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Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies

Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies

Es heißt wieder: Einspruch! Phoenix Wright ist zurück im Gerichtssaal - mit Verstärkung, viel Humor, einer tollen Story und tiefen Einblicken in 3D.

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Richter: "I heard the word 'objection', but what is it you object?"
Apollo: "It was more a reflex than anything else..."

Der obligatorische Ruf "Objection" (übersetzt: Einspruch) ist das Markenzeichen der Phoenix Wright-Serie und wird uns auch im neuesten Abenteuer des Anwalts alle Nase lang um die Ohren geballert. Die Eingewöhnungszeit beträgt deshalb quasi null Minuten. Der Bildschirm geht an und wir sind sofort mitten drin: Im ersten Fall, auf der Verteidigerbank im Gericht, gerade jetzt, als das Justizsystem seine schwärzeste Stunde durchlebt - eben in Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies.

Zeit zum Luftholen und Sortieren bleibt nicht. Der erste Fall beginnt gleich mit einem Knaller, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Gerichtssaal 4 wurde durch eine Bombe in Schutt und Asche gelegt. Als sich der Rauch verzogen hat, wird im Saal eine Leiche gefunden. Unter Hauptverdacht steht ein labiles Mädchen mit einer Vorliebe für Sonnenblumen: Juniper Woods. Klingt nicht ganz nach der typischen Verdächtigen, doch die Beweise sind erdrückend. So befinden sich etwa ihre Fingerabdrücke auf dem Plüschtier, in dem die Bombe ursprünglich versteckt wurde. Die Lage scheint ausweglos.

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Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual DestiniesPhoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies
Oft heißt es lesen, lesen, lesen, lesen, lesen, lesen. Denn: Der Mammutteil der Geschichte und des Spiels selbst wird über Dialoge vermittelt, die uns leider nur in Englisch serviert werden.

Doch zum Glück hat Juniper Anwälte an ihrer Seite, die felsenfest von ihrer Unschuld überzeugt sind. In deren Rolle sollen wir den wahren Täter überführen. Neben Apollo Justice, der wieder als spielbarer Charakter zur Verfügung steht, gehört dazu ganz überraschend auch Phoenix Wright. Der Hauptcharakter der ersten drei Phoenix Wright: Ace Attorney-Titel hat seine Anwaltszulassung also zurück. Komplettiert wird die Verteidigung durch das neueste Mitglied Athena Cykes, einer ungestüme Junganwältin, die einige Zeit in Europa gelebt hat und deshalb immer mal wieder deutsche, spanische oder französische Wörter einbaut. Spezialisiert hat sich die neue Assistentin, übrigens eine Jugendfreundin von Juniper ist, auf Analytische Psychologie.

Wie nützlich, denn vielen Zeugen muss bei der Wahrheitsfindung wieder auf die Sprünge geholfen werden. Mit Hilfe ihrer intelligenten Kette offenbart Athena die Gefühle der Befragten hinter bestimmten Aussagen und erstellt eine Emotionsmatrix. Haken wir dann genauer nach, wenn sich Unstimmigkeiten in der Gefühlslage zeigen, werden Berichte ausgebessert und neue Informationen erschlossen. Natürlich lässt sich, wie schon bei den vorherigen besonderen Fähigkeiten der Charaktere, dieses nützliche Feature nur dann einsetzen, wenn das Spiel es vorsieht.

Sonst müssen neue Spuren durch die richtigen Beweise zur richtigen Zeit freigelegt werden. Bis dahin heißt es lesen, lesen, lesen, lesen, lesen, lesen. Denn am eigentlichen Gameplay hat sich nichts geändert. Der Mammutteil der Geschichte und des Spiels selbst wird über Dialoge vermittelt, auf die wir bis auf das Nachhaken im Gerichtssaal und dem Liefern von Beweisen keinen Einfluss nehmen. Wen das interaktive Buchlesen bisher nicht gestört hat, der wird es auch in diesem Teil lieben. Wer damit vorher nichts anfangen konnte, sollte wohl auch jetzt besser die Finger davon lassen.

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Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies
Die erzählten Fälle sind abwechslungsreich, spannend, überraschen mit einigen unerwarteten Wendungen und werden durch die Verbindungen zwischen den Hauptcharakteren geschickt miteinander verknüpft.

