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Majin and the Forsaken Kingdom

Majin and the Forsaken Kingdom

Freundschaft bedeutet, immer füreinander da zu sein. Freunde sind immer ehrlich zueinander, vertrauen und helfen sich - auch in der größten Not. Im Kern wird genau das in Majin and the Forsaken Kingdom erzählt. Ein Spiel über die Entstehung einer Freundschaft, die alles überdauert.

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"Ich habe keinen Hunger, ich bin satt", spricht der träumende Riese im Schlaf. Ein bisschen sieht er aus wie ein Kuschelbär. Kurzes, weiches, braunes Fell mit Knopfaugen. Auf dem Rücken ist er grün bewachsen. Das wiederum scheint für die Gattung etwas ungewöhnlich, genau wie auch die dicken, geschwungenen Hörner auf dem Kopf. Niedlich bleibt er trotz alledem. Und gerade deswegen ist es kaum vorstellbar, dass dieses Ungetüm eine Welt retten kann, die in Finsternis versinkt. Eine Welt, in der nichts Lebendiges besteht. Und ausgerechnet er soll sie von allen bösen Schatten befreien können?

Dann wacht der Bär auf. "Warum habe ich auf einmal Hunger?", heißt es plötzlich verschlafen. Er ist gefesselt und zu schwach, sich zu befreien. "Ich habe Hunger", brummt der Riese und schaut dabei so mitleidig wie ein treuer Dackel. Nichts, aber auch gar nichts könnte man ihm mit diesem Blick abschlagen - und so machen wir uns auf die Suche nach der beschriebenen Frucht, die er hier ganz er der Nähe zu wissen glaubt. Um die ersten finsteren Gesellen, die uns um Schloss begegnen, machen wir lieber noch einen großen Bogen. Nicht nur, dass die Kämpfe kräftezehrend sind, für uns sind sie auch aussichtslos. Selbst ein besiegter Schatten steht nach einiger Zeit wieder auf.

Nach einer kleinen Schleichpartie finden wir die gewünschte schimmernde Frucht und mit neu erlangter Stärke löst sich der schwarze Schleim von den Fesseln. Jetzt kann der eben noch viel zu fest sitzende Haken herausgezogen werden, der einstige Retter und Beschützer des Königreichs ist frei. Der perfekte Zeitpunkt, um Freundschaft zu schließen. Und so reicht sich das ungleiche Paar die Hand und flieht anschließend aus dem Schloss nach draußen.

Majin and the Forsaken Kingdom
Früchte gibt es einige zu finden und sie alle stärken verschiedene Aspekte von unserem Majin.
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So richtig deutlich wird es nicht, wer eigentlich der Held in Majin and the Forsaken Kingdom ist. Es gibt einen Jungen, der im Wald bei den Tieren aufgewachsen ist und ein großes, aber kindisches Monster. Wir schlüpfen, wie angedeutet, in die Rolle des jungen Diebs und steuern den Riesen nur indirekt über Befehle. Dennoch ist es der Majin, welcher sich selbst Teotl nennt, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Während wir von dem Jungen nur wissen, dass er seinen Freunden den Tieren ihren Lebensraum wiedergeben möchte, entfaltet sich um den Majin die gesamte Geschichte.

Der Junge ist eher der geduldige Zuhörer, der nach und nach herausfindet, was sich tatsächlich vor einhundert Jahren zugetragen hat, um ein solch großes und blühendes Reich über Nacht in der Finsternis versinken zu lassen. Teotl erzählt uns außerdem von einem Mädchen, mit dem er gekämpft hat und von Tepeu, einem Jungen, den er einst kannte. Und an diesen erinnern wir ihn auch. Deswegen gibt er dem jungen Dieb aus dem Wald, der eigentlich nie einen Namen hatte, sondern von den Tieren immer nur Mensch genannt wurde, den gleichen Namen. Tepeu.

