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Test Drive Unlimited 2

Test Drive Unlimited 2

Ibiza und Hawaii, zwei Insel und darauf 3200 Asphalt- und Offroadstreckenkilometer, die wir in einem MOOR mit dem Rest der Welt teilen sollen, in einem Massive Open Online Racinggame. Test Drive Unlimited 2, so das Versprechen, will das ultimative, das einzig echte Onlinerollenrennspiel sein. Mal schauen, was die Leitungen so hergeben?

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Um es klar zu sagen: nicht viel. Denn die meiste Zeit waren die Server nicht online. "Diese Sitzung ist nicht mehr verfügbar", das habe ich mehr als einmal gelesen in den letzten 60 Stunden. Das hat dazu geführt, dass ich mehr als einmal gelangweilt die Xbox 360 einfach ausgeschaltet habe. Ich wollte online spielen, nicht alleine, aber das MOOR ließ mich nicht. Jedenfalls nicht vollständig. Immer wieder waren andere Spieler zu sehen, aber mit ihnen spielen, dass durfte ich fast nie. Am Vorabend des offiziellen Launches hat mich das Spiel überhaupt erst nicht ins Spiel reingelassen. Nach einer Stunde Ladebildschirm hab' ich aufgegeben. Am Tag danach war dann der teure Klub, den ich mühsam angelegt hatte, einfach verschwunden.

Dabei könnte es so schön sein, das MOOR, an einigen Stellen jedenfalls. Aber nicht nur wegen der schlechten Serverqualität ist Test Drive Unlimited 2 in meinen Augen ziemlich gegen die Wand gefahren.

Natürlich ist es nicht allein ein Onlinespiel. Es gibt eine ziemlich umfangreiche Story für Einzelspieler rund um eine Rennserie namens Solar Crown. Die dürfen wir durch eine glückliche Fügung mitfahren und müssen uns von Führerschein zu Führerschein und durch zahlreiche Rennserien für diverse Fahrzeugklasse aus den Bereichen Asphalt, Offroad und Klassiker kämpfen. Jeweils sechs Rennen sind es pro Serie. Die folgen immer dem gleichen Muster: Zeit jagen, Checkpoints kriegen, Rennen fahren. Nichts besonderes.

Test Drive Unlimited 2
Zwei Insel gibt's: Hawaii und Ibiza. 3200 Streckenkilometer - und größenteils dominiert optische Ödnis und wenig Verkehr...
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Richtig nett gemacht sind einzig die Rennen ohne Checkpoints, wo man Strafpunkte bekommt, sobald man die Strecke verlässt oder Kurven zu hart schneidet. Es kann trotzdem sinnvoll sein, einen Ausflug ins Grüne zu unternehmen und die Strafzeit zu kassieren, netto aber trotzdem schneller zu sein. Unlogisch ist dagegen, dass man in Meisterschaften jedes einzelne der sechs Events beliebig oft spielen kann, um dort den ersten Platz zu erreichen. Das ist keine Meisterschaft, dass sind sechs wiederholbare Einzelrennen. Immerhin gibt's für die Rennen Onlineranglisten, wo die Zeiten vergleichbar sind. Wenn sie den online sind...

Sehr schnell fällt zudem eines negativ auf: die gruselige deutsche Synchronisation. Die ist schlimm, richtig schlimm. Da die Solo-Erfahrung anhand einer Story erzählt wird, wo die Charaktere auch reden, fällt diese leider komplett durch. Inhaltlich ist sie ohnehin an Flachheit nicht zu überbieten. Macht aber nichts, denn wie Atari stets betont, geht es bei Test Drive Unlimited 2 um das kollektive Onlineerlebnis - und da hat das Spiel tatsächlich seine Stärken, auf dem Papier jedenfalls.

Super ist zum Beispiel, dass man online jederzeit jeden Spieler herausfordern kann, der in der eigenen Instanz mitfährt. Gerade an den neuralgischen Punkten wie Fahrschulen sind immer reichlich Spieler unterwegs - und ein schnelles Duell um ein bisschen Geld schadet nicht. Komisch ist nur, dass man dafür in den Autos bleiben muss, in denen das Duell gefordert wurde. Man sollte also schauen, mit wem man sich da einlässt. Diese Rennen können überall gestartet werden und es wird automatisch ein Streckenlayout generiert, egal ob es mitten in der Botanik oder mitten in der Stadt ist. Das ist super gemacht, dieser direkte Einstieg in ein Onlinerennen. Jeder Meter der Inseln, ob auf den Straßen oder neben ihnen, wird so zur Rennstrecke. Das ist echte Abwechslung.

