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Call of Duty: Black Ops 3

Call of Duty: Black Ops 3

Erfrischendes Update oder nur fade Fortsetzung? Wir haben uns das neue Werk von Treyarch vorgenommen, um eine Antwort darauf zu finden.

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2010 hat das Team von Treyarch mit Call of Duty: Black Ops enthusiastisch ein Märchen aus dem Kalten Krieg der Sechziger erzählt. Spezialeinheiten zogen mit Prototypentechnologie in den Kampf. Ihre Chancen waren schlecht, aber überlegene Feuerkraft siegt immer. Call of Duty: Black Ops 2 arbeitete mit Konzepten von zukünftiger Kriegstechnologie. Im Jahr 2025 entschieden Roboter und unbemannte Fahrzeuge die Schlacht. Das alles wurde aber nicht nur angetackert, um auf dem schnellen Egoshooter-Markt relevant zu bleiben, der Ausflug ins Jahr 2065 fühlte sich sehr nach CoD an.

Nun stellt sich die Frage, ob Call of Duty: Black Ops 3 im Anschluss dessen wirklich ein Statement machen kann, das groß genug ist. Nicht nur visuell auf den neuen Konsolen überzeugt, sondern auch mit Ideen für die Kampagne glänzt und erneut für solide zwölf Monate Multiplayerkrieg sorgt. Letzteres wird am Ende nur die Zeit zeigen, aber die Kampagne ist unglaublich ambitioniert - und damit nehme ich nicht Treyarch die Worte aus dem Mund mit der sie die Abwesenheit eben jener auf Playstation 3 und Xbox 360 zu erklären. Es gibt einfach keine anderen Worte, es korrekter zu beschreiben.

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Treyarch serviert einen 11-Missionen-Marathon von ideenreich konstruierten Szenarien, in denen strategisches Denken überlebenswichtig ist.
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Mit unglaublichem Eifer serviert Treyarch einen 11-Missionen-Marathon von ideenreich konstruierten Szenarien, in denen strategisches Denken überlebenswichtig ist. Erfahrene Spieler werden dennoch mit allem unter dem Hardend-Schwierigkeitsgrad leichtes Spiel haben. Die neuen Spielzeuge, um die Feinde auszutricksen, bringen so viel Spaß, dass es förmlich nach Experimenten schreit. Man sollte damit rechnen, den eigenen Spielstil mehrmals zu verändern.

Das lange Tutorial zeigt die Hauptfigur - männlich oder weiblich - die nach einer grauenhaften Begegnung ohne Gliedmaßen zum sterben zurückgelassen wurde. Aber es gibt eine letzte Chance, nur ist die eben mit der neusten militärischen Robotiktechnologie verknüpft. Man wird quasi zu Robocop. Die schicksalhafte Zwischensequenz ist ganz im Stil des Hollywood-Klassikers von Paul Verhoeven gehalten. Die vorangehende Mission in Äthiopien, ein Rettungsversuch in einem Gefängniskomplex, der man aus Sicht der Sicherheitskameras beobachtet, enthält brutale Folterszenen und ist nur schwer zu ertragen.

Halb Mensch, halb Maschine, aber ganz Soldat haben wir ein Kommunikationssystem namens Direct Neural Interface (DNI) im Körper, das uns in virtuelle Trainingszenarien wirft. Die lassen sich unmöglich von der Realität unterscheiden, bis der Instrukteur die Action einfriert, um mit der Unterweisung fortzufahren. Diese Missionen werden auf eine ähnliche Art benutzt wie die Erinnerungs-unterstützten Untersuchungen in Minority Report, sind aber dichter an Jake Gyllenhaals Rolle in Source Code. Ein hübsches Vehikel, das die Spieler mit Missionshintergründen versorgt und Szenen miterleben lässt, in denen Terroristen frühere Aktionen planen, ausführen und fliehen und uns so zu ihrem aktuellen Aufenthaltsort führen.

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Selbst ohne die Cyber-Verbesserungen gibt es keine Linearität mehr im Spiel, das nun einen Ansatz der offenen Areale beim Leveldesign verfolgt.

Wir haben eine elektrische Rüstung, die unsere Stärke und Beweglichkeit verbessert. Unsere Geschwindigkeit erlaubt lange Läufe an Wänden und versorgt uns mit allerhand Möglichkeiten bei der Wahl der Route. Selbst ohne die Cyberkern-Verbesserungen gibt es keine Linearität mehr im Spiel, das nun einen Ansatz der offenen Areale beim Leveldesign verfolgt. Während sich viele Örtlichkeiten für Allrounder-Taktiken mit dem Sturmgewehr anbieten, sind doch die Vorteile eines Scharfschützengewehrs in den offenen Bereichen und einer Schrotflinte auf engen Raum schnell offensichtlich. Dadurch spürt man bei allen Missionen weniger Einschränkungen.