Das Zusammenspiel zwischen den beiden ist zentrales Spielelement und zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel. Es gibt Stellen, an denen der Majin aufgrund seiner Größe nicht weiterkommt und andere Stellen, wo der Junge mit seinen beschränkten Fähigkeiten die Hilfe seines neuen Freundes braucht. Die Welt ist in viele zusammenhängende Räume unterteilt, die oft durch verschlossene Türen oder Hindernisse voneinander getrennt sind. Unsere Aufgabe besteht nun darin, den Weg in den nächsten Abschnitt zu ermöglichen. Doch statt wie in so vielen Action-Adventures üblich nach einem Schlüssel zu suchen, muss bei Türen etwa ein Schalter umgelegt werden, der bisher das Öffnen blockiert hat.

Doch das Zusammenspiel hat auch noch ein ganz anderes, entscheidendes Element, bei dem sehr deutlich wird, wir sehr die beiden aufeinander angewiesen sind. Ist Tepeus Lebensleiste vollständig aufgebraucht und ist sein Körper vollständig in schleimig, schwarzen Schatten gehüllt, reagiert der Majin und versucht den Jungen rechtzeitig wiederzubeleben. Umgekehrt hat es dieser in der Hand, den starken, aber nicht unbezwingbaren Riesen mit Heilfrüchten zu versorgen. Die sind allerdings nur begrenzt verfügbar - anders als die Heilkräfte des Majins - weshalb sich jeder genau überlegen sollte, wie er in einem Kampf vorgeht.

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Auf das Zusammenspiel kommt es an, denn nicht überall kommt der Riese hin und nicht überall kommt der Junge oder seinen Freund weiter.

Nebenbei ganz positiv überraschend ist, dass der tolpatschige Teotl beim Durchstreifen der Welt zwar in regelmäßigen Abständen stolpert und das mit einem langezogenen "Aaaaauuutsch!" kommentiert, ansonsten aber ziemlich clever agiert. Er bleibt nirgendwo hängen, folgt uns auch, wenn wir ihn vielleicht kurz aus den Augen verlieren und gehorcht auf jeden unser Befehle. Im Kampf mit den Schatten ist er dazu eine wirklich große Hilfe. Unkompliziert lassen sich Angriffsziele zuweisen und ist einer der Schergen lang genug malträtiert worden, darf ein besonderer Partnerangriff ausgeführt werden.

An dafür vorgesehenen Stellen sind in Kombination sogar Fallen möglich, so dass beispielsweise der dicke Pummelbär von oben eine Wand herunterstürzt, unter der wir zahlreiche Feinde versammelt haben. Für gemeinsame Attacken gibt es übrigens auch gesonderte Erfahrungspunkte, die das Zusammenspiel im Laufe der Zeit verstärken. Auf diese Weise erlangen wir ebenfalls spezielle Fähigkeiten, die zwar für das Vorankommen nicht notwendig sind, es aber erleichtern. Anders schaut es da schon mit den vier Spezialkräften des Waldwesens aus. Der Majin erlangt mit der Zeit seine volle Stärke zurück, wozu auch die Beherrschung von Elementen gehört, die einerseits als Zauber im Kampf einsetzbar sind, aber auch als entsprechende Spielmechanik in den Rätsel-Anteilen des Spiels.

Dass es sich um keine weitläufige Welt handelt, sondern die Räume eigentlich ziemlich begrenzt sind, wird einem aber nicht sofort bewusst. Thematisch passt einer an den anderen und teilweise ist die Landschaft auch bis weit in die Ferne zu genießen. Trotzdem kann das Spiel eindeutig in Level untergliedert werden, die sogar alle einen Namen haben. Beim Action-Adventure Darksiders etwa war diese Einteilung in dieser Form auch auf die großen Welten, weniger aber auf die untergeordneten Level möglich. Obwohl die Gliederung so scharf auf Räume beschränkt ist, kann jeder besuchte Abschnitt auch jederzeit wieder aufgesucht werden - manchmal ist es sogar erforderlich, ein Stück zurückzureisen, um an einer Stelle mit neuen Fähigkeiten einen neuen Raum zu erreichen. Ein bisschen so wie bei Metroid, nur in kleiner und sortierter.

