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Gravity Rush

Gravity Rush Remastered

Eines der besten Spiele für die Playstation Vita erscheint nun auch für die Playstation 4. Wie ist es gealtert und profitiert es vom größeren Bildschirm?

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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Obwohl die Playstation 4 deutlich leistungsfähiger ist als die Playstation Vita, hat sich das Team von Bluepoint Games dafür entschieden, so nah wie möglich am Original von Gravity Rush zu bleiben. Das bedeutet aber auch, dass der Titel ein paar Alterserscheinungen zeigt. Trotzdem beinhaltet es noch immer all die Kreativität, die Vita-Besitzer damals im Jahr 2012 so verzaubert hat.

Über eine Stadt zu fliegen, fühlt sich selten so gut an wie in Gravity Rush. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Kat nicht einfach fliegt. Sie fällt mit Stil. Mit einem Druck auf die Schultertaste wird sie federleicht und mit einem weiteren Tastendruck können wir entscheiden, in welche Richtung die Anziehungskraft wirkt. Es gibt ein angenehmes Gewicht hinter Kat, wenn sie sich durch die Luft bewegt, dargestellt durch Fässer und kreischende Menschen, die durch den Druck bewegt werden. Es gibt wenige Spiele mit offener Welt, in denen es sich das Bewegen so gut anfühlt.

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Über eine Stadt zu fliegen, fühlt sich selten so gut an wie in diesem Abenteuer und das Kampfsystem verschafft noch immer dasselbe befriedigende Gefühl.
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Es ist auch ein gutes Zeichen für die Qualität der Kamera, wie selten wir beim Herumfliegen mit Kat verwirrt sind. Es kann passieren, dass wir vergessen, was oben und was unten ist, aber das ist Teil des Charmes. Wir können die Kamera entweder mit dem Analogstick anpasen oder indem wir den Controller nach vorn oder hinten kippen. Das allerdings fühlt sich wie ein schlecht implementiertes Extra an. Glücklicherweise werden wir nie dazu genötigt, dies zu nutzen. Und wer dachte, dass die Kämpfe im Original bereits überwältigend sein könnten, der sollte mal probieren zu kämpfen, während er den Controller über den Kopf schwingt.

Das Kampfsystem verschafft noch immer dasselbe befriedigende Gefühl, wie beim Aufsteigen, hoch über die Stadt. Wir können die Schwerkraft verstärken, während wir auf den Schwachpunkt eines Gegners zielen. Wenn wir auf einen Gegner zufliegen und in ihn krachen, macht von Anfang bis Ende Spaß. Es funktioniert am besten, wenn der Bildschirm nicht nicht Gegner voll ist, weil das Kampfsystem darauf ausgelegt ist, sich immer nur auf einen Gegner zu konzentrieren. Das kann gegen Ende zu Frust führen, wenn die Herausforderung steigt, in dem mehr Feinde hinter uns her sind. Wir brauchen einen Überblick, damit es gut funktioniert. Und den verlieren wir leicht, wenn wir unsere Gegner nicht im Auge behalten können. Allerdings war das auf der Vita mit dem kleineren Bildschirm noch ein größeres Problem. Auf der PS4 ist nun einfacher, dem Geschehen zu folgen.

An anderen Stellen hat es nicht geholfen, dass das Spiel auf Konsole übertragen wurden. Obwohl es bis heute ein beeindruckendes Werk für die Vita ist, gelingt es der Welt allerdings nie, den Erwartungen gerecht zu werden die wir an einen PS4-Titel haben. Die Stadt ist braun und farblos und wird nur hier und da von einer handvoll Leuten bewohnt. Und alle haben so viel Persönlichkeit, wie die Bänke, auf denen sie sitzen. Es ist möglich, sie anzusprechen, aber die Gespräche lassen uns oft nur verwundert zurück. Warum sollten wir etwa wissen wollen, dass die Aussicht von dieser Stelle besonders gut ist? Der Stadt mangelt es an Leben und das ist schade, weil die Spielmechaniken dazu einladen, mehr erkunden zu wollen. Aber es fühlt sich nicht so an, als würde es mehr geben. Selbst wenn wir für verschiedene Missionen die Stadt verlassen, wird die braune Palette nur mit einer Spur Gelb oder Weiß angepasst.

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Die Stadt ist leider leer und farblos und Kat mangelt es ein wenig an Charakter - da helfen auch die enthaltenen Zusatzinhalte nichts.