Aber wie schon einer der kommandierenden Offiziere anmerkt: "Mit DNI ist dein Gehirn deine beste Waffe." Es gibt drei Kategorien des Cyberkerns, die dazu benutzt werden, die Schlacht ohne Waffen zu beeinflussen und mit gleichzeitigem Druck auf beide Schultertasten ausgelöst werden. Der Kontrollkern wird dazu benutzt, Roboter zu schwächen oder zu übernehmen, während der Chaoskern bei menschlichen Gegnern Panik erzeugt oder schwere physische Schäden verursacht. Die dritte Ausprägung verstärkt die Schleichfähigkeiten und die Aggression, die meisten Vorteile dienen der Rüstung und dem Nahkampf.

Mit einem der drei Kerne an Bord sieht der Weg vor uns völlig anders aus und die Begegnungen mit dem Feind machen um einiges mehr Spaß. Verteidigungstürme mit Sicht auf ursprünglich heimtückische Routen mähen alle Ziele nieder. Roboter überhitzen, während normale Soldaten von Glühwürmchen eingeäschert werden. Es gibt auch eine besonders großartige Bodenattacke. Die Ziele müssen in Reichweite sein und die Fähigkeit braucht eine Weile, um sich aufzuladen, es ist also kein Siegknopf. Stattdessen ändert sich der Fokus des Spiels. Man sieht die Feinde nicht mehr als reine Kugelschwämme, sondern analysiert die einzigartigen Merkmale nach Möglichkeiten, eben jene auszunutzen. Es ist erstaunlich wie schnell der Einsatz dieser Fähigkeiten zur Normalität wird. Weil jeder Kern seinen eigenen und offensichtlichen Nutzen besitzt, fühlt sich auch nichts nach einem Gimmick an. Man liegt nach dem Zocken noch wach und überlegt, was man sonst noch für Optionen hat - so gut ist das.

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Leistung steht im Vordergrund und die Waffenbaumöglichkeiten versorgt uns mit raffinierten Knarren ganz nach unserem eigenen Geschmack.

Black Ops 3 ist härter als jedes andere Call of Duty. Es ist geradezu herzerwärmend zu sehen, wie viel von dem was es uns bietet, aus den Wünschen der Fangemeinde entstanden ist. Identität durch Personalisierung zum Beispiel, wie amüsante Bemalungen der Waffen, aber Leistung steht im Vordergrund und die Waffenbaumöglichkeiten versorgt uns mit raffinierten Knarren ganz nach unserem eigenen Geschmack. Das System, um dass eigene Profil während der Kampagne zu managen, ist ebenfalls sehr elegant. Es gibt ein Safe-House, um seine Sammlung zu inspizieren, den Data-Fault nach Files zu durchsuchen. Wir können Waffenkammer und Cyberkern-Station durchstöbern, um alle Loadouts zu vergleichen. Außerdem gibt es hier eine Combat-Immersion-Station - ein virtuelles Trainingsgelände, um die eigene Fähigkeiten zu verbessern. Anders gesagt: Falls eine Einzelspieler-Kampagne unmodern geworden sein sollte, hat irgendjemand vergessen, das Treyarch zu erzählen.

Aber das ist noch längst nicht alles. Der neue Zombie-Modus "Shadows of Evil" ist eine komplett unerwartete, düstere und trotzdem komödiantische Eskapade in den Film Noir. Mit dabei sind Jeff Goldblum, Heather Graham und Ron Perlman als Magier, Tänzerin und Boxer. Jeder einzelne von ihnen liefert eine erstklassige, variete-artige Performance und versüßt mit großartigen Einzeilern das Zombie-Metzeln. Wie schon immer im Zombiemodus liegt die Herausforderung im Überleben, angetrieben von der Punktejagd.

Neben dem Retrogefühl, gibt es noch eine andere coole Wendung: die Möglichkeit, sich in ein Biest mit Tentakeln zu verwandeln, das neue Routen öffnet, sich an Adler-Haken hängt um geheime Räume zu erreichen und generell alles niederringt, was in seine Nähe kommt. Selbst im Vierer-Team geht es schnell zur Sache, die Straßen und Gassen sind eng und es gibt wenige offene Areale, um sich dem Angriff der Zombies zu entziehen. Dieser Modus war schon immer lustig, aber die neue Version ist für Gejohle entworfen worden. Die Zombies haben wirklich viel Aufmerksamkeit bekommen, es gibt so viele schöne kleine Details, einfach fantastisch.

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Der neue Zombie-Modus "Shadows of Evil" ist eine komplett unerwartete, düstere und trotzdem komödiantische Eskapade in den Film Noir.

