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Batman: Arkham Origins

Batman: Arkham Origins

Batman ist zurück. Aber die Qualität der beiden Vorgänger kann das Abschlussspiel der Trilogie nicht halten.

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Lizenzspiele bieten immer eine Chance und eine Gefahr. Die Gefahr ist, dass die Lizenznehmer so viel Geld an den jeweiligen Rechteinhaber zahlen müssen, dass für die sorgfältige Entwicklung kaum noch welches übrig bleibt. Je aktueller und teuerer diese Lizenz ist, um so größer die Gefahr, dass dabei spielerisch gesehen absoluter Schrott herauskommt.

Das Paradebeispiel für so einen traurigen Fall ist Superman 64, das viele für eines der schlechtesten Games aller Zeiten halten. Die Chance hingegen besteht darin, dass die Entwickler durch die bereits ausgearbeiteten Geschichten und Charaktere der Vorlage ihre volle Konzentration auf das Spieldesign legen können. Ein Musterexemplar dieser Gattung war das Spiel Batman: Arkham Asylum, das 2009 von Rocksteady entwickelt wurde.

Dabei stützte sich das Spiel gar nicht so sehr auf den immens erfolgreichen Kinofilm The Dark Knight aus dem Vorjahr, sondern nahm dort nur einige Anleihen. Diese wurden mit Elementen aus den Tim Burton-Filmen, der animierten Serie und natürlich den Comics zu einem selbstbewussten Mix vermengt. Während die Gestaltung und Inszenierung geschmackssicher war, kann man das Spieldesign eigentlich nur als genial bezeichnen. Alles wirkte wie aus einem Guss, und das Spiel saugte förmlich auch Leute ein, die mit dem Batman-Mythos sonst nichts am Hut haben.

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Batman: Arkham OriginsBatman: Arkham Origins
Die Story ist zu Beginn von Bruce Waynes Zeit als maskentragender Rächer angesiedelt.

Der Nachfolger Batman: Arkham City verknüpfte das Spielsystem mit einer Open-World-Komponente. Die Handlung verließ die beengte Gefängnisinsel von Arkham. Batman schwang sich nun per Greifhaken durch die Stadt und durfte neben den Storymissionen noch zahlreiche Zusatzaufgaben bewältigen. Mit Catwoman als zweitem spielbarem Charakter und DLC-Missionen wurde das Spiel zum Content-Giganten, der wieder Höchstwertungen einfuhr.

Batman: Arkham Origins vom neuen Entwickler Warner Bros. Montreal bleibt diesem Konzept treu, dreht aber die Uhr zurück. Die Story ist zu Beginn von Bruce Waynes Zeit als maskentragender Rächer angesiedelt. Die Bat-Höhle ist bereits gut ausgestattet, die wichtigsten Gadgets schon erfunden und auch der Batwing steht vollgetankt auf der Startrampe. Das Batmobil hingegen ist noch ein Bastelprojekt aus Einzelteilen. Die Beziehung zu Butler Alfred, Comissioner Gordon sowie Batmans Erzfeinden muss sich noch entwickeln.

Gerade was die Feinde angeht, wurde ordentlich geklotzt. Der Schurke Black Mask hat nämlich am Weihnachtsabend 50 Millionen Dollar auf den Kopf der Fledermaus ausgesetzt. Das ruft natürlich die acht besten Kopfgeldjäger des Batman-Kosmos auf den Plan. Von Bane über Augenklappen-Ninja Deathstroke bis hin zur Killerakrobatin Copperhead ist alles dabei, was Rang und Namen hat. Während diese illustre Runde in der Hauptstory Jagd auf Batman macht, verfolgen auch noch neun Superschurken ihre eigenen Pläne. Den Anfang macht E. Nygma, später bekannt als Riddler, der überall in der Stadt Sammelitems und Rätsel für Batman aufgestellt hat. Nach und nach kommen weitere berüchtigte Gestalten wie Penguin und Anarky hinzu, die ebenfalls versteckte Objekte oder auch richtige Missionen für den Flattermann im Angebot haben. Dies ist quasi reiner Bonus, der parallel zur Geschichte angegangen werden kann.

