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Halo 5: Guardians

Halo 5: Guardians

Es ist eines der am meisten erwarteten Games des Jahres - und wir durften uns bereits durch das neue Halo-Universum kämpfen und Story sowie Multiplayer ausgiebig zocken.

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Da ist er. Spartan-Krieger John-117. Meine Augen schauen in sein behelmtes Gesicht, während ich ihm in einem rauen Ton laut und deutlich zu verstehen gebe, dass er sich zu ergeben und mir zu folgen habe. Schon bald ist klar, dass es so leicht nicht werden wird. Ich schmeiße eine kleine Disc los. Sie ist magnetisch und landet auf seiner Rüstung, woraufhin mein Wille geschieht. Beide Parteien wissen, wohin das führt. Ich schüttele mich frei von der Fiktion auf dem Bildschirm. Komisch, ganz untypisch habe ich mehrere Stunden lang keine einzige Notiz gemacht. Es gibt sogar ein paar Nachrichten auf dem Handy und es muss auch jemand geklingelt haben, während ich versuchte, eine professionelle Distanz zu halten zu den Erlebnissen im Jahr 2558 im großen Halo-Universum.

Wer kein Fan ist, dem erscheint Halo manchmal ein wenig kompliziert. Gerade der Plot macht es Einsteigern nicht leicht. Dialogzeilen knallen in der gleichen Frequenz aus dem Helm des Master Chief wie die Projektile aus den über drei Dutzend Zukunftswaffen. Kein Wunder, dass das ungeübte Auge und Ohr dabei leicht übersehen und überhören kann, warum diese Spiele etwas derart besonderes sind. Viele Kreaturen, Künstliche Intelligenzen und Rassen sind in die Geschichte eingewoben. Die Covenant, die Flood, die Vorläufer und die Prometheaner - es ist schon eine Herausforderung, das alles zu verfolgen. Aber wer sich in dieses Sci-Fi-Universum investiert, wird es lohnender finden als die meisten anderen. Um die Dinge noch schwieriger zu machen, gibt es in einigen der genannten Gruppen unterchiedlichste interne Kämpfe. Und das Halo-Universum bietet alles von Bücher über Comics bis hin zu einer TV-Serie mit echten Schauspielern und solider CGI-Unterstützung.

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Halo 5: GuardiansHalo 5: Guardians
Innerhalb kurzer Zeit sind die Linien gezeichnet und die Geschichte saugt dich gnadenlos in eine tiefe, interessante Welt.
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Mit neugieriger Ehrfurcht startet also ein langjähriger Fan wie ich in das Abenteuer und übernimmt zuerst die Rolle von Jameson Locke. Der führt das Fireteam Osiris an und hat drei Krieger an seiner Seite: Vale, Tanaka und Buck. Mit einer Vergangenheit im Office of Naval Intelligence haben wir eine Lizenz zum Töten. Und Osiris' Ziel ist klar: Das Blue Team von John-117 einzukassieren, jenem Krieger, der vielen besser als Master Chief bekannt ist. Aber schon in der nächsten Mission des Spiels übernehmen wir genau dessen Rolle und bekommen als Master Chief eine geheimnisvolle Nachricht aus der Vergangenheit. Das Blue Team besteht aus Master Chief und drei erfahrenen Kämpfern, die John-117 durch dick und dünn folgen - vor allem in diesen Zeiten, in denen er den Glauben an das System verloren hat und seinen eigenen Weg geht.

Innerhalb kurzer Zeit sind die Linien gezeichnet und die Geschichte saugt dich gnadenlos in eine tiefe, interessante Welt. Die geheimnisvollen Wächter haben ihren majestätischen Auftritt - und als das passiert innerhalb der ersten 30 Minuten. Ich würde gerne mehr zu den Ereignissen schreiben, aber das wäre unfair gegenüber allen, die garantiert bald wie ich vor ihren Bildschirmen sitzen werden, um einer Geschichte zu verfallen, die alte Ereignisse aufnimmt und gleichzeitig mit neuen Wesen und Elementen füllt. Man hat das Gefühl, durch ein Meisterwerk der Science-Fiction zu spielen, ein Meisterwerk Made in Hollywood.

