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Lollipop Chainsaw

Lollipop Chainsaw

Es bleibt wohl für immer unklar, was die Japaner an Lollis finden. Aber irgendwas muss drin sein in den Zuckerbomben, denn sonst würden sie nicht immer wieder als Doping für Superheldinnen in Videospielen auftauchen. Seit Bayonetta sind sie zudem ein gutes Zeichen für ein in jedem Fall witziges und absurdes Spiel. Mal schauen, ob das im Fall von Juliet Starling auch gilt.

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Die mit sehr knappen Outfits bedeckte Teenagerin verbindet in Lollipop Chainsaw gleich vier Dinge miteinander, die nerdige Videospieler lieben: Japan-Style, Kettensägen, Zombies und unerreichbare weil zu schöne Mädchen. Diese Themen ziehen sich von Anfang bis Ende durch das Spiel, was Fluch und Segen zugleich wird, primär bei Kettensägen und Zombies.

Die Story ist schnell geklärt: Juliet Starling ist Schülerin an der San Romero Highschool und muss feststellen, dass ihr dümmlicher Lover Nick von Zombies umringt und darum in Gefahr ist. Natürlich kommt Juliet ein bisschen zu spät, wie das bei solchen Frauen eben so ist. Nick ist bereits angeknabbert und da helfen dann nur drastische Mittel. Die führen dazu, dass Juliet ihm den Kopf absägt und Nick so auf wundersame Weise vor einem Zombiedasein rettet. Wobei, vielleicht wäre das auch besser gewesen. Denn fortan ist es Nicks Hauptaufgabe, als Ass-Kick und überdimensionaler Schlüsselanhänger an Juliets hübschem Hintern zu baumeln. Immerhin kann er ihr bestimmt andauernd unter den Rock schauen. Wir dürfen das auch, kriegen dafür einen Erfolg freigeschaltet und lernen im Laufe des Spiels noch weitere Mitglieder von Juliets eigenartiger Familie kennen.

Das Spiel selbst ist ein klassisches Hack'n'Slay. Wir hüpfen hektisch mit der Kettensäge in der Hand herum oder Ballern mit einer fetten Wumme rum. Der Kampf gegen die Zombies geht von Areal zu Areal, immer mit dem Ziel, möglichst viele Zombies auf einen Schlag zu erwischen. Ab dreien auf einen Schlag oder Schuss gibt's einen Glitzerangriff. Der ist nicht nur knallbunt animiert, sondern liefert dazu wertvolle Platinmedaillen für neue, noch spärlichere Klamotten. Die goldenen Medaillen dagegen dürfen wir im Shop gegen neue Moves und Verbesserungen der Gesundheit oder Angriffsstärke eintauschen. Im Spiel sammeln wir goldene Lollis (die irgendwas freischalten) und normale, mit denen wir die Gesundheit auffrischen.

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Manchmal kopflos, aber immer mit Herz geht Juliet Starling ans Werk.

Dazwischen immer wieder Zombies zerteilen, wegmähen, sprengen und zerlegen, untermalt von passender Rockmusik und bunten Effekten. Die gehen so weit, dass die Kettensägenblätter in allen Farben des Regenbogens leuchten und rosafarbene Herzen versprühen, während der Kopf des Untoten einen pompösen Abgang macht. Man muss diesen Humor von Designlegende Suda 51 und seinem Team mögen, um das Spiel zu mögen. Wer für Absurditäten nichts übrig hat, findet in Lollipop Chainsaw bestenfalls ein ziemlich simpel gestricktes Abenteuer ohne Rätsel oder schwierige Aufgaben vor. Die andauernden sexuellen Anzüglichkeiten tief drin im Teenagerhumor machen es solchen Menschen nicht einfacher.

