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FIFA 16

FIFA 16

EA hat es geschafft, die Balance für die Fußballsimulation wiederzufinden. Das Gameplay ist in allen Bereichen verbessert, dafür ist die KI extrem unfair geworden.

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Hinweis: Kurz vor dem Beenden dieses Textes hat EA Sports ein Update für FIFA 16 veröffentlicht, das einige Bugs behebt, die Stabilität in einigen Spielmodi verbessert und aktuelle Transfers sowie Lizenzen hinzufügt. Für die Kritik konnten wir das Update nicht abschließend berücksichtigen, so dass diese Review auf Basis der vor der Veröffentlichung für uns verfügbaren Version von FIFA 16 entstanden ist.

Die größte Kritik, die wir in der Regel von Nicht-FIFA-Spielern hören, ist, dass der EA-Simulator immer "das gleiche wie im letzten Jahr liefert". Also in dem Sinne, dass es ein Fußballspiel ist, mit offiziellen Lizenzen gefüllt sowie vielen Offline- und Online-Modi. Ja, irgendwie ist es immer gleich. FIFA-Fans jedoch werden leicht bezeugen, dass sich FIFA in der Regel von Jahr zu Jahr teils dramatisch ändert, manchmal gar auf eine schockierende Art und Weise. FIFA 15 zum Beispiel markierte eine erhebliche Veränderung im Vergleich zu FIFA 14. So sehr, dass dem Spiel der Fokus, seine Stabilität und die Gesamtqualität abhanden kam.

In diesem Jahr war die Situation anders. EA Sports gab zu, dass es notwendig war, das Gameplay zu verfeinern. Und genau das haben sie getan. FIFA 16 ist stabiler, hat weniger Fehler und das Potenzial, ein qualitativ hochwertiges Fußballspiel zu sein - aber es ist immer noch bei weitem kein perfektes Spiel. Es ist weit davon entfernt. FIFA war schon immer ein kompliziertes Fußballspiel, vor allem für Anfänger. Und die neue Ausgabe tut nichts, um diese Situation zu verbessern. Es gibt neue Dribblings und Passoptionen sowie einige verschlüsselte Tastenkonfiguration. Ein neues Feature ist das Dribbeln ohne Ball, durch das wir Körperbewegungen machen können, während wir L1/RB und den linken Stick drücken. Das heißt, man kann jetzt diese neuen Dribblings nutzen, Finten mit dem rechten Stick zeigen, abgeschirmte Dribblings mit L2/LT machen und frontal dribbeln mit L2/LT plus R2/RT. Zusätzlich zu den üblichen Sprint und normalen Dribblings. Es ist wirklich zu viel.

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FIFA 16 ist stabiler, hat weniger Fehler und das Potenzial, ein qualitativ hochwertiges Fußballspiel zu sein - aber es ist immer noch bei weitem kein perfektes Spiel.

So auch beim Passen. Es gibt all diese klassischen Varianten (regulär, Pass in den freien Raum, hoher Pass usw.) sowie das sogenannte "sinnvolle" Passen, was in der Praxis zu einer stärkeren und schnelleren Ballweitergabe führt. Wer die Tasten R1/RB gedrückt hält beim Passen, schickt den Ball mit hoher Geschwindigkeit an einen Mitspieler. Ideal für lange Passwege, aber so ein Versuch geht sehr falsch daneben. Auch FIFA-Veteranen müssen einen Prozess der Anpassung an das neue Mechanik durchlaufen, der nicht unbedingt einfach ist. Aber Gelegenheitsspieler können sich leicht überfordert fühlen mit so vielen Möglichkeiten. In dem Bemühen, diesen Prozess zu erleichtern, hat EA ein neues Hilfesystem implementiert, das während des Spiels die Tasten für alle möglichen Kontexte erklärt. Das ist besonders nützlich und wirksam, anders als die Skill-Games, die Spaß machen, aber "nur" eine bereits gute Ausbildung fortsetzen.