Die Rätsel sind nicht besonders kompliziert. Gegen Ende nimmt die Kombination der Fähigkeiten und Möglichkeiten zwar zu, aber Majin and the Forsaken Kingdom will es einem eigentlich nicht so richtig schwer machen. Am meisten muss noch bei den Endgegner getüftelt werden, denn die haben es in sich. Würde es nur um das bloße Draufhauen geben, wären sie im Nullkommanix erlegt, meist braucht es jedoch zuvor einen Kniff, um den Gegner verwundbar zu machen. Beim Boss-Design kann sich Entwickler Game Republic jedenfalls wirklich auf die Schulter klopfen.

Majin and the Forsaken Kingdom
Der erste große Endboss ist eine fette Spinne - schwer ist der nicht, wenn man herausgefunden hat, wo seine Schwachstelle ist.

Weniger gelungen und das betrifft mehr oder weniger das gesamte Spiel, ist der Spielfluss. Einerseits ist es manchmal nervig, dass manchmal lange Strecken zurückgelegt werden müssen, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Und weil die Räume eher an einer Schnur aufgereiht sind und nicht wie ein Netz miteinander verbunden sind, können die bereits bekannten Wege mit gelösten Rätseln ziemlich laaaaaaaaaaang werden. Möglichkeiten des Abkürzens gibt's leider einfach zu wenige.

Das zweite Schwachstelle betrifft das Gameplay. Die Rätsel sind nicht furchtbar komplex, aber manchmal steht man doch auf dem Schlauch oder hat etwas wichtiges übersehen. Hier hilft einem das Spiel aber nie aus der Patsche - weder akustisch von visuell. Und selbst im Vorfeld gibt es nur beschränkte Hinweise. So nervig die Fee Navy bei A Legend of Zelda auch gewesen sein mag, es gibt Momente, da wünschen sie sich einiger bestimmt zurück. Das gleiche trifft im Grunde auch auf die Endbosse zu. Besonders beim ersten, einer fetten Spinne, ist das auffällig. Da, wo es eigentlich alles noch ganz einfach sein sollte. Allerdings ist der Titel auf diese Weise auch eine Herausforderung und dient nicht nur dem bloßen absolvieren von Aufgaben.

Streitbar ist mit Sicherheit auch die Grafik. Für die einen ist es ein liebevolles, hübsches Abenteuer mit schönen Licht- und Schatteneffekten, das zur auch ansonsten sehr märchenhaft angelegten Präsentation passt. Andere stören sich an den Popups und dem Flimmern mancher Texturen. Grafisch ist es sicher nicht herausragend, aber dennoch wunderschön. Und auch die komplette deutsche Sprachausgabe geht in Ordnung. Majin und der Junge wurden wirklich gut synchronisiert. Völlig daneben sind - wie aber auch im Englischen - die Tiere, die am Wegesrand mit zahlreichen Informationen und Hintergründen zur Seite stehen. Da wurde offenbar am falschen Ende gespart, denn wirklich Lust hat man schon bald nicht mehr die Waldbewohner anzusprechen.

In der Quintessenz ist Majin and the Forsaken Kingdom ein wundervolles Action-Adventure, das wie etwa auch Enslaved: Odyssey to the West oder Darksiders ein wenig unerwartet auf unserem Radar auftauchte. Es ist technisch nicht herausragend, aber dafür unglaublich charmant und vor allem unterhaltsam. Es ist ein Titel, der sich auf das Wesentliche konzentriert hat, weder überfrachtet noch in die Länge gezogen wirkt. Das Spiel hat sicher seine kleinen Macken, aber die werden gern in Kauf genommen. Überwiegen werden am Ende eindeutig die positiven Erinnerung an ein großes gemeinsames Abenteuer mit einem unbeholfenen Monster, das wir nur zu gern als einen Freund in unserer Herz geschlossen haben.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
märchenhafte Präsentation, schönes Zusammenspiel, sympathischer Hauptcharakter, gelungene Bosskämpfe, nette Rätsel
-
zum Teil lange Wege, kleine technische Schwächen, schlechte Synchronisation der Tiere
overall score
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