Wenn man ein Spiel mit einer offenen Welt von Ubisoft spielt, dann ist die Karte oft voll mit Nebenmissionen und Sammelobjekten. Inzwischen gibt es dafür sogar den Begriff Ubisoftification. Im Kontrast dazu ist die Karte in Gravity Rush peinlich leer. Es gibt Herausforderungsmissionen, in denen wir entweder ein Rennen absolvieren, einen Haufen Gegner besiegen oder Bewohner vor Gefahr retten müssen. Es gibt Bestenlisten, um uns mit Freunden messen zu können, aber es ist unwahrscheinlich, dass einen das lange bei Laune hält.

Alle drei Download-Erweiterungen sind im Spiel enthalten, aber auch die tragen kaum etwas Neues oder Erfrischendes zur Erfahrung bei. Insbesondere "Das Tagebuch des Dienstmädchens" fühlt sich wie ein Lückenfülller an. Wir müssen aufräumen und Vasen vom Vorgarten in den Garten hinten tragen. In solchen Momenten fragt sich vermutlich jeder, ob er nicht besser die eigenen vier Wände aufräumen könnte. Die Militärmission bietet etwas Charakter-Entwicklung für eine Nebenfigur, aber im Großen und Ganzen sind die Nebenmissionen lediglich dann etwas wert, wenn man für Kat alle Kostüme sammeln will.

Und wenn wir bei Charakter-Entwicklung und Handlung sind: Japan Studio hätte etwas mehr Zeit investieren können. Wie so oft in japanischen Spielen erwacht die Heldin mit Gedächtnisverlust. Sie hat keine Ahnung, wer sie ist, wie sie dort hingekommen ist und wie sie ihre Kräfte bekommen hat. Das sind Fragen, die das Spiel auch nicht weiter verfolgen zu wollen scheint - abgesehen von ein paar vagen, möglichen Erklärungen. Zudem sieht sie wie ein typischer japanischer Charakter aus, der ein reines Herz hat und nur das beste für die Leute will.

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Der größere Bildschirm macht es schwerer über die Fehler der VIta-Version hinwegzusehen.

Sie hat eine gewissen Eitelkeit, die anfangs noch sehr interessant ist. Es ist ein Charakterzug, den man nicht oft sieht. Aber schnell wird auch das lästig und fühlt sich gezwungen an. Und als dann ihre Hauptmotivation, anderen zu helfen, damit zusammenkommt, dass sie endlich einen Freund finden will, den sie liebt, bricht jegliche Empathie für Kat komplett zusammen. Es ist niemals besonders glaubwürdig, wenn Frauen in Geschichten als Hauptziel haben, einen Freund zu finden. Noch dazu zeichnet es ein sehr naives Bild von Frauen. Die Geschichte beinhaltet außerdem keinerlei Überraschungen und endet ziemlich unbefriedigend. Allerdings gelingt es ihr zumindest, von einem Kampf zum nächsten zu treiben und das ist das Wichtigste. Wir spielen Gravity Rush wegen dem Spiel an sich und deswegen bleiben wir auch dran.

All die Magie der Vita-Version ist immer noch in dieser Neuauflage vorhanden. Allerdings macht es der größere Bildschirm schwerer über die Fehler hinwegzusehen. Trotz der Mängel ist es aber für alles, was es gut macht, noch immer wert, gespielt zu werden. Und das ist eine Menge. Man merkt, dass es ursprünglich für die Vita entwickelt wurde, weil die leistungsstarke Konsole niemals in Schwitzen zu kommen scheint. Aber Gravity Rush ist noch immer kreativ. Und es ist der perfekte Vorgeschmack für das, was hoffentlich der spektakuläre Hauptgang wird. Wenn wir uns anschauen, was Japan Studio aus der Vita herausgeholt hat, dann können wir nur davon träumen, was dem Team mit Gravity Rush 2 auf der PS4 gelingt. Es ist ein großartiges Spiel, das ein paar Alterserscheinungen zeigt. Aber es macht noch immer Spaß und ist sowohl Neulingen zu empfehlen als auch jenen, die es bereits kennen.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
mit Kat herumfliegen, bis zum Ende gelungenes Kampfsystem, größerer Bildschirm sorgt für mehr Überblick
-
Stadt ist leer und farblos, Kat mangelt es an Charakter, Handlung ist vorhersehbar und wenig befriedigend
overall score
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