Wenn man schließlich alles entdeckt, was mit FIFA 16 möglich ist, stellt man fest, dass alle notwendigen Optionen am Start sind, um eine hochwertige Fußballsimulation zu erleben. Das schwindelerregende Tempo von FIFA 15 wurde spürbar reduziert, viele (aber nicht alle) Probleme der Physikengine und bei den Animationen sind gelöst. Das Gameplay ist ausgeglichener, zusammenhängender und realistischer geworden. Mit anderen Worten: Das Gameplay von FIFA 16 ist herrlich... wenn man sich denn dafür qualifiziert, es erleben zu dürfen.

Das größte Problem ist das Ungleichgewicht der verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Bis FIFA 14 etwa habe ich immer auf der "Legendary"-Stufe gespielt, aber im letzten Jahr fühlte ich die Notwendigkeit, zu "Weltklasse" herabzugehen. In diesem Jahr ist die Situation noch schlimmer, mit einer Künstlichen Intelligenz, die einfach unerbittlich ist. Nicht, weil sie jetzt sehr klug agieren würde, sondern weil sie einfach viel zu gut ist. Die Computergegner passen sich den Ball mit großer Leichtigkeit zu und antizipieren fast immer korrekt, was man selbst im Angriff versucht. Hinzu kommen einige Anti-Fußballtaktiken, was die Sache immer schlimmer macht. Ich schätze, dass EA Sports versucht, jedes Element des echten Fußball in den Simulator zu integrieren, aber wenn man diese Art von Taktik in der KI umzusetzen beginnt, geht das vielleicht ein bisschen zu weit.

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Auch FIFA-Veteranen müssen einen Prozess der Anpassung an das neue Mechanik durchlaufen, der nicht unbedingt einfach ist.

Ein Beispiel: Wenn man gegen die KI um die 75. Minute herum in Rücktand gerät, wird das gegnerische Team "den Bus parken" und stumpf den Weg zum Ziel blockieren. Schlimmer noch, es wird den Ball mit unheimlicher Genauigkeit passen. Und wenn die KI die Chance bekommt, wird sie einen Spieler mit dem Ball in die gegenüberliegende Ecke laufen lassen und dort versuchen, ganz stumpf den Ball zu halten. Dies geschieht natürlich auch im echten Fußball, dort erlebt man diese Art Anti-Fußballtaktik jedes Wochenende. Aber es ist eine sehr frustrierende Erfahrung für jeden Spieler. In Fortsetzung dieser Linie des Denkens, was wird als nächstes kommen? Vorgetäuschte Verletzungen und lange Behandlungen auf dem Feld, um Zeit zu schinden?

FIFA 16 auf einem hohen Schwierigkeitsgrad zu spielen ist fast eine schmerzhafte Erfahrung. Unabhängig davon, ob es sich um ein Team von drei oder fünf Sternen handelt, lässt uns die KI einfach nicht spielen. In der "Weltklasse"-Schwierigkeit habe ich einen Großteil der Spiele mit weniger Ballbesitz als der Gegner beendet. Das galt selbst, nachdem ich meinem Team ein Hochfeld-Strategie verpasst hatte mit dem Fokus, den Ball zu halten. Das Problem ist, dass die KI so verdammt ausgezeichnet beim Erkämpfen des Balls agiert. Und dann die Pille ganz leichtfüßig in der eigenen Verteidigung und im Mittelfeld hin und her passt. Das wiederum zwingt uns dazu, wie irre zu versuchen, den Ball zurückzuerobern - bis man ihn danach schnell wieder verliert. Es ist frustrierend. Ich finde, es darf ruhig schwierig sein, aber nicht immer schwieriger. Es muss noch realistisch bleiben, nicht jedes Team darf wie Barcelona spielen. Natürlich kann man das alles per Slider selbst feinjustieren und die Schwierigkeit individuell anpassen.
 