Selbst ohne den berühmten Multiplayer liefert Call of Duty: Black Ops 3 schon ein großartiges Paket. Die Produktion geht durchs Dach und bietet mehr als nur eine teure neue Lackierung. Treyarch hat wirklich alles gegeben um zu zeigen, dass sich das Franchise auch nach so langer Zeit immer noch frisch anfühlt. Unter allen Blockbustern, die bisher auf den aktuellen Konsolen zu haben sind, ist Black Ops 3 eines der aufpoliertesten und gut durchdachtesten. Dazu gibt es eine Ansammlung großartiger Spielmodi, die sich sofort fantastisch anfühlen. Natürlich wird es noch DLC-Pakete geben, aber wir sind uns sicher, dass es viele, viele Stunden dauern wird, bis man die Tiefe der Kampagne bis zum Letzten ausgereizt und Shadows of Evil bis zum Ende überlebt hat. Man müsste schon ein schlimmer Zyniker sein, wenn man dieses Egoshooter-Meisterwerk in Stücke zerreißen wollte.

Nach den erhöhten Bewegungsmöglichkeiten in Advanced Warfare fühlt sich der PvP-Multiplayer von Black Ops 3 derweil fast ein bisschen eingeschränkt an. Das ist aber vor allem auch ein Zeichen dafür, dass Treyarch einem eigenen Weg folgt. Treyarch wollte den Regler für Wahnsinn nicht noch eine Stufe höher drehen. Stattdessen ist Reise, um alle neun Spezialisten-Klassen zu meistern - die letzte schaltet sich bei Level 46 kurz vor Prestige frei - langsam und gleichmäßig. Die eigenen Aktionen bescheren Erfahrungspunkte und die Möglichkeit, alle Klassen auszuprobieren, braucht auch genau diesen Levelfortschritt. Denkt also gar nicht erst darüber nach, wie lange es bis zur ultimativen Killstreak dauern mag. Haltet eure Köpfe lieber unten auf dem Weg zum Lieutenant General III bei Level 51.

Die Spezialisten bringen ein bisschen Zeitgeist. Superhelden-Dramen sind in aller Munde und Black Ops 3 serviert uns kostümierte Supertypen, damit auch das Egoshooter-Genre in die Gänge kommt. Die Fähigkeiten gehen nicht so weit wie bei Destiny, aber es gibt den geschmeidigen und schleichenden Bogenschützen für Anfänger (Outrider), den unter Strom stehenden Typen für Chaos (Prophet) oder den Revolverhelden (Seraph), der mit einem Schuss töten kann. Deren Persönlichkeiten werden mit lustigen Bemerkungen auf dem Schlachtfeld lebendig. Entweder vor der Runde oder auch mittendrin, dass hängt von der eigenen Leistung ab. Bei Battlefield hätte jetzt man Bedenken, aber bei Call of Duty wird in der turbogeladenen Adrenalinzone gearbeitet, da passt das schon.

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Jeder der neun Spezialisten hat zwei Hauptfähigkeiten, die mit denselben Token freischaltet wie die Knarren der Loadouts.

Die Lernkurve ist langsam und gleichmäßig, der Multiplayer hat aber auch ordentlich Tiefgang. Jeder der neun Spezialisten hat zwei Hauptfähigkeiten, die mit denselben Token freischaltet wie die Knarren der Loadouts. Outrider nimmt seinen Bogen mit aufs Schlachtfeld oder den Vision Pulse Radar, um die Gegend zu scannen. Battery hat einen Granatwerfer oder eine kinetische Rüstung, von der für kurze Zeit die Kugeln abprallen - zur Überraschung desjenigen, der grade ein ganzes Magazin seiner Maschinenpistole entleert und nun eine Sammlung Querschläger im Kopf hat. Die Spezialisten machen alle Spaß und verbessern potenziell das Spiel oder ruinieren es, das muss sich langfristig erst noch zeigen. Die Tatsache, dass sich alle Charaktere einzigartig anfühlen, ist allerdings schon eine Leistung für sich.

Diese Spezialwaffen und Fähigkeiten kombinieren sich mit den üblichen CoD-Perks wie Radarunsichtbarkeit oder einer neuen Variante, die einem eine Art Spinnensinn verschafft, der Feinde in unmittelbarer Umgebung anzeigt. Die Anzahl der Permutationen dürfte fast grenzenlos sein. Die wichtigsten Fähigkeiten in Black Ops 3 sind aber die Wandläufe und Raketensprünge - Parcours wie ein Profi, während man seine Kills macht. Man konzentriert sich die meiste Zeit dann doch auf die Möglichkeiten seiner vergleichsweise wenig futuristischen Knarren.

Neben den ganzen Spielereien aus der nahen Zukunft bleibt doch zu sagen, dass sich der PvP-Multiplayer von Black Ops 3 immer noch wie ein Spielplatz für stiefeltragende, arschtretende Marines anfühlt, die aber jetzt noch mehr Gründe dafür haben, aufeinander aufzupassen. Black Ops 3 ist jedenfalls ein vollwertiges Call of Duty und ich habe wirklich ein bisschen Angst vor der Unmenge an Zeit, die ich darin versenken werden.

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09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
das stärkste Call of Duty seit Modern Warfare 2, Kanddiat für einer der besten Blockbuster für die aktuellen Konsolen, unglaublich riesiges Paket
-
Kampagne nur auf höheren Schwierigkeitsgraden interessant, die neuen Multiplayer-Modi sind gut aber nicht unbedingt großartig
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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