Test Drive Unlimited 2
Der Fotomodus dient nicht dem Spaß, auch eine Herausforderung ist mit ihm verknüpft. Spielen will man die allerdings eher nicht.
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Online gibt's Solo- und Koop-Herausforderungen, eine Mischung aus Erfolgskonzepten, die schon bei Project Gotham Racing 3 oder Need for Speed: Hot Pursuit rockten. Richtig gut sind alleine die von Spielern selbst erstellten Rennen im Community-Rennzentrum. Dort kann man von anderen Spielern erstellte Herausforderungen fahren. Man muss Geld einsetzen als Startgebühr, um Geld als Belohnung zu kassieren. Die Herausforderung kann von jederman gefahren und danach bewertet werden - Social-Gaming-Elemente, auch das ist nicht neu. Mit dem eigenen Avatar können 60 Levelstufen in vier Kategorien erklommen werden, dazu müssen in bestimmten Bereichen Aufgaben erfüllt werden. Über 650 kleinen und große Herausforderungen versprechen die Entwickler.

Der Kram, den man alleine machen kann, der ist leider zum großen Teil öde. Die Fotografen-Missionen zum Beispiel: 20 Fotos an verschiedenen Plätzen der Inseln nachstellen mit bestimmten Autos zu bestimmten Tageszeiten - nicht wirklich, oder? Wie stumpf muss jemand sein, um das machen zu wollen? Da geht man ja noch lieber zu Dr. Riviera in die Schönheitsklinik, auch wenn die Gesichtsschönheitschirurgin den Avatar auch nicht hübscher macht. Cool ist nur, dass der Avatar nach der OP einen absurden Vollkopfverband trägt. Den würde ich gerne immer tragen können, leider verschwindet er nach einer Weile.

Vieles wirkt an vielen Stellen ähnlich künstlich aufgesetzt wie der Verband auf dem Avatarkopf. Das Rollenspiel-Universum fühlt sich vielfach ähnlich nutz- und sinnlos an wie Playstation Home oder Second Life. Die Avatare sind ein Musterbeispiel für den Uncanny Valley-Effekt. Man findet einfach keinen Bezug zu ihnen. Selbst nach der zehnten Schönheitsoperation gleichen sie sich und da helfen auch hunderte Kleidungsstücke von Hut, über die Sonnenbrille bis hin zu den Handschuhen nix. Die ganzen "coolen" Locations sind nur Fassade und lediglich zu kleinen Teilen begehbar. Im Luxus-Loft in den Pool springen, geht nicht. Die zweite Etage des Foto-Studios erkunden, geht nicht. Klar, darum geht's nicht. Aber man erwartet es einfach mittlerweile, eine als offene Welt verkaufte Welt so erleben zu können. Zudem ist es merkwürdig und verwirrend, dass man nicht mit dem Avatar an jeder beliebigen Stelle im Spiel zum Erkunden aussteigen kann.

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Das Community-Herausforderungszentrum, in seelenloser Optik, aber mit spannenden Aufgaben, gebaut von anderen Mitspielern.

Aber warum auch, man würde eh nichts interessantes sehen. Die Insel sehen beide einfach leer aus, seelenlos. Man hat nie das Gefühl, dass hier das Leben pulsiert. Gut, muss ja nicht immer jemand unterwegs sein auf der Straße zu Fuß. Aber auch der Verkehr bei den Rennen ist eher spartanisch. Die weitläufigen Autobahnen Ibizas und die noch weitläufigeren Highways auf Hawaii sind immer zu leer. Der einzige "Spaß" bleibt auf den langen Überlandfahrten zum nächsten Event zu versuchen, das FRIM-Modul im Auto (Free Riding Instant Money) auf Level 10 zu kriegen durch fehlerloses und trotzdem riskantes Fahren im spärlichen Gegenverkehr, durch Sprünge und Drifts. Wer's schafft, kassiert maximal 4000 Dollar, ein Witz für den Aufwand. Totalgelangweilte verursachen absichtlich Unfälle und aktivieren so den Verfolgungsmodus. Dort kann man als Krimineller oder Polizist je vier Levelstufen erreichen bei der Flucht bzw. Jagd. Als Belohnung warten exklusive Wagen.