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Batman: Arkham Origins
Während der Storymodus einen gute 15 Stunden beschäftigt, ist damit erst knapp ein Viertel des gesamten Contents bewältigt.

Ein verbindendes Element gibt es aber, denn wie gehabt sammelt Batman fleißig Erfahrungspunkte. Diese werden vor allem durch Kämpfe angehäuft, wobei die Abrechnung der Skills nach jeder Konfrontation nun wesentlich detaillierter erfolgt. Mit einbezogen werden dabei unter anderem die Gefährlichkeit der Gegner, der Variantenreichtum der eigenen Angriffe sowie kassierte Treffer. Dicke Boni gibt es für lautloses und vor allem ungesehenes Vorgehen. Das Ganze erinnert ein wenig an Metal Gear Rising: Revengeance und erhöht die Motivation, besonders elegant zu kämpfen. Schließlich werden die gewonnenen Punkte beim Aufleveln in neue Fähigkeiten investiert. So wird die Panzerung aufgestockt, das Repertoire von Spezialangriffen erweitert und die Wirkung der verschiedenen Gadgets verstärkt.

Von diesen bekommt Batman im Storyverlauf immer neue Exemplare. Neben Batarang, Wurfhaken und Explosivschaum kommen beispielsweise Schockgranaten und Superklebstoff hinzu. Manche dieser Gadgets dienen dabei der Offensive, andere öffnen Batman neue Wege. So werden bereits besuchte Locations erneut interessant, wenn ein neues Tool am Gürtel baumelt. Denn während der Storymodus einen gute 15 Stunden beschäftigt, ist damit erst knapp ein Viertel des gesamten Contents bewältigt.

Einen gewissen Anteil daran hat der Challenge Mode, der diesmal komplett in den Spielverlauf integriert ist. Diese Herausforderungen werden nämlich nun im Trainingsbereich der frei begehbaren Bat-Höhle gestartet und bringen ebenfalls die begehrten Erfahrungspunkte. Hakt es also in der Story mal ein bisschen, kann man hier die eigenen Techniken verfeinern und dadurch sogar aufleveln.

Batman: Arkham Origins
Die Feinde stürmen in Horden auf Batman ein und weigern sich zum Teil sogar, auf Flächenangriffe wie den Umhang-Schwinger zu reagieren.

Leider muss man sagen, dass das im Spielverlauf hin und wieder bitter nötig ist. Denn bei all dem tollen Inhalt und Umfang des Spiels, der fast doppelten Größe der Stadt und den vielen Erweiterungen gibt es ein großes Manko: Die Kämpfe flutschen einfach nicht mehr so gut.
In den Vorgängerspielen wurde das Kampfsystem ebenso zentral wie genial konzipiert. Statt dutzender Knöpfe und Combos ging es eher um Rhythmus. Jeder Kampf hatte einen eigenen Flow und nicht selten wirkte das Ganze trotz der freien Bewegungen der Spielfigur fast wie minutiös durchchoreografiert. Das hat einen ganz einfachen Grund. Genau wie in den meisten Spielfilm-Schlägereien starten die Gegner ihre Angriffe auf den Helden leicht zeitversetzt. So kann dieser stets perfekt parieren, selbst wenn es mal etwas knapp wird.

In Batman: Arkham Origins ist aber Schluss mit dieser Gangster-Ehre. Die Feinde stürmen in Horden auf Batman ein und weigern sich zum Teil sogar, auf Flächenangriffe wie den Umhang-Schwinger zu reagieren. Vor allem, wenn dann noch mit Messern oder Schilden bewaffnete Spezialgegner antreten, wird es vollends chaotisch. Auch die Zeit, in der man kontern kann, scheint verkürzt. Aber ganz so einfach auf den Punkt bringen lässt sich das Problem nicht. Es fühlt sich an, als würde man ein Musikspiel mit verzögerten Eingaben spielen, was das Treffen des richtigen Timings manchmal zur Glückssache werden lässt.

