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Ever Oasis

Ever Oasis

Nintendo hat in der trostlosen Wüste ein blühendes Paradies geschaffen, oder ist Ever Oasis am Ende doch nur eine Fata Morgana?

Ever Oasis ist ein kunterbuntes Fantasie-Rollenspiel, das zeigt sich auf den ersten Blick. Grezzo, das Studio hinter den 3DS-Umsetzungen von The Legend of Zelda: Majora's Mask und Ocarina of Time, zeichnet sich für das 3DS-Spiel verantwortlich und tut sein Bestes, damit der kleine Titel auf der mobilen Plattform erstrahlt. Im Spiel geht es darum, eine Oase inmitten der Wüste aufzubauen. Das können die „Kinder des Großen Baumes", die sich für den schwierigen Vorgang mit einem Wassergeist zusammentun und glückliche Leute um sich scharen müssen. Ohne allzu umfangreichen Hintergrund wirft uns das Spiel in eine solche Rolle und bemüht sich danach sehr, seine Spieler an die Hand zu nehmen. Für mehrere Stunden geht es an der kurzen Leine durch unser neu gegründetes Dorf, immerhin müssen wir die Routinen verinnerlichen, die Ever Oasis am Leben erhalten.

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Die Einflüsse aus berühmten Nintendo-Spielen sind unübersichtlich, doch das Konzept greift nicht.

Als Häuptling unserer eigenen Oase ist es unser höchstes Anliegen, dass dieses kleine Paradies in der größtmöglichen Pracht erstrahlt. Die Geschichte weicht nur wenig von diesem idealistischen Gebilde ab, denn das Wohl der Bevölkerung steht stets an erster Stelle. Das Chaos hat die Welt außerhalb unseres schützenden Reservoirs verseucht und bedroht die freilebenden Bewohner. Im Schutze der verbleibenden Paradise könnten die friedlichen Rassen zusammenleben, allerdings wird dieser Frieden von den Chaosranken bedroht, weshalb wir Windmagie und spezielle Energiekristalle benötigen.

Wenn es unserer Oase gut geht, zieht das neue Besucher und die niedlichen, für das raue Wüstenklima viel zu warm angezogene Pinguine an, die fleißig Traumjuwelen (das ist die Spielwährung) in die Kassen spülen. Neben den schweigenden Pinguhus kommen alle paar Tage neue Personen in unser Dorf, denen wir einen oder mehrere Wünsche erfüllen müssen, damit sie sich niederlassen und unserem Gefolge beitreten. Diese Nebenquests sind in den seltensten Fällen aufwendig oder gar interessant gestaltet, aber es gibt sehr viele Charaktere und einige von ihnen sind in der Wüste verstreut.

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Sobald sich ein Sprössling, oder ein Vertreter einer anderen Rasse in unserer Oase niedergelassen hat, verlassen sie uns nicht mehr. Wir können ihnen dann dabei helfen, einen Laden zu eröffnen oder ihnen eine andere sinnvolle Tätigkeit zuweisen. Ein Knospenladen steigert nicht nur unseren Ertrag, sondern auch das Ansehen und Wohlbefinden unserer Oase und das lockt wiederum neue Interessenten an. Damit kein Sand in dieses Getriebe gerät, müssen wir jeden Tag für Ordnung sorgen. Sandhaufen wollen weggepustet, der Garten geerntet und neu-bepflanzt, und die Läden mit frischen Vorräten versorgt werden. Diese müssen wir tagsüber auf unseren Reisen finden, denn wenn die Ladenbestände sinken ist das nicht nur schlecht für die Wirtschaft, sondern auch für die Laune in unserer Oase und das ist schlecht für uns.

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Ever Oasis ist kunterbunt und hat niedliche Pinguhus. Leider sind die reichen Vögel viel zu warm angezogen.

Da fast jeden Tag neue Leute in der Oase eintrudeln, nimmt diese Management-Komponente mit zunehmender Spielzeit einen stetig wachsenden Anteil der sehr begrenzten Tageszeit ein. Nach einer Weile dürfen wir deshalb die Aufgaben an unsere Untergebenen abtreten. Also schicken wir mehrere Arbeiter in den Garten und beauftragen sie mit der automatischen Ernte und Bewirtschaftung der Felder, wenden uns an Aufseher und deren Lieferanten für administrative Zwecke und haben damit wieder mehr Zeit für das eigentliche Spiel.

