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Red Faction: Armageddon

Red Faction: Armageddon

"Never change a winning team" ist eine bekannte Erfolgsformel. Davon abzuweichen, ist entweder mutig oder leichtsinnig. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt. Red Faction: Armageddon jedenfalls macht praktisch alles anders als sein Vorgänger. Und das klappt leider nur bedingt. Doch einer Sache können sich Fans der Reihe sicher sein: Es wird immer noch reichlich zerstört.

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Vieles ist zum Glück gleich geblieben. Wir sind immer noch auf dem Mars. Wir spielen immer noch einen Angehörigen der Mason-Familie - Darius um genau zu sein, den Enkel von Alec, der im Vorgänger noch für die Freiheit der Arbeiter kämpfte. Darius ist, wie die anderen Marsbewohner auch, dazu gezwungen im Untergrund zu leben. Kult-Anhänger haben nämlich den Terraformer zerstört und somit die Marsoberfläche unbewohnbar gemacht. Zu allem Übel lässt Darius unbeabsichtigt auch noch eine riesige Armee von Unwesen frei, die es von nun an zu bekriegen gilt.

Was allerdings noch viel wichtiger ist: Es geht immer noch darum, so viel wie möglich kaputt zu machen und das funktioniert so gut wie im Vorgänger. Über die Vorzüge der Geo-Mod-Engine muss eigentlich nicht viel mehr gesagt werden. Ansonsten haben die Entwickler praktisch alles über den Haufen geworfen, was den Vorgänger ausmachte. Während Red Faction: Guerrilla sozusagen ein Open-World-Spiel auf dem roten Planeten war und wir uns aussuchen konnten, welche Mission als nächstes dran ist, herrscht in Red Faction: Armageddon die absolute Linearität. Begründet wurde dieser Umbruch damit, dass der Fokus in diesem Spiel auf das Erzählen der Geschichte gelegt wurde. Ein nachvollziehbarer Schritt also. Leider geht die Taktik nur bedingt auf. Doch dazu später mehr.

Für ein Spiel, das im Jahr 2011 erscheint, sieht Red Faction: Armageddon eigentlich nicht sonderlich hübsch aus. Die Protagonisten weisen keinen hohen Detailgrad auf und auch die Texturen sind nichts besonderes. Dazu kommt die ziemlich triste Optik der Höhlen und der stürmischen Marsoberfläche. Was das Spiel am Ende doch wieder so ansehnlich macht, sind die imposanten Effekte der Waffen.

Red Faction: Armageddon
Was Red Faction: Armageddon so hübsch macht, sind die bombastischen Effekte. Ohne diese wär alles optisch bloßes Mittelmaß.
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Die Singularitätskanone beispielsweise, die Gegner in einem winzigen schwarzen Loch verschwinden lässt, macht allein schon darum so viel Spaß, weil sie so gut aussieht. Ebenso wie das Nanogewehr, das Gegner in einem coolen Effekt in Luft auflöst. Der Vorschlaghammer, das Markenzeichen Alec Masons aus dem Vorgänger, ist zwar auch wieder dabei, allerdings nun nur noch optional. Zudem ist er auch den Status als Markenzeichen los, denn den hat jetzt eine ganz besondere Waffe inne.

Die von den Entwicklern gefeierte Magnet Gun - und die lässt sich nur schwer beurteilen. Das Prinzip, mit dem ersten Schuss einem Gegenstand oder Gegner einen Magneten anzuheften und ihn dann mit dem zweiten Schuss ans gewünschte Ziel zu befördern, ist schon ziemlich genial. Allein deshalb, weil sich uns unzählige Verwendungsmöglichkeiten für die Magnet Gun offenbaren. Mehr als bei allen anderen Waffen, die uns in Shootern in die Hand gedrückt werden. Den Gegner anschießen und an die Decke schleudern? Oder vielleicht doch gleich in seine Kameraden hinein? Nein! Zuerst an die Höhlendecke schießen und dann riesige Felsbrocken auf die Feinde regnen lassen. Die Magnet Gun ist eine Waffe, die kreativ macht.

An dieser Stelle kommt jedoch das große Aber: Die Magnet Gun ist einfach zu mächtig. Ein gesamtes Haus gekonnt zusammen zu falten dauert auch nicht länger, als es mit zwei Raketen auseinanderzunehmen. Dazu kommt, dass die Magnet Gun keine Munition benötigt. Fast durch das komplette erste Drittel des Spiels rannte ich nur mit dem Teil durch die Gegend. Das wurde zwar mit der Zeit etwas dröge, es war jedoch die vernünftigste Spielweise. Effizient und sparsam. In diesen Spielabschnitten waren es viel mehr der Drang nach Abwechslung und meine Experimentierfreude und weniger die Gegnermassen, die mich zum Gebrauch der anderen Waffen nötigten.

Red Faction: Armageddon
Im weiteren Spielverlauf werden auch die Aliens immer zahlreicher. Das wird zwar immer anspruchsvoller, abwechslungsreich ist es aber nicht.
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Neben den zahlreichen Waffen steht Darius die so genannte Nano-Schmiede zur Verfügung, die jede Menge nützliche Fähigkeiten verleiht. Die praktischste und zugleich notwendigste ist die Reparaturfunktion, die wie durch Zauberhand all das wieder herstellt, was Darius zuvor zerstört hat. Brücken, Treppen, Generatoren, Pumpen, ganz egal. Irgendwie cool, aber auch irgendwie albern. Das zeigt sich in einer Szene, in der Darius' Freundin Kara versucht, per Schraubenzieher ein Gefährt wieder zu reparieren, obwohl wir es echt selbst regeln könnten.