Zudem werden die Kämpfe dadurch in die Länge gezogen, dass die Feinde gefühlt doppelt so oft wieder aufstehen als früher. Bisher ließ sich das gut mit einer Attacke verhindern, mit der Batman am Boden liegende Gegner ausknockt. Dabei war es so, dass die anderen Gauner rücksichtsvoll aus der Ferne zusahen oder zu spät von ihnen gestartete Angriffe ins Leere gingen. Nicht so im aktuellen Spiel. Hier können die Feinde diesen "Boden-Takedown" fast jedesmal eiskalt abbrechen. So wird Batman förmlich überrannt und muss jeden Gegner wieder und wieder umhauen. Seine Schläge wirken darum total schlapp und selbst wenn der kampfentscheidende Move schick in Zeitlupe zelebriert wird, kommt der dunkle Rächer reichlich zahnlos rüber.

Batman: Arkham Origins
Die frei beschwingbare Stadt ist nämlich mit ihren zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten geradezu ausladend. Die Storymissionen sind im Kontrast dazu extrem linear und engen uns ein.

Manchmal stellt er sich sogar schlichtweg dämlich an und verhakelt sich bei Objektinteraktionen wie Klettern oder Fallenlassen. Selbst ein simples Treppengeländer kann so zum unüberwindlichen Hindernis werden. Wenn auf der anderen Seite dann noch ein Bösewicht mit MG steht, ist das natürlich höchst frustrierend. Auch das Lauftempo der Fledermaus wurde scheinbar gesenkt. Ohne die Renn-Taste wird die Flucht aus brenzligen Situationen oder auch nur das Anschleichen an Gegner von hinten zur Geduldsprobe. Weil die Sprint-Funktion auf der X- bzw. A-Taste liegt, kann man dabei nämlich die Kamera nicht mehr justieren. All das führt dazu, dass die Kämpfe nicht mehr so viel Spaß machen. Dabei sind sie das absolut zentrale Spielelement.

Zwar kann man es durchaus schaffen, sich in einer Schleich-Arena unbemerkt zum Ausgang durchzuwieseln und dann - pures Adrenalin schwitzend - mit dem Codebrecher das elektronische Türschloss zu überwinden. Doch dann überrascht einen das Spiel mit dem Hinweis, dass trotzdem erst alle Gegner ausgeschaltet werden müssen. Das ist mehr als schade und zeigt sehr deutlich das andere große Problem des Spiels.

Die frei beschwingbare Stadt ist nämlich mit ihren zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten geradezu ausladend. Die Storymissionen sind im Kontrast dazu extrem linear und engen uns ein. Obwohl es eine riesige Palette von Gadgets gibt, die zu einer etwas überladenen Steuerung führen, kann man jedes Puzzle nur auf genau eine Art lösen. Dabei wird einem wirklich jeder einzelne Tastendruck vorgegeben. Es sei denn, man stellt dieses Feature bewusst aus.

Batman: Arkham Origins
Das Spiel recycelt einerseits großflächig die sehr guten Anlagen der beiden Vorgänger.

Im Open-World-Teil stößt man hingegen immer wieder auf Probleme, weil man zu sehr alleine gelassen wird. So kann man ewig an der Lösung eines Puzzles tüfteln, ohne zu ahnen, dass es mangels Story-Fortschritt noch gar nicht lösbar ist. Wenn Batman dann noch bei einer Gleit-Aktion im Boden steckenbleibt oder die Feinde in einem Kistenstapel zappeln, wird ganz klar, was hier fehlt: der Feinschliff.

Das Spiel recycelt einerseits großflächig die sehr guten Anlagen der beiden Vorgänger. Grafikelemente, Sounds und sogar Animationen sind vielerorts absolut identisch übernommen. Viele Locations wirken deswegen wenig originell und auch die Story schleppt sich eher voran, als dass sie einen mitreißt. Selbst vermeintlich überraschende Wendungen werden durch viel zu deutliche Hinweise vorhersehbar. Von den Titelgebenden Ursprüngen merkt man nicht all zu viel, eine Prise mehr "Batman Begins" wäre schön gewesen.