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Denn nachdem wir all diese Prozesse und deren Auswirkung auf unser Abenteuer erlernt und akzeptiert haben, öffnet sich Ever Oasis und wird zum oben beschriebenen kunterbunten Fantasie-Rollenspiel. Die Sprösslinge, Uaret, Serqa und Wenet haben unterschiedliche Aufgaben und Fähigkeiten, sowohl in der Stadt als auch auf Reisen. Es gibt Heiler, Magier, Kämpfer, verschiedene Arten von Arbeitern und einige Klassen, die explizit für die Rätselmechaniken in den Dungeons gebraucht werden. Da wir nur effektiv zwei dieser Typen mit uns nehmen können (und die entsprechenden Bewohner während des Außeneinsatzes auch noch für ihre normalen Tätigkeiten in der Stadt fehlen), entfällt wieder viel Zeit auf die Bildschirmmenüs für die Organisation.

Wenn wir in die Wildnis der Wüste ziehen, dürfen wir zwischen den Figuren unserer Gruppe und deren unterschiedlichen Fähigkeiten wechseln. Da die Welt vom Chaos befallen ist, wird viel gekämpft und auch wenn mir das Anfangs keinen großen Spaß bereitet hat, ist es am Ende wohl die spannendste Spielmechanik von Ever Oasis. Es gibt verschiedene Waffen und Kampfstile, Kreaturen haben bestimmte Resistenzen und Schwachpunkte, und einige Gegnertypen erfordern eigene Herangehensweisen. Trotzdem fehlt es den Kämpfen an echter Faszination, denn viele Gegner sind anspruchslos und ungefährlich, zudem inszeniert sich das Spiel unspektakulär und unglaublich repetitiv. Das beste Feature des Spiels ist ohne Frage das Lock-On-Zielsystem, das ebenso gut wie die Kamera von Dark Souls funktioniert. Trotzdem ist es gerade zu Beginn unserer Reise leicht, sich in schwierigen Kämpfen zu verlieren und übereilt zu sterben, häufiges Speichern wird deshalb klar empfohlen.

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Wenn sich das Spiel öffnet und wir die Wüste und deren Höhlen erkunden, glänzt Ever Oasis.

Unsere Oase ist ein zentral gelegener Hub, der uns dazu zwingt, regelmäßig bereits besuchte Gebiete zu durchqueren, um in der Story voranzukommen. Nach und nach erschließen wir uns ein Teleportsystem und erhalten Zugang zu neuen Fähigkeiten, was die Welt wiederum ein stückweit öffnet. Das von mir mit großem Abstand am meisten genutzte Feature ist das sogenannte Aquaportal, mit dem ich mich von fast jedem Punkt aus zurück in die Oase teleportiert habe, um Lebenspunkte aufzufrischen oder die Gruppenkonstellation zu verändern. Weil das wie gesagt so häufig notwendig ist (und sich mir keine andere Alternative erschloss), ist mein Spielfluss irgendwo im heißen Sand versiegt, aber es ging halt nicht anders.

Das größte Problem von Ever Oasis ist seine repetitive Ader, denn wer nicht bereit ist, sich den vielen Regeln unterzuordnen und jeden Tag die gleichen Prozesse zu durchlaufen, der wird nicht sonderlich viel Spaß mit dem Titel haben (und auch nicht sehr weit kommen). Im Gegensatz zu Spielen wie Monster Hunter ist das akribische Aufsammeln, Abbauen und Schlachten von Ressourcen, Erzvorkommen und Monstern keine optionale Aufgabe, sondern quasi Pflicht. Unserer Oase muss es gut gehen, sonst hagelt es ernstzunehmende Nachteile und ohne diese Komponenten funktioniert der Titel leider nicht.

Trotz interessanter Optik und kindgerechter Präsentation braucht Ever Oasis einige Zeit, um in Fahrt zu kommen. Mit Öffnen des Abenteuers zieht das Spiel zwar mächtig an, meiner Meinung nach greifen die verschiedenen Systeme aber nie vollends ineinander. Der Kampf läuft souverän ab und bietet viel Spieltiefe, ebenso gut funktionieren die guten Dungeon- und Puzzlepassagen, die in ihrer Form stark an die frühen Zelda-Spiele erinnern. An einigen Stellen erwarten uns echte Herausforderungen und Überraschungen, meist bleibt Ever Oasis jedoch sehr vorhersehbar und eben auch unaufgeregt. Trotzdem ist der 3DS-exklusive Release eine Bereicherung für den Handhelden und unterhält mit einem interessanten Thema Jung und Alt.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Kampf funktioniert hervorragend; kleine Dungeons im Zelda-Stil; viel zu tun für Planer.
-
Sounddesign; Hoher Backtracking-Anteil; Charakterpräsentation verliert schnell an Faszination.
overall score
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