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Fuse

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Insomniac Games versuchten, ihr großes Koop-Wissen im Auftrag von EA in ein erwachseneres Action-Spiel zu verpacken. Gut geklappt hat das nicht.

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Diese Roboter-Hackfresse will auf Teufel komm' raus einfach nicht verrecken. Nur noch zwei Spieler sind am Leben. Der Typ am Geschütz und ich. Unentwegt schießt er mit der stationären Kanone die herannahenden Hubschrauber ab. Ich versuche derweil, das Missionsziel zu erfüllen. Wir müssen diesen Panzerkrieger töten. Aber der hat ein munitionsfressendes Schild und teilt massig Schaden aus - mit seiner eigenen Minigun. Außerdem verschießt er Kanonen und wie gesagt; es kommen ständig Helikopter und bringen Verstärkung. Bei einer dieser Wellen hat es auch die armen Zuschauer erwischt. Seit zehn Minuten sind sie gezwungen, auf die Erfüllung der Aufgabe zu warten. Aber das braucht seine Zeit. Und eine Besserung ist nicht in Sicht...

Mein Mitspieler hat sich nämlich eine ganz eigene Aufgabe gesucht. Ein zerstörter Transporthelikopter hat eine höhere Chance, begehrte Goldsäcke fallen zu lassen. Welche er ganz offensichtlich lieber sammelt, als unseren Verbündeten den Respawn zu erlauben. Immer wieder rennt er diese halsbrecherischen Manöver, nur um an den Zaster zu kommen. Nachdem ich ihm eine Kiste Goldbarren stibitzt habe, wirft er mich aus der Runde. Wer ist also schlimmer? Der Recyclingmülleimer oder Dagobert Duck?

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Alles in Fuse bringt mehr Spaß im Koop-Modus, aber auch da eben nicht immer.
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Zumindest im Echelon-Modus von Fuse haben gewissenhafte Spieler mehr als nur einmal die Möglichkeit, sich über die Geldgier und gleichzeitige Unachtsamkeit ihrer Verbündeten aufzuregen. Diese objektorientierte Wellenabwehr nimmt den Multiplayerpart des Third-Person-Shooters ein. Die nebensächliche 08/15-Kampagne macht vor allem im geteilten Bildschirm oder online mit Freunden Spaß. Solospieler werden nur eine mäßige Spielerfahrung genießen. Dank der allgemeinen Spielmechanik und der starken Fokussierung auf den Deckungskampf erinnert Fuse an berühmte Vertreter des Genres. Also wieder ein Spiel, das dreist bei Gears klaut? Vielleicht, aber das stört erst einmal nicht. Denn während des Spielens konzentrieren wir uns hauptsächlich auf das effektvolle Ausschalten der nächsten Gegnerhorden. Und das ist die wahre Stärke von Fuse.

Als eines von vier Mitgliedern der Overstrike 9-Einheit retten wir in der über sechs Kampagnenabschnitte andauernden Eskalation die Welt vor gefährlichen Terroristen. Die geringe Zahl der Kapitel liegt nicht schwer im Magen, da sich jede Mission über mehr als eine Stunde erstreckt. Ebenso ist es bei den Echelon-Missionen. Wer alles einmal spielt, ist gut und gerne 15 Stunden beschäftigt. Mit zunehmender Spezialisierung der persönlichen Kräfte werden im Lauf der Geschichte aus den einfachen Söldnern tödliche Mordkommandos. Während Jacob aus sicherer Entfernung Feinde mit seiner Armbrust ausschaltet, muss der Squadleader Dalton immer an vorderster Front stehen. Er kann ein halbdurchlässiges Magnetschild aufstellen. Dieses komische Teil, aus Halo 3 weltbekannt, ist im Kampf ein tolles Extra. Verbündete schießen hindurch, während feindliche Munition stecken bleibt. Solange dieser Schild steht, hat Dalton nur einen Druckwellenangriff und kann nicht selbst schießen.

Die Frauen des Teams haben derweil deutlich schlagkräftigere Argumente. Die Technikerin Naya erzeugt mit ihrer Wumme schwarze Löcher und saugt naheliegende Gegner in diese Singularitäten. Die rothaarige Izzy verschießt Melanitstacheln, die die Chance haben, Feinde zu kristallisieren. Im späteren Verlauf lässt sich pro Held noch eine weitere Zusatzfähigkeit erwerben, die taktische Komponenten in die Feuergefechten bringen. Jacobs Bolzen etwa können auf Befehl gefährliche Explosivfallen bilden.

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Während des Spielens konzentrieren wir uns hauptsächlich auf das effektvolle Ausschalten der nächsten Gegnerhorden.
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Die unterschiedliche Charakterspezialisierung erzeugt im Zusammenhang mit dem zahlreichen Kombinationsangriffen explosive Effektfeuerwerke. Wenn beispielsweise Naya durch das Schild von Dalton schießt und ihre Singularitätsfähigkeit aktiviert wird, potenziert sich dank des Schildes ihr eigener Effekt und eine riesige Todeskugel entsteht. Sind die Feinde nun noch zusätzlich durch Izzy kristallisiert werden sie zu gewaltigen Nagelbomben. Dadurch freuen wir uns ständig auf den nächsten Kampf.

