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Civilization V

Civilization V: Brave New World

Es ist die zweite Erweiterung von Civilization V und die soll die kulturelle Vielfalt erhöhen und preist Diplomatie vor Gewalt an.

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Firaxis bricht in die schöne neue Welt auf. Fast zwei Jahre ist es her, dass Civilization V erschienen ist. Und nach Gods & Kings kommt mit Brave New World nun die zweite Erweiterung für das Strategiespiel. Es ist offenbar der gleiche Zeitplan wie damals bei Civilization IV, der uns im richtigen Rhythmus mit frischem Futter versorgen soll. Für das neue Paket wird offensiv damit geworben, in Sachen Kultur und Diplomatie die meisten Veränderungen zu bringen. Für Kritiker des Spiels ist das natürlich Wasser auf ihre Mühlen. Erneut widmet man sich also jenem Teil des Spiels, der eigentlich nichts mit Kriegsführung zu tun hat. Doch statt den alten Kaffee wieder aufzuwärmen, schauen wir uns die Neuerungen einmal genauer an.

Weiterhin gibt es einen neuen Kultursieg, der erreicht wird, wenn unser kultureller Einfluss bei allen Gegnern einen gewissen Punkt erreicht. Dafür gibt es jetzt drei Typen von künstlerischen Persönlichkeiten - Schriftsteller, Maler und Musiker. Taucht einer von ihnen bei uns auf, können wir ihn direkt einsetzen, um viel Kultur zu erzeugen oder aber wir lassen ihn ein Werk erschaffen, stellen es in einem dafür vorgesehenen Gebäude oder einem Weltwunder aus und bekommen in jeder Runde Kultur und Tourismuspunkte. Je stärker unser Fokus auf Kultur ist, desto mehr solcher Persönlichkeiten werden geboren. Dadurch wächst unser Einfluss auf andere Völker. Tatsächlich ist das ein ziemlich interessantes System, dass sich in der Realität vielleicht über schwedische Popmusik, italienische Opern und deutsche klassische Literatur übertragen lässt.

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Für das neue Paket wird offensiv damit geworben, in Sachen Kultur und Diplomatie die meisten Veränderungen zu bringen.
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Angepasst wurden hierfür auch die Eigenschaften der Völker, Gebäude und Religionen, die uns beim Erreichen des Sieges nützlich sein können. Außerdem gibt es eine neue Sozialpolitik namens Ästhetik, die speziell auf Kulturschaffende abgestimmt ist. Die zweite neue Politik trägt den Namen Erkundung und unterstützt die Forscher und Händler unter den Civilization V-Freunden. Es profitieren unter anderem Einheiten zur See von diesem Zweig. Die drei Sozialpolitiken Freiheit, Autokratie und Ordnung gibt es nun als solche nicht mehr. Aus ihnen wurden Idiologien, die das Diplomatie-System beeinflussen. Völker, die unsere Ideologie teilen, sind uns wohlgesinnter als jene, die einer anderen folgen. Auch hier sind im Abgleich mit der Realität etwa Konflikte zwischen westlichen Demokratien mit Systemen wie in vielen Staaten in der arabischen Welt aufgeführt.

Trotz eventueller Unstimmigkeiten mit Partnern, hilft natürlich eine bestimmte Ideologie auch dabei, schneller ein gewünschtes Ziel zu erreichen. Die Fähigkeiten, die jede Ideologie mit sich bringt, lassen sich über dasselbe System ausbauen wie auch die verbliebenen Sozialpolitiken. Ist eine Hochstufung durch genügend Kulturpunkte möglich, müssen wir entscheiden, ob lieber in Ideologie oder in Sozialpolitik investiert werden soll. Firaxis hat auf Grund der vielen neuen Möglichkeiten offenbar auch an ein paar Stellschrauben gedreht, um das Tempo beim Ausbau zu erhöhen. Somit können wir in den ersten Runden schneller eine neue Politik einführen.

Wer gerne den Forscher spielt, darf sich übrigens jetzt auch über eine Einheit freuen, die das beflügelt. Der Archäologe taucht relativ spät im Spielverlauf auf und kann auf der Welt gleichmäßig verteilte Grabstätten und Ruinen untersuchen. Nachdem die Ausgrabungen abgeschlossen sind, können wir wie beim Künstler entscheiden, ob das Ergebnis ausgestellt werden soll oder wir es direkt investieren. In dem Fall kassieren wir aber Tourismus und nicht Kultur. Wer aber auf einen Kultursieg setzt, für den sind diese Punkte ziemlich wertvoll. Als kleines Extra tauchen diese Punkte überall dort an der Karte auf, wo ein bestimmtes Ereignis wie ein Krieg stattfand oder eine alte Siedlung vorhanden war. Dies zu entdecken ist also gleichzeitig eine kleine Zeitreise ein paar Runden zurück.