Glücklicherweise ist die Online-Erfahrung befriedigender. Gerade in diesem Zusammenhang werden die Gameplay-Verbesserungen und Verfeinerungen wirklich offensichtlich. Egal, ob ich gewonnen oder verloren habe, es hat fast immer Spaß gemacht und ich hatte immer das Gefühl, fair behandelt worden zu sein. Selbst schwierigste Verluste konnte man schlucken, etwa jenen, als ein Konter reichte, ein Spiel der überwältigenden Dominanz dann doch noch zu verlieren. Es waren aber immer die eigenen Fehler und die Schnelligkeit der Gegner, nicht Fehler im Spiel selbst oder die "göttliche Intervention" die KI , die die meisten Spieler auch als Scripting bezeichnen.

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Das schwindelerregende Tempo von FIFA 15 wurde spürbar reduziert, viele (aber nicht alle) Probleme der Physikengine und bei den Animationen sind gelöst.

FIFA 16 ist wohl die beste Fußballsimulation, die ich je online gespielt habe. Es gibt viel zu erkunden und dazu den beliebten Ultimate Team- und Saisonmodus. Eine der größten Neuerungen in diesem Bereich ist FUT Draft. Hier können wir ein Team bilden, indem wir Spieler für jede Position aus einem Set von sechs Zufallsoptionen für jede Position aussuchen. Hier müssen wir insbesondere auf die Teamchemie achten. Mit dem Team können wir online oder offline in Turnieren teilnehmen, bis wir rausfliegen. Die Belohnung am Ende wird durch den gewählten Schwierigkeitsgrad definiert und die Anzahl der Siege. Man kann sogar Spieler in FUT Draft gewinnen. Alle Spieler haben ein Token, um FUT Draft ausprobieren, aber von da an kostet es Geld. 15.000 Goldmünzen werden fällig, das Äquivalent zu drei Euro. Vom Preis abgesehen ist es eine nette Einführung in das FUT-Universum, vor allem für Spieler, die viele Goldmünzen sammeln und die für etwas Neues verballern wollen.
 
Noch ein Wort zum Frauenfußball, der in FIFA 16 debütierte. Am Ende ist es immer noch Fußball, also braucht man keine dramatischen Veränderungen beim Gameplay zu erwarten. Aber es gibt einige Nuancen, die das allgemeine Gefühl etwas ändern. Mir gefällt die grundsätzliche Einführung des Modus, der eine wohlverdiente Darstellung des wachsenden Frauenfußballs bietet. Aber in FIFA 16 ist es lediglich ein erster Eindruck von dem, was wir in der Zukunft sehen werden. Mit 12 Nationalmannschaften und einem einzigen Turnier-Modus ist da wenig Substanz. Mal schauen, wie sich der Frauenfußball in den kommenden Jahren weiterentwickelt.

Mit FIFA 15 hatte EA mehrere Gameplay-Elemente verändert, aber dem Spiel seinen Fokus und die Richtung genommen. In Bezug auf die Lizenzen, die allgemeine Präsentation, die Grafik und die Spiel-Modi ist FIFA 16 nun wieder hervorragend. Aber noch wichtiger ist, dass das Gameplay in allen Bereichen verbessert ist. Es gibt noch einige Animationen und körperliche Reaktionen, die justiert werden müssen, aber insgesamt zeigt FIFA 16 qualitativ hochwertige und realistische Fußballpraxis. Es sei denn, man spielt auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Dann darf man sich auf ein paar Stunden großer Frustration freuen...

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
raffiniertes Spielsystem, tiefes Spielerlebnis, unglaubliche Anzahl von Ligen und Team, fantastische Gesamtdarstellung, umfangreicher Online-Multiplayer
-
Frauenfußball nur Fassade, riesiges Ungleichgewicht beim Schwierigkeitsgrad, KI spielt viel zu stark, kleine Fehler und Störungen, Steuerung insgesamt überladen und teils zu kompliziert
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