Die Gespräche in der belanglosen Kampagne sind teilweise schwer zu ertragen. Wenn Jacob nebenbei mit hysterischer Stimme verkündet, dass er schon sein Bestes gibt ... da ist die Rollenverteilung nicht immer ganz nachvollziehbar. Die Machosprüche des Squadleaders Danton könnten aus Far Cry 3: Blood Dragon stammen und irgendwie sind alle Charaktere einfach furchtbar flach. Teilweise sind die Sprüche so peinlich, dass man sich spontanes Fremdschämen nicht verkneifen kann.

Merkwürdig sind auch die aufgesetzt wirkenden Kletterpassagen. Dieses Herumgeturne sieht furchtbar lächerlich aus. Auch der Zwang der Koop- Mechaniken ist auf Dauer ziemlich lästig. Zum Öffnen einer Tür wird grundsätzlich die Hälfte des Vierer-Teams benötigt. An gewissen Punkten ist das sinnvoll. Beispielsweise wenn einer aus dem Team einen hochexplosiven Behälter herumträgt und die anderen Feuerunterstützung geben. Insbesondere im Solomodus ist das jedoch unmotivierend und dröge, vor allem weil an diesen Stellen die manuelle Charakterauswahl gesperrt wird. Immer bin ich der Doofe, der mit der gefährlichen Fuse-Brennstoffzelle zum Ziel rennen muss und dabei als Zielscheibe für feindliche Soldaten und Roboter dient.

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Die Helden labern viel und teilweise sind die Sprüche so peinlich, dass man sich spontanes Fremdschämen nicht verkneifen kann.

Das Feindespack besteht im Übrigen aus einer handverlesenen Auswahl der besten Reagenzglassöldner und siamesischen Robotercyborgs. Hubschrauber und Kampfjets stellen die größeren Patronenfresser dar. Alle sehen sie gleich aus und weisen nur schemenhaft Unterschiede auf. Beispiel gefällig? Der unvermeidliche Totenkopfaufdruck auf dem Helmvisier eines herannahenden Panzerkriegers ist so eines. Call of Duty: Ghosts lässt grüßen.

Merkwürdig ist auch, dass regelmäßig die Warnung eines Kollegen erscheint, dass wir besonders leise vorgehen sollen. Nun können wir möglichst langsam unachtsame Feinde erledigen. Blöd ist nur, dass die weit entfernten Gegner geschützt sind und uns sofort entdecken. Ist also sinnlos, bringt aber Abwechslung in die Feuergefechte. Außerdem führt es unweigerlich zu lustigen Ereignissen. Dann etwa, wenn zwei gewaltige Panzerkrieger um meinen Helden herumtanzen und ihr tödliches Duett meine Figur nicht zu interessieren scheint, da sie gerade einen umherlaufenden Soldaten mit einem Nahkampfangriff erledigt. Es gibt mehrere Stellen, an denen ich mich unweigerlich vor den Kopf gestoßen gefühlt habe. Alle Wege sind versperrt und es gibt kein Weiterkommen? Prompt wird ein Loch in die Wand gesprengt. Das C4 ist so stark, dass es die Wand ringsherum ausradiert, aber die beiden Helden stehen wenige Zentimeter neben der Explosion und schützen sich mit ihren Händen. Aber irgendwie ist ja klar, dass es in Fuse nicht darum geht.

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Die Umgebung ist detailliert gestaltet, aber das Gameplay ist strikt linear gehalten.

Die Umgebung ist detailliert gestaltet, aber das Gameplay ist strikt linear gehalten und bietet kaum eine Möglichkeit, den vorgegebenen Weg zu verlassen. Fast ohne Ausnahme bewegt sich das Killerquartett durch Forschungslabore und militärische Bunkeranlagen. Glitzernde Goldbarren und andere Sammelobjekte für zusätzliche Erfahrung sind dennoch überall zu finden. Kleinigkeiten wie zerschossene Sicherheitscenter, herunterhängende Kabel und sprühende Funken fangen die chaotische Atmosphäre ein und generieren ein tolles Szenario.

Aber vor allem die Außenareale bieten mehr Abwechslung. Zum Beispiel im dritten Kampagnenlevel, in dem wir auf einer Insel im südchinesischen Meer herumtoben dürfen. Dort sind zum ersten Mal starke Farben zu sehen und das blendende Licht der untergehenden Sonne. Ansonsten wirkt die Grafik etwas grob und altbacken, wenn auch zweckdienlich. Eine solide Leistung, wie auch der Rest.

Die wuchtigen Explosionen und die eigenartigen Waffen erzeugen stets markante Geräusche, die nach langen Spielsessions im Ohr bleiben. Auch bei der Steuerung braucht niemand zu meckern, obwohl sie nicht gerade variabel ist. Zu unschönen Überlappungen führt derweil das Drücken der Aktionstaste. Insbesondere, wenn viele Objekte beieinander liegen, ist das ein großer Frustfaktor.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Herausforderungen, Actionfeuerwerk, Koop-Flair
-
Daueraction, Solomodus uninspiriert, belanglose Kampagne, Technikfehler
overall score
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