Immerhin legt die Story in ihrem Verlauf an Spannung zu und bietet durchaus interessante Ideen. So gibt es zum Beispiel den Detektivmodus, in dem es gilt, wie bei CSI einen Tathergang zu ermitteln. Dann gibt es wiederum kurze Sequenzen, in denen man mit anderen Figuren unterwegs ist, oder alptraumartige Szenarien durchlebt. Wie in den Vorgängern sind hier sogar Passagen dabei, die an einen Side-Scroller erinnern. Der spielerische Gehalt ist jedoch eher gering. Man ahnt jederzeit, dass als nächstes wieder eine der chaotischen Massenkloppereien wartet. Durch das schwammige Gefühl bei den Eingaben werden auch viele Bosskämpfe verhagelt, die eigentlich nichts weiter sind, als Massenkloppereien mit besonders starken Gegnern. Aber auch hier gibt es einige Ausnahmen, die wirklich interessant und spaßig sind.

Batman: Arkham Origins
Unterm Strich bleibt Arkham Origins damit ein sehr umfangreiches und durchaus gutes Spiel, dem nur leider der Makel anhaftet, der schlechteste Teil der Trilogie zu sein.

Wird der Frust in der Story mal zu groß, bleibt zum Glück noch das Aufleveln in der offenen Spielwelt sowie in der Bat-Höhle. Durch das Training kann man spürbar besser werden und dann doch irgendwann mal eine perfekte 50er-Combo hinlegen. Mit freigeschalteten Special-Moves und später im Spiel erlangten Gadgets lassen sich die Gegner dann deutlich schneller ins Land der Träume schicken. Das Gefühl der vollständigen Kontrolle, wie es andere Kampfspiele nach entsprechender Einarbeitung bieten, will sich hier aber trotzdem nie so ganz einstellen. Dafür ist das Ganze zu chaotisch und hakelig.

Somit ist für Batman: Arkham Origins die Chance eines Lizenzspiels zur Gefahr geworden. In dem unbedingten Wunsch, den Vorgänger an schierer Größe zu übertreffen, haben sich die Entwickler in einem Rausch aus Figuren, Geschichten und Anspielungen verloren und dabei die größte Leistung der Serie aus den Augen verloren: die perfekte Spielbalance. Unterm Strich bleibt Arkham Origins damit ein sehr umfangreiches und durchaus gutes Spiel, dem nur leider der Makel anhaftet, der schwächste Teil der Trilogie zu sein. Wer die Vorgänger noch nicht kennt, braucht also keinesfalls mit den "Ursprüngen" (Origins) anzufangen - denn Batman: Arkham Asylum ist das Kronjuwel. Wer dazu noch Open-World braucht, kann dann mit der City weitermachen. Ist dort jeder Stein umgedreht, wartet mit Origins weiteres Futter. Das ist vielleicht nicht mit ganz so viel Liebe gekocht, macht aber durch die schiere Quantität ordentlich satt.

Einen weiteren Punkt auf dem umfangreichen Menü konnten wir im Rahmen dieser Kritik noch nicht einmal probieren: den brandneuen Multiplayer-Modus. Der klingt vom Konzept her wirklich spannend und innovativ. Die Spieler übernehmen die Rollen von rivalisierenden Gangsterbanden, die sich gegenseitig bekriegen. Zwei weitere menschliche Spieler schlüpfen zusätzlich in die Haut von Batman und Robin, die den Unterweltlern aktiv dazwischen funken. Das Ganze wurde unabgängig vom Hauptspiel von den Mehrspielerexperten von Splash Damage (Brink) entwickelt und ist auf jeden Fall einen Blick wert. Die Wertung ändern wird aber auch der Multiplayer nicht.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Gigantischer Umfang mit vielen neuen Gegnern, riesige Stadt
-
Fehlender Feinschliff, hakliges Gameplay in den Kämpfen, viel Recycling
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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