Einige Sekunden nach der atemberaubenden Eröffnungsszene bemerkte ich die erste große Veränderung im Vergleich zu den bisherigen Halo-Spiele. Die Steuerung gleicht nun eher einem klassischen Egoshooter - das Zielen auf dem linken Trigger, Ballern auf der rechten Seite. Die Bumper werden dazu verwendet zu schlagen oder Granaten zu werfen. Und die restlichen Tasten auf dem Controller folgt einem Stil, den wir alle von den Call of Duty-Games kennen. Als Hardcore-Halo-Fan gestehe ich natürlich ein, dass die Halo-Steuerung nicht immer optimal war. Aber das ist jetzt Geschichte und die neue Standard-Steuerung ist einfach und intuitiv. Allerdings ist es möglich, zu verschiedenen Versionen von älteren Halo-Setups zu wechseln, wenn man mit der neuen Steuerung nicht happy ist. Das Gameplay ist jedenfalls insgesamt flüssiger als zuvor.

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Halo 5: GuardiansHalo 5: Guardians
Mit Abstand der größte Teil des Spiels hat eine Optik der absoluten Spitzenklasse.

Man spürt, dass die Entwickler ein bisschen auf Games wie Titanfall geschielt und daraus ein eleganteres, schnelleres Steuerungsschema gebaut haben. Allein die Tatsache, dass man auf dem hektischen Schlachtfeld herumspringen kann und sich dann einfach automatisch an einer anvisierten Kante hochzieht, macht das Spielerlebnis so viel schneller und flüssiger - und bereichert es vor allen Dingen erheblich. Viele der Level sind so konzipiert, genau diese Bewegungen in allen Dimensionen zu ermöglichen. Wir müssen hochspringen, runterspringen oder alles zu einem wilden Parcours-Tanz kombinieren.

Wir haben einen kleinen Vorgeschmack der grafischen Möglichkeiten der Xbox One im Halo-Kontext mit der Halo 2: Anniversary in der Halo: The Master Chief Collection bekommen. Schon hier war die Optik fantastisch und die Zwischensequenzen von einer Qualität auf Augenhöhe mit aktuellen Filmen. Das weckte natürlich riesige Erwartungen für Halo 5: Guardians - die größtenteils auch erfüllt werden. Während man die Gesichter der Menschen in den Zwischensequenzen bestaunt, beginnt man zu begreifen, dass mehrere bekannte Akteure ihre Stimmen und ihre Körper für Motion-Capture-Sessions zur Verfügung gestellt haben. Nathan Fillion etwa, bekannt aus der TV-Serie Firefly, spielt Edward Buck. Sein Charakter ist erwähnenswert, da er viele trockene und unterhaltsame Dialogzeilen hat und stark zur Illusion beiträgt, dass man hier einen Film durchspielt.

Wo die Grafik nicht ganz den Erwartungen entspricht, ist in den kleinen Details der einzelnen Level. Der gemeinsame Nenner der Welten ist, dass sie den Eindruck von Leben und wilden Planeten mit Flora und Fauna gefüllt erwecken sollen. Leider sind Teile der Botanik nicht wirklich gelungen, und das zerstört ein klein wenig die sonst fast makellose Illusion. An anderen Ecken gibt es kleine grafische Fehler in Bäumen oder Pflanzen, die im Wind wiegen oder mit kaputten Texturen von Felsen. Aber mit Abstand der größte Teil des Spiels hat eine Optik der absoluten Spitzenklasse.

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Halo 5: GuardiansHalo 5: Guardians
Durch die dedizierten Server war die Multiplayer-Erfahrung geprägt von schnellem Matchmaking und einer hohe Qualität der Spiele.

Der Soundtrack des Spiels ist fantastisch. Halo-Spiele haben schon immer von ihren symphonischen Meisterwerken gelebt, die den Soundtrack zu epischen Weltraumschlachten lieferten. Halo 5 ist da keine Ausnahme. Die Musik und der Soundtrack sind erstklassig. Es gibt große Unterschiede in der Musik, wobei einige neue Stücke gekonnt zu den Wurzeln der vorherigen Spiele zurückkehren - da wird man plötzlich richtig nostalgisch. Es wurde wirklich Liebe und Energie in diesen Teil des Spiels investiert. Das Ergebnis ist meisterhaft mit großen pompösen Musikstücken insbesondere für die epische Szenen des Weltraumabenteuers. Ohnehin ist der gesamte Audio-Teil absolut beeindruckend. Keinerlei Kindergarten-Knarrengeräusche mehr - die Waffen klingen nun wie eine Sammlung mächtiger Wummen. Und sie klingen nicht nur fetter, es ist auch ein absolutes Vergnügen, jede einzelne zu verwenden. Alle bekannten Halo-Waffen sind im Preis inbegriffen, inklusive der Prometheaner-Werkzeuge.