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Eine der neuen Nationen ist Venedig, die vor allem auf den Handel ausgerichtet sind und im Grunde nur aus einer einzelnen Stadt bestehen.
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Ein anderes kleines Extra sind die Handelsrouten. Eine Karawane oder ein Frachter können für zwanzig Runden eine feste Route in eine ausgewählte Stadt planen. Innerhalb des eigenen Landes lässt sich damit Nahrung und Produktion transportieren. Schicken wir die Einheiten in Stadtstaaten gibt es Gold und religiösen Einfluss, in die Städte anderer Völker kommt eventuell noch eine Unterstützung zur Forschung dazu. Die Zahl der Routen ist begrenzt und ihre Gewichtigkeit nimmt im Verlauf des Spiels etwas ab. Aber die Möglichkeit, religiösen Druck auszuüben, kann ziemlich nützlich sein. Wenn später im Spiel große Persönlichkeiten durch Glauben erworben werden können oder aber beispielsweise unsere Ideologie den Bau von Gebäuden durch Glauben ermöglicht, dann wünschen wir uns natürlich schon, die eine eigene Weltreligion am Start zu haben.

Das letzte größere neue Element ist der Weltkongress. Dieser ist vor allem ein diplomatisches Mittel, das aber auch unserem Land dienlich sein kann. Darüber lassen sich regelmäßig Abstimmungen durchführen, die etwa Sanktionen beinhalten, den Einsatz von Ressourcen begrenzen oder aber Luxusgüter einschränken. Es lassen sich wunderbare kleine Intrigen stricken und unliebsame Gegner ins Abseits drängen. Wer gut im Ränkespiel ist, kann sich über den Weltkongress auch als kleine Partei durchsetzen. Denn durch die Allianz mit Stadtstaaten erhalten wir auch mehr Stimmrecht. Es ist schön, dass inzwischen die einzelnen Elemente so gut zusammenspielen. Vor zwei Jahren war die Bedeutung von Stadtstaaten beispielsweise noch etwas eingeschränkt.

Ja, tatsächlich ergänzt Firaxis einige Elemente, die langjährige Anhänger der Reihe freuen werden. Doch ein schaler Beigeschmack bleibt. Nachdem ich viele Stunden damit verbracht habe, könnte ich trotzdem nicht wirklich sagen, was beim Spielgefühl so richtig anders ist. Natürlich gibt es interessante Neuerungen, die sich problemlos aufzählen lassen - wie in den Zeilen weiter oben ja auch passiert. Sie sorgen aber eben für keine Revolution. Vielleicht lässt sich sagen, dass die Erfahrung ist insgesamt runder geworden und sich jetzt der Spannungsbogen gleichmäßiger über die gesamte Spielzeit zieht.

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Die Diplomatie wird mit dem Weltkongress aufgewertet und macht es militärisch schwachen Nationen leichter.

Dieses ambivalente Gefühl hat bereits die Erweiterung Gods & Kings hinterlassen. Natürlich wollen wir nicht auf die neuen Möglichkeiten verzichten, aber ist dafür auch der Preis von 30 Euro gerechtfertigt, den Take Two abkassiert? Brave New World geht mit dem Versprechen an den Start, vor allem die zweite Spielhälfte interessanter zu machen. Und das ist dem Team ohne Zweifel gelungen. Der neue Fokus auf Kultur erhöht das gesamte Tempo vom Spiel und sorgt dafür, dass jeder einzelne Zug mehr Bedeutung bekommt.

Für eher forsche Spieler bietet das Paket vermutlich weniger Inhalt, aber immerhin sind auch neue Nationen, Technologien, Einheiten und Szenarien am Start. Napoleon geht beispielsweise für die Franzosen an den Start und verdoppelt die Wirkung von Weltwundern in der Hauptstadt. Pocatello von den Schononen sorgt dafür, dass jede Stadt zum Start ein größeres Einzugsgebiet hat. Und es gibt interessante Konstellationen wie Enrico Dandolo mit den Venezianern. Die können keine Siedler bekommen oder Städte annektieren. Aber sie sind auf Handel ausgerichtet und nachdem Optik erforscht wurde, erscheint der Kaufmann von Venedig, der sich in Stadtstaaten einkaufen kann.

Die Wahrheit über Civilization V: Brave New World ist vermutlich, dass diese Erweiterung niemand wirklich braucht, aber dennoch keiner missen wollen wird. Wer einmal das angepasste Politiksystem genutzt hat, wird ungern zur alten Version zurückkehren wollen. Und das wiederum betrifft gleichermaßen alle Freunde von Civilization V. Und wer noch immer süchtig nach dem Spiel ist und bis zum Morgengrauen nicht Hände von Maus und Tastatur lassen kann, der wird sowieso zuschlagen - weil bereits klar ist, dass sich vielleicht über den Preis vom Stoff streiten lässt, nicht aber über seine Wirkung.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
neue Features perfekt verzahnt, Stadtstaaten mit mehr Bedeutung, Politiksystem mit Ideologien verfeinert, Kultursieg ohne Krieg möglich, interessante neue Völker und Szenarien
-
manche Neuerungen wären schon zum Start toll gewesen, wir brauchen die Erweiterung nicht, aber können trotzdem nicht mehr ohne sie sein
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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