdSSR ändern ihre Standpunkte. Und all das macht sehr gut deutlich, was Haemimont Games erreichen will. Das Studio will über die ständigen, nachvollziehbaren Änderungen mehr Abwechslung ins Spiel bringen. Nie können wir uns bis zum Schluss auf eine Strategie verlassen.

Außerdem soll sich das Spiel nicht mehr so stark an ein Skript halten, sondern vieles zufälliger eintreten. Tropico 4 ist gegen Ende langweilig geworden und genau diesem Punkt hat man sich angenommen. Der Weg über die Epochen ist daher vor allem deswegen elegant, weil er dafür sorgt, dass Tropico 5 nicht einfach nur riesig wird. Das Team hat nämlich dadurch ein paar der Spielmechaniken lediglich im Kleinen anpassen müssen. Tropico ist und bleibt eben immer noch Tropico.

Der Teil mit der Wissenschaft ist übrigens auch so eine Sache für sich. Die Leute sind schließlich richtig dumm. Wollen wir ein bisschen Bildung, müssen wir zunächst eine Bibliothek bauen. Es lassen sich natürlich unter anderem neue Gebäuden erforschen, aber auch mehr Produktivität. Selbst so etwas wie das Hissen der weißen Flage oder ein paar Tischmanieren stehen auf dem Plan und sind für uns essenziell, wenn wir Diplomatie betreiben wollen. Wir erforschen also Knigge, damit wir außenpolitisch ein bisschen mitreden dürfen. Herrlich!

Mit Geld auf dem Nummernkonto in der Schweiz können wir übrigens diesmal auch arbeiten. Jeder Cent, der beiseite geschafft wird, kann in die Verbesserung der Fähigkeiten unseres Clans gesteckt werden. Es lohnt sich also noch einmal mehr, in die eigene Tasche zu wirtschaften. Und auch einer anderen Entwicklung in der Welt hat sich das Team gebeugt, denn das Gesundheitssystem ist endlich staatlich finanziert.

Auf den ersten Blick erinnert Tropico 5 an die Civilzation-Reihe, allerdings geht das Team geschickter vor. Es nimmt einfach die bisherige Erfahrung, streckt sie, mischt sie ab und macht sie spannender. Neue Elemente werden dort eingefügt, wo sie aus dem Remix eine wunderbare neue Komposition machen können. Den Kern erkennen wir immer noch sehr gut - der Aufbau von Industrie, die unterschiedlichen Wählergruppen und Formen der Manipulation. Haemimont Games wagen keine Revolution, sondern liefern uns offensichtlich genau das, was wir eigentlich wollen: eine frische Erfahrung.

Mit an Bord ist neben dem Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler der grandiose Humor - inklusive Witze über digitale Rechte im 21. Jahrhundert. Bisser Dyankov erzählt uns, dass man wirklich froh sei, an Tropico 5 arbeiten zu dürfen: "Dumme Leute auf einer Insel, es ist alles so rückständig und wir sind Diktator! Da steckt so viel drin." Hoffentlich holt man für das neue Spiel auch alles raus. Was wir bisher sehen durften, sieht sehr vielversprechend aus. Gespannt sind wir auf die Konsolen-Version, die noch nicht gezeigt wurde. Allerdings wird uns ein viel besseres Interface versprochen.