Halo-Spiele waren immer für einen soliden Multiplayer bekannt - und das gilt weiterhin. Nach dem unerwarteten Disaster beim Multiplayer der Halo: The Master Chief Collection muss man natürlich etwas vorsichtig sein, aber wir durften eine ganze Menge vom Multiplayer auf echten Servern spielen. Die waren natürlich nicht komplett gestresst in Sachen Auslastung und sicherlich zusätzlich extragut ausgestattet und getestet. Nach einem intensiven Test aller Spielmodi und Level lässt sich die Multiplayer-Erfahrung trotzdem einfach und schnell zusammenfassen lassen: Ich will mehr und ich will es jetzt! Die Geschwindigkeit und die Eleganz der Story wird hier gehalten und alles läuft superflüssig. Wirklich alle Matches halten perfekt das Tempo.

Ich habe sowohl die Modi Arena als auch Warzone ausgiebig gezockt. Arena ist eher für kleinere Runden konzipiert, man braucht aber trotzdem mindestens acht Spieler. Ich habe die Varianten "Breakcut", "Stronghold" und "Slayer" eingeführt. Die letzten beiden decken die klassischen zonenbasierte und Deathmatch-Spielarten ab. Die erste Variante imitiert quasi Lasertag- oder Paintball-Setups, in denen man eine eine Flagge erobern oder das andere Team auslöschen muss um zu gewinnen. Das Tempo ist hoch und ich fluche laut, als mein Test-Server geschlossen wird und ich vorerst keinen Zugang mehr zu diesem Modus habe. Dann halt Warzone. Hier warten großartige und riesige Schlachtfeldern, auf denen man sich mit mindesten siebzehn andere Spielern kloppen kann. Vieles aus der Vorgeschichte der Reihe ist hier verewigt, zudem wechseln sich Strategie und Chaos andauernd ab. Es riecht ein bisschen wie der Modus mit mehr Langzeitqualitäten. Durch die dedizierten Server ist die Multiplayer-Erfahrung geprägt von schnellem Matchmaking und einer hohe Qualität der Spiele. Es gibt weder Tearing, Layers oder andere Klassiker schlechter Multiplayererfahrungen.

Halo 5: GuardiansHalo 5: Guardians
Das Spiel verbeugt sich ehrfürchtig vor der Vergangenheit, definiert aber auch neu und erfrischend eine eigene Zukunft.

Als zusätzliche Schicht des Multiplayers gibt es in Halo 5: Guardians die REQ-Karten, die an die Burn-Karten in Titanfall erinnern. Man verdient sich im Spiel oder kauft mit Echtgeld Kartenpakete, die alles von Waffen, Fahrzeuge bis zu neuen Outfits enthalten in unterschiedlichen Seltenheitsstufen enthalten können. Dieser Teil war noch nicht 100-prozentig live integriert, scheint aber der Balance nicht zu schaden. Es gibt zudem ohnehin noch so einige Unbekannte in der Multiplayer-Formel des Spiels, aber die Teile, die ich intensiv spielen durfte, geben allen Anlass dazu zu glauben, dass es komplett passt. Dennoch bleibt es alles in allem schwierig, hier zu einem abschließenden Urteil zu gelangen.

Ich habe die Story von Halo 5: Guardians zweimal komplett abgeschlossen und will unbedingt eine dritte Runde mit Freunden im Koop, ganz egal ob lokal auf der Couch oder online. Wenn man alleine spielt, dann werden die übrigen Mitglieder des Teams von Bots übernommen, die uns sehr anständig unterstützen. Ich beendete die Story auf normaler Schwierigkeitsstufe nach knapp zwölf Stunden das erste Mal. Meine nächste Reise war spürbar schwieriger, bedingt durch die Heroic-Anforderungen. Wer die grandiose Geschichte so richtig genießen will, sollte vielleicht nicht gleich ganz einsteigen, aber das muss jeder selbst wissen am Ende.

Halo hat es also wieder getan. Das Spiel verbeugt sich ehrfürchtig vor der Vergangenheit, definiert aber auch neu und erfrischend eine eigene Zukunft. Wer ganz neu dazukommt, sollte vielleicht sogar vorher die Halo: The Master Chief Collection zocken, um so alle Nuancen der tollen Geschichte in Halo 5: Guardians zu verstehen. Für alle anderen gibt es nur eine Empfehlung: Ein paar Tage frei nehmen und sich isolieren zu Hause mit einer großen Menge Lieblingssnacks und reichlich Koffein. Dann die Story als Einsiedler am Stück genießen und danach nahtlos in die Multiplayer-Schlachten einsteigen. Ich warte dort schon, garantiert.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
die neue Steuerung, fesselnde Geschichte, abwechslungsreich, fantastischer Musik und überzeugender Sound, Multiplayer vielversprechend, viele Stunden bester Unterhaltung
-
Grafik an manchen Stellen zu rau
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ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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KRITIK. Von Sebastian Sørensen

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