Darüber hinaus beherrscht die Nano-Schmiede eine sehr mächtige Nahkampfattacke, die alles was sich vor einem befindet, weit nach hinten schleudert. Sehr hilfreich, wenn sich mehrere Gegner bereits in Beißweite befinden. Dieser Stoß darf im Spielverlauf sogar noch etwas frisiert werden. Benötigt wird dazu nur der Barschrott, denn wir praktisch überall finden. Auch die Zielgenauigkeit des Autofokus, Darius Gesundheit und jede Menge andere Dinge lassen sich verbessern.

Im Gegensatz zu anderen Spielen, die auf absolute Linearität setzen, sind in Red Faction: Armageddon nur sehr wenige geskriptete Szenen zu sehen, die zudem nur wenig Action bringen. An einer Stelle bricht beispielsweise eine Brücke mehrere Meter vor uns zusammen und stürzt in einen Fluss aus Lava. Gefährlich war das nicht auch nur im Ansatz. Ein Gefühl wie "das war ja mal knapp" stellt sich da gar nicht erst ein.

Red Faction: Armageddon
Die Nano-Schmiede ist ein äußerst hilfreiches Werkzeug. Dank ihr setzen wir zerstörte Objekte wieder in Stand und schicken Gegner mit einem mächtigen Schub auf die Reise.

Im ersten Drittel des Spiels bieten die Missionen wenig Abwechslung. Gehe dorthin, sammle das ein, repariere jenes - und dazwischen immer wieder kleinere und größere Gegnerwellen. Die von THQ für die späteren Level versprochene Abwechslung kommt zwar, nur irgendwie schafft es das Spiel nicht, dabei richtig Fahrt aufzunehmen. Was wörtlich zu verstehen ist. So fahren wir in einem Level auf einem Minenwagen durch den Untergrund, während wir einen riesigen Walker auf Distanz halten und uns gegen Gegner aus allen Himmelsrichtungen wehren. Das klingt im ersten Moment spannend. Der Minenwagen ist allerdings so unfassbar langsam, dass wir auch gleich hätten laufen können. Ähnlich lahm schippern wir auf einem Kahn im bereits erwähnten Lavafluss los.

Positiv fällt ein Level auf, in dem wir ein Fluggerät der Marauder steuern, was vom Gefühl her an Spiele wie Aquanox oder Forsaken erinnert. Dieser Abschnitt macht Spaß, ist aber leider viel zu kurz und wiederholt sich leider nicht. Neue Gegner oder schwerere Aufgaben gibt es ab einem gewissen Punkt auch kaum noch. Die Gegner werden in der Regel nur zahlreicher und die Aufgaben bleiben so simpel wie zu Beginn des Spiels. Wie wäre es mal mit einem Rätsel?

Für etwas Abwechslung außerhalb der Solokampagne sorgen immerhin der Koop- und der Zerstörungsmodus. Im Koop werden wir mit bis zu drei weiteren Spielern in kleinere Level gesteckt und müssen den Gegnerwellen trotzen. Dieser Modus ist zwar auch nicht sonderlich einfallsreich gestaltet, macht aber eine Menge Spaß. Vier Spieler und freie Waffenauswahl - da geht so einiges zu Bruch.

Red Faction: Armageddon
Kernaspekt der Red Faction-Reihe war immer Zerstörung und das ist auch im neuesten Teil so. Der Geo-Mod-Engine sei Dank.

Im Zerstörungsmodus verwandelt sich Red Faction: Armageddon in eine Highscore-Jagd. Hier können wir uns völlig ungestört auf einer kleinen Map austoben und mit geschickten Gebäudeabbrüchen und Sprengungen den Multiplikator in die Höhe treiben, Zeit-Boni kassieren und so immer mehr Punkte absahnen. Was wirklich traurig ist, ist dass es sich bei diesem Modus eigentlich um einen waschechten Download-Content handelt. Er muss per beiliegendem Code heruntergeladen werden. Gamer, die sich Red Faction: Armageddon gebraucht kaufen, müssen für den Modus extra bezahlen.

Der Sound in Red Faction: Armageddon ist sehr enttäuschend. Das liegt in erster Linie daran, dass dieser der Optik des Spiels nicht gerecht wird. Während vor unserer Nase Gebäude in gewaltigen Effektstürmen zusammenstürzen und wir uns vor Gegnerbeschuss aus allen Richtungen zur Wehr setzen, ist aus den Lautsprechern nicht viel zu hören. Eigentlich sollte man sich Sorgen um die Boxen machen müssen. Hinzu kommt, dass der Sound in den Zwischensequenzen so schlecht abgemischt ist, dass die Protagonisten kaum zu verstehen sind. Etwas verzweifelt wirkt der Versuch, Darius mit seinen trockenen Sprüchen zu einem Bad-Ass-Willis zu machen. Richtig cool geht anders.

Trotz der vielen Kritik ist Red Faction: Armageddon immer noch ein ordentliches Spiel, eine gute Sieben. Leider versäumt der Titel, mehr aus seinem Potenzial zu machen. Die Freude an der Zerstörung, welche die Serie auszeichnet, ist zwar der größte Spaßfaktor - für ein vollwertiges Spielerlebnis ist es aber doch etwas zu wenig. Eine bessere Inszenierung und eine ordentlich Portion Skripte hätten dem Spiel mehr als gut getan. Der Wechsel des Szenarios ist zwar schade, letztendlich bleibt er aber Geschmackssache.

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07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Wunderschöne Effekte, cooler Koop, ordentliche Spieldauer
-
Wenig Abwechslung bei Aufgaben und Gegnern, teils lahme Levelabschnitte, schlecht abgemischter Sound, etwas schwache Inszenierung, der eigentlich schöne Zerstörungsmodus nur für Erstkäufer inklusive
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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