Die Auswahl der Autos insgesamt ist geschmackssicher. Leider sehen sie weder von außen noch von innen sonderlich hübsch aus. Besonders beim Fahren nicht, wenn die Außenperspektive aktiviert ist. Hinzu kommt permanent hereinpoppendes Gestrüpp am Horizont und am Straßenrand, das Nachladen der offenen Welt kommt mit dem Tempo der Supersportwagen nie mit. Wer mit einem Geländewagen die Straßen verlässt, der kriegt das ganze Ausmaß der Tragik serviert: mit einem rollenden Backstein durch schlecht inszenierte Steppen rasen, danke nein. Zudem nerven die schlechten Kollisonsabfragen der Strecken, gerade am Strand. Ein kleines bisschen zu nah ans Wasser mit dem Audi Q7 - und man wird mit einem bösen Streckenreset bestraft. Das ist keine offene Rennspielwelt, sorry...

Komisch ist auch, dass der minutenlang vollgespritzte Range Rover zum nächsten Rennstart wieder blitzblank dasteht, ohne das er vorher in eine der im Spiel existierenden Waschanlagen gefahren wäre. Dem Realismus bzw. der Zugehörigkeit zu meinem Auto, was ja eigentlich das wichtigste bei einem Rennspiel ist, steigert das nicht. Auch nicht sinnvoll ist, dass der Wagen beim Offroaden immer vollgespritzt ist, egal ob es regnet oder nicht. Staub ist ja auch schwierig darzustellen als permanenter Schmutz auf der Motorhaube.

Test Drive Unlimited 2
Auch über die Haube betrachtet wird die Grafik nicht beeindruckender. Besonders die permanent hereinpoppenden Sträucher am Straßenrand nerven.

Die Strecken selbst fahren sich interessant. Es gibt heftige Sprünge, es geht munter Auf und Ab - und auch das die Autos eine Masse haben ist spürbar. Wenn man vor einem Berg falsch schaltet und dann real Boden verliert auf Verfolger, das passt. Leider ist das mit der Trägheit so eine Sache. Bei Kollisionen sind die Autos teilweise so schwer wie Kampfpanzer. Wo normalerweise ein kleiner Rempler am Heck reicht, um einen Golf GTI ins Aus zu schicken, kann man hier mit aller Macht rempeln und drücken. Es passiert: nichts bis wenig. Die komplizierteren Wagen der späteren Serien fahren sich dann deutlich schwieriger, was aber zumeist nur heißt, dass sie irgendwie keine Traktionskontrolle zu haben scheinen und deswegen gerne mit dem Heck ausbrechen. Mit dem optionalen Lenkrad steuert's sich etwas spannender, aber eben nicht spannend genug.

Fünf Perspektiven stehen zur Auswahl, wobei die innerhalb des Cockpits die hübscheste sein soll. In manchen Autos, besonders den Klassikern, stimmt das auch, in manchen wieder gar nicht. Von außen ist sind es wie schon erwähnt komische Kisten. Selbst heftige Unfälle können ihn nur kosmetisch etwas anhaben und auch das nur in relativ beschränktem Rahmen. Immerhin hören sich die Unfälle gut und realistisch an. Die PC-Version ist bei der Optik insgesamt natürlich auf einem Highend-Rechner ein gutes Stück hübscher als die im wesentlichen identischen PS3- und Xbox 360-Fassungen. Im Gesamturteil ist die Optik aber eher mau.

Den sofort zum Verkaufsstart kostenpflichtig verfügbaren Casino-Downloadinhalt, damit man direkt in eine virtuelle Spielhölle fliegen kann, um den Charakter zu trainieren sowie Spielgeld und exklusive Gegenstände bei Poker, Roulette & Co. zu verdienen - den werde ich nicht herunterladen. Denn Test Drive Unlimited 2 sieht mich vermutlich nicht wieder. Da spiele ich lieber entweder ein anständiges Rennspiel, egal ob nun Need for Speed: Hot Pursuit oder Gran Turismo 5 ODER ein Onlinerollenspiel. Beides zu einem gemeinsamen Erlebnis zu verbinden, das ist im Fall von Test Drive Unlimited 2 aus meiner Sicht gescheitert.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Community-Herausforderungen, Jederzeit- und Überall-Onlineduelle
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Maue Optik, langweiliges Fahrgefühl, hässliche Avatare und nutzlose Rollenspielelemente
overall score
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