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Forza Horizon 3

Forza Horizon 3

Microsoft reklamiert weiter die Krone der Funracer für sich - und dieses Mal nicht nur exklusiv auf der Xbox One.

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Endlich wieder ein Spiel für die Lazy Generation. Ein verflixt guter Arcade-Funracer mit sehr schöner Grafik. Eine allabendliche Rennspieldroge, die leider für den geneigten Konsumenten je nach Vorerfahrung ein kleineres oder größeres Problem im Tank hat. Denn so grandios das Spiel ist, man könnte den Entwicklern schon vorhalten, dass sie selbst ein bisschen zu sehr Lazy Generation sind. Denn wer Forza Horizon und insbesondere Forza Horizon 2 gespielt hat, dem wird vieles in Forza Horizon 3 nur allzu bekannt vorkommen.

Das wird jetzt meckern auf hohem Niveau, aber eben auch meckern. Denn Innovation am Gesamtkonzept findet man hier in etwa so viel wie am VW Golf der siebten Generation. Oder war es die achte? Keine Ahnung, aber genau das ist das Problem. Forza Horizon 3 ist einerseits ausgereift, gerade optisch wunderschön und auch bei der Steuerung und dem Feeling auf den Punkt hervorragend. Aber das alleine reicht nicht, weil es das letzte Mal vor zwei Jahren auch schon so war. Und sie immer noch nicht den Kleinscheiß losgeworden sind - und die großen Probleme auch nicht.

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Forza Horizon 3 leidet doch sehr am Ubisoft-Virus, das jede Weltkarte zu einem unübersichtlichen Durcheinander von Möglichkeiten macht.
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Immer noch nervt erheblich, dass manche Hindernisse einen brutal komplett stoppen, obwohl sie sehr klein und unscheinbar sind, während man Ampelmasten wegmäht wie ein laues Sommerwindchen ein Feld voller Pusteblumen. Mehrmals habe ich hilflos drehend auf Steinchen so groß wie eine Bierkiste rotiert, einfach weil die Karre da so gelandet ist. Nun, klar, komplett offene Spielwelt und so, da muss man das verzeihen. Klar, macht man auch - einmal, zweimal, dann nicht mehr so gerne. Im großen ist das gesamte Level- und Fortschrittssystem weiter eher langatmig, böse Zungen werden sagen, es ist öde.

Auf der anderen Seite ist vieles überfrachtet und verwirrend. Zu viele Systeme und Dinge laufen parallel und nebeneinander. Forza Horizon 3 leidet doch sehr am Ubisoft-Virus, das jede Weltkarte zu einem unübersichtlichen Durcheinander von Möglichkeiten macht. Es gibt Sprintrennen von einem Punkt zum nächsten, klassische Rundenrennen, Radarfallen, Drift- und Speed-Zonen, illegale Straßenrennen (warum auch immer die illegaler sind, als mit dem eigenen Auto ein Maisfeld von der Größe des Potsdamer Platzes zu zerlegen?!). Wir dürfen Scheunenfunde suchen, das Horizon-Festival ausbauen als Festival-Boss (der Anlass für die nicht weiter erwähnenswerte Story), Drivatare in Rennen ausstechen und als Fahrer anheuern, damit sie Credits einspielen. Vom allem gibt es ein klein bisschen mehr als in Forza Horizon 2 - aber nicht doppelt so viel. Und auch wenn die Spielwelt selbst doppelt so groß sein soll, fühlt sie sich nicht danach an. Sechs Speed-Zonen mehr als im zweiten Teil, eine Radarfalle mehr, fünf seltene Scheunenfunde mehr kann man machen und rund 170 Straßensektionen mehr befahren. Immerhin.

Das alles geht nun online in einer Koop-Kampagne, was nett ist. Online Adventures gibt es auch noch, zufällige Playlist, in denen man sich mit zufälligen Spielern austoben kann. Dort warten Rennen zu Events, die dann eine Mischung aus Rennen und den Multiplayer-Modi King, Infected sowie Flag sind. Kennt man. Online-Freeroam für 12 Spieler ist auch am Start, dort kann man gemeinsam einsam an der Bucket-List arbeiten zum Beispiel. Dazu gibt's Clubs, Leaderboards und Online-Rivalen - hier hält einen auch Forza Horizon 3 ewig bei Laune. Richtig neu ist der Forzathon, ein wöchentliches Events mit bestimmten Herausforderungen, die Preise bringen, die man sonst nicht bekommt (Autos, spezielle Lackierungen oder Huptöne) Vom 28. bis zum 30. Oktober etwa gibt es ein spezielles Auto, über das sich Fans sehr freuen werden. Vorher kann man ein "Comedy Horn Pack" gewinnen, einen Nissan Silvia S14, einen Maserati 300S und mehr.

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Sehr gelungen finde ich auch die Idee der Blaupausen für jedes Rennen. Man kann immer per Blueprint sein ganz eigenes Rennen bauen, das Wetter eingrenzen, die Art oder Marke der teilnehmenden Autos und so weiter.

Die Standards fehlen auch nicht. Tuning für die Wagen? Check. Eigene Designs für die Karren, endlich wieder mit Auktionshaus dafür? Check. Import von Daten aus alten Forza-Games? Check. Neu ist der Drohnen-Modus, der aber eher sinnlos ist, selbst mit der man besser Fotos inszenieren können soll. Nett gemeint, aber das ist bestenfalls ein Fanservice für wenige, so kurz wie ihre Reichweite im Alltagsbetrieb ist.