Das reine Spielerlebnis mit der Lutscherfreundin jedenfalls wird relativ schnell ein bisschen stumpf. Es will ganz klassisches Hack'n'Slay sein, so simpel strukturiert, dass es einem eigentlich kaum langweilig werden kann. Zombies zerteilen und ab und an mal mit der Wumme etwa einem auf dem Baseball-Feld mit einem Leihkörper herumwankenden Nick drei Platzumrundungen freiballern, um das Spiel gegen die Zombies noch zu gewinnen - es ist schon witzig. Kettensägen-Zombiekopf-Basketball dürfen wir auch spielen, mehr als einmal. Selbst ein kleines Pseudo-Rennspiel haben sie eingebaut. Wie gesagt: Alles witzig, aber eben auf Dauer auch unglaublich stumpf.

Die Level sind zwar lustig konzipiert, aber grafisch bestenfalls Durchschnitt. Die Cel-Shading-Grafik geht okay, ist aber etwa in Borderlands 2 und selbst dessen 2009er-Vorgänger um ein Vielfaches überzeugender. Egal ob Highschool, Punk-Rock-Konzert oder Fulgi Fun Automatencenter - alles außer Juliet und den Zombies wirkt meist etwas matschig und unscharf. Witzig ist die Episode, in der wir uns in die Pixel-Vergangenheit der Videospiele begeben. Ehrlich gesagt aber hat so etwas Saint‘s Row: The Third neulich schon irrer und schöner gelöst. Ein Höhepunkt in Lollipop Chainsaw sind die Endgegner, die wir in mehreren Stufen erledigen müssen. Das sind echten Typen, die wir nicht selten mehrmals zerteilen und dabei erleben müssen, wie sie sich selbst wieder zusammenkleben. Extrem absurd, extrem lustig.

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Unser Lover und Sidekick Nick führt derweil das ganze Spiel lang eher ein Schattendasein am Arsch der Welt. Er darf manchmal einen Spruch machen oder muss dumme Kommentare einstecken. Wir können ihn mit käuflichen Roulette-Tickets ins Spiel integrieren und so seine Spezialfähigkeiten nutzen. In hektischen Situationen mit vielen Zombies kann das hilfreich sein, leider ist das Nick-Tickets meist vorher aus Versehen verbraucht, weil ihr Auslösemechanismus total blöd mit einem Klick auf den linken Analogstick gelegt ist. Die Steuerung ist ohnehin wenig durchdacht, ebenso wie die Navigation durch das Menülabyrinth.

Lollipop Chainsaw
In Quicktime-Sequenzen dürfen wir Zombies zweiteilen - für die ist das eher nicht so angenehm.

Egal, das sind Kleinigkeiten so wie Nick. Juliet metzelt sich ohnehin besser alleine durch die Zombiemassen. Manchmal muss sie dabei schnell sein und Mitschüler retten. Manchmal sitzt sie auf einem Mähdrescher und pflügt sich durch Feldarbeiter-Zombies. Wie gesagt, es wird schnell stumpf. Aus einem technisch kaum nachvollziehbaren Grund wird das Spielerlebnis durch teilweise lange Ladezeiten getrübt. Die gibt's nicht nur vor dem Beginn eines Levels, sondern immer wieder auch mittendrin. Das nervt, mindestens so sehr wie das überflüssige Zersägen von Hindernissen als "Spielelement".

Wer eines der sieben Level absolviert hat, kriegt ein typisches Rating aus einer Mischkalkulation der eingesammelte Gold- und Platinmedaillen, der absolvierten Glitzerangriffe sowie der erreichte Zeit nebst erlittenen Tode. Ist der Level einmal erfolgreich abgeschlossen, steht er im Arcade-Modus zur Verfügung, der dann auch Onlineranglisten zum Vergleich mit der Performance der Freunde bietet.

Wer zur oben erwähnten Zielgruppe der nerdigen Spieler gehört, sollte sich Lollipop Chainsaw nicht entgehen lassen. Wer eher auf westliche und grafisch anspruchsvolle Videospiele steht, darf getrost weiterziehen. Das Spiel polarisiert eben, da kann man nichts machen. Außer drüber lachen.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Zombies zerlegen wird nie langweilig, lustiger Soundtrack, absurder Humor
-
Eintöniges und eher stumpfes Gameplay, zu kurz, schwache Grafik
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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