Schade wäre es allemal, denn die erzählten Fälle sind abwechslungsreich, spannend, überraschen mit einigen unerwarteten Wendungen und werden durch die Verbindungen zwischen den Hauptcharakteren geschickt miteinander verknüpft. Neben dem zerstörten Gerichtssaal besuchen wir ein abergläubisches Dorf und eine Universität. Zwischen einzelnen Gerichtstagen werden die teils langatmigen Gespräche durch eigene Forschungen aufgelockert, den großen zweiten Aspekt der Serie. Das bringt zumindest optisch mehr Spaß: Durch das neue 3D-Feature bewegen wir uns im Raum, betrachten jeden Tatort aus unterschiedlichen Winkeln von oben wie unten. Es wird untersucht, gemutmaßt, gesammelt - das macht Spaß, aber wir erhalten leider viel zu selten die Gelegenheit dazu.

Mit dem Beweismaterial stellen wir uns dann erneut dem Gericht oder bei Befragungen außerhalb einigen herrlich absurden Charakteren. Einer von ihnen ist etwa Florent L'Belle, der Assistent eines wegen Mordes angeklagten Bürgermeisters, der auf den Schulter eingenähte Handys trägt und noch im Zeugenstand damit seine Termine abklärt. Für Justizia in Japan offenbar kein Problem. Da stört es auch kaum, dass der neue Gegenspieler, Staatsanwalt Simon Blackquill, selbst ein verurteilter Mörder ist und für den Prozess in Ketten ins Gericht gebracht wird.

Neben einigen neuen Charakteren und Staatsanwälten gibt es auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Klavier Gavin, Miles Edgeworth oder Phoenix Wrights Tochter Trucy Wright. Natürlich darf auch mein ganz persönlicher Liebling nicht fehlen: der dauerverwirrte, glatzköpfige Richter, der wie so oft genau deshalb für einen Großteil der Lacher im Spiel sorgt.

Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies
Natürlich darf auch mein ganz persönlicher Liebling nicht fehlen: der dauerverwirrte, glatzköpfige Richter, der wie so oft genau deshalb für einen Großteil der Lacher im Spiel sorgt.

Kleiner Wermutstropfen: Man versteht die Gags nur, wenn man fit in Englisch ist, denn Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies erscheint im Nintendo-eShop Ende Oktober ausschließlich in Englisch. Deutsche Bildschirmtexte sind nicht geplant. Gerade weil das Spiel seinen Fokus so stark auf die Geschichte legt und viel gelesen werden muss, reichen einfache Grundkenntnisse deshalb nicht aus. Das Vokabular wird vor allem auf Sprichwörter, Rechtswissenschaftsjargon und Wortwitz getestet. Wer da Nachholbedarf hat, wird nicht viel Freude am vielen Lesen der Dialoge und Gerichtssitzungen finden.

Für wen das allerdings kein Problem darstellt, der kann die neue Gestaltung des Spiels fernab des Textes auf dem 3DS so richtig genießen. Die Kamera schwenkt immer mal wieder raus aus dem Geschehen, es wird zwischen Staatsanwalt und Verteidigung hin und her gewechselt und die Figuren wirken durch ihre Eigenheiten und eigentümlichen Bewegungen lebendig. Hin und wieder gibt es einige einführende oder abschließende Zwischensequenzen zu bewundern. Wirklich wunderschön. Die grafische Tiefe kann leider nicht über die fehlende Tiefe der Persönlichkeit einiger Charaktere hinwegtäuschen. Gerade die Täter sind häufig zweidimensionale Persönlichkeiten mit niederen Beweggründen, an denen kein einziges gutes Haar gelassen wird und die ausschließlich böse sind.

Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies erzählt Geschichten über den Wert der Freundschaft und der Familie, über Zusammenhalt und den Glauben an die Gerechtigkeit. Unser aktiver Part am Erleben dieser Storys ist die Überführung des wahren Täters, denn an die Unschuld unseres Klienten müssen wir, so sagt es Phoenix Wright selbst, immer glauben - ganz gleich, was der selbst von seiner Schuld halten mag. Gern machen wir das vor allem, weil die Fälle unterhaltsam und spannend erzählt werden und gut geschrieben sind. Langweilig wird es nie, selbst wenn wir manchmal schon von Beginn an wissen, wer der Täter ist. Und Überraschungen gibt es immer.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
tolle 3D-Implementierung, Zwischensequenzen, fesselnde Fälle mit überraschenden Wendungen, überzeugender neuer Hauptcharakter und Gegenspieler, toller Humor, schrullige Figuren
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Erkundungen sind zu selten möglich, Bösewichte sind oft zweidimensional
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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