Am schönsten sind hier vielleicht die ausgebauten Wheelspins, durch die man nach jeden Hochleveln einmal am einarmigen Banditen ziehen darf und mit Glück reichlich Cash oder eine der seltene Horizon-Karren mit speziellen Boni gewinnt. Eine simple Karotte, auch deren Verzehr man sich trotzdem jedes Mal freut. Sehr gelungen finde ich auch die Idee der Blaupausen für jedes Rennen. Man kann immer per Blueprint sein ganz eigenes Rennen bauen, das Wetter eingrenzen, die Art oder Marke der teilnehmenden Autos und so weiter. Auch eine simple Idee, die aber zu einem sehr freien Spielerlebnis führt. Man kann im Königsegg Regera eine Offroad-Strecke meistern - und das macht vielleicht mehr Spaß als im eigentlich dafür vorgesehenen Lamborghini-SUV.

Super ist auch, dass man von Anfang an theoretisch jedes Auto absolut überall hinfahren darf, wenn man die ersten Tutorials überstanden hat. Keine Beschränkungen, wobei es mir mehr Spaß macht, erstmal langsam anzufangen und erst später mit 400+ Stundenkilometern durchs Outback zu pusten. Australien als Setting funktioniert für mich sowieso prima. Ich mag den tropischen Regenwald, die sandige Küste mit Strand und flachen Lagunen zum Durchheizen. Ich mag die staubtrockene Wüste und die Statdkurse. Es ist abwechslungsreich, optisch wie fahrerisch. Das Spiel fordert alle Sinne bei Tag- und Nachtrennen, die in gleißenden Morgensonne starten und uns zwischendurch mit monsunartigen Regenfällen ärgern oder im Nebel verschwinden lassen.

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Forza Horizon 3Forza Horizon 3
Das Fahrgefühl ist super gelöst, der Unterschied des Untergrunds immer spürbar und auch die Fahrzeuge haben alle ihr ganz eigenes Verhalten.

Es sieht alles unglaublich schön aus in Forza Horizon 3 und läuft superflüssig. Die Machart der Autos ist ein Beweis für große Blech-, Alu- und Verbundstoffliebe. Alles glänzt, blitzt und man riecht förmlich den Abrieb der Reifen nach einem Burnout. Die Art, wie die Reifen frei drehen alleine rechtfertig einen Schulterklopfer. Das Licht ist Wahnsinn streckenweise, die HD-Lichtquelle reagiert immer live auf das Geschehen, dadurch gibt es einen naturalistischen Look. Die Wassertropfen auf der Windschutzscheibe sind etwas penetrant, das Wasser in den Lagunen wunderschön.

Das Fahrgefühl ist super umgesetzt, der Unterschied des Untergrunds immer spürbar und auch die Fahrzeuge haben alle ihr ganz eigenes Verhalten. Wer alle Fahrhilfen abstellt (was natürlich geht), wird mit sehr sensiblen Wagen konfrontiert, die bei kleinsten Fahrfehler bitterböse abfliegen. Da nutzt auch der spürbare Gummiband-Effekt wenig, ein Rennen gegen die KI im Solomodus ist verloren. Trotzdem ist Forza Horizon 3 in Sachen Fahrspaß um Längen besser als die Konkurrenz, so man die denn so nennen darf überhaupt. Bis Criterion ein neues Burnout macht, bleibt Forza Horizon 3 die Instanz für Arcade-Rennspielspaß.

Das Spektrum der rund 350 Fahrzeuge ist sehr breit, vom sympathisch irren britischen Dreirad bis zum schwedischen Supercar ist alles dabei aus vielen Epochen des Motorsport und der automobilen Gegenwart wie Vergangenheit. Der Soundtrack ist abwechslungsreich und über alle Genres hinweg okay selektiert. Dass man den Groove-Service abonnieren muss, um eigene Musik aus dem OneDrive abzuspielen, ist ein bisschen schade. Das sprechende Navigationssystem ANNA ist besser und brauchbarer geworden, obwohl sich die Kleine immer noch verhaspelt zwischendrin. Ich glaube, man könnte sie auch per Sprache steuern, aber Kinect habe ich schon vor Monaten abgebaut.

Ein paar Kleinigkeiten nerven auch immer noch. Die Rückspulfunktion zum Beispiel, die das Zufallselement aus dem Spiel radiert. Außerdem ist das Perk-System etwas ungelenk (das einem nach und nach ein paar sinnvolle Boni spendiert), weil man immer wieder zwanghaft konzentriert auf das Erspielen von Erfahrungspunkte fährt - und sich dann ärgert, wenn ein dummer Fahrfehler an einem nicht ersichtlichen Hindernis die mühsam angehäufte Kombo pulverisiert. Ist aber Kleinkram. Wer die Vorgänger nicht gespielt hat, wird ein Bombenerlebnis haben mit dem Spiel. Alle anderen irgendwie auch, nur eben keines, dass sie so nicht schon einmal fast so gehabt hätten. Egal, kriegt trotzdem eine 9 von mir. Allerdings nur um Sackhaaresbreite.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Fantastische Optik, schönes Fahrgefühl, toller Fahrspaß, motivierende Onlineeinbindung, gute Fahrzeugauswahl
-
Viel Recycling (guter Features) aus dem Vorgänger, immer noch nervige Designentscheidungen bei Hindernissen
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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