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Super Mario Maker

Super Mario Maker

Nintendo gibt uns ein Werkzeug, mit dem wir einen Klassiker mit anderen Augen sehen und uns neu verlieben - und wir können die Erfahrung mit der ganzen Welt teilen.

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Am 13. September 1985 ist Super Mario Bros. für das NES in Japan erschienen. Fast 30 Jahre ist das inzwischen her. Es ist ein Spiel, das vermutlich jeder Videospieler kennt und mit dem jeder seine ganz eigene Geschichte verbindet. Ich habe diese Konsole von Nintendo damals nicht selbst besessen, aber immer bei Nachbarn oder Freunden gespielt. Bei jedem Sprung habe ich den kantigen, grauen Controller mit hochgerissen, weil ich wohl insgeheim hoffte, Mario würde dadurch auch höher springen. Ich war gefangen in einer simplen Pixelwelt, deren ikonischer Held sein Aussehen vor allem der Limitierung der damaligen Technik zu verdanken hat.

Die 8-bit-Grafik machte es Shigeru Miyamoto fast unmöglich, vernünftige Haare darzustellen. Also verpasste er Mario einfach eine Mütze. Aus demselben Grund gab es übrigens den Schnauzbart, denn der definierte das Gesicht deutlicher. Und auch durch die Latzhose und das Oberteil mit langen Ärmeln konnte man bei jeder Bewegung den sympathischen Charakter erkennen. Und wem es noch nicht aufgefallen ist, die Wolken in Super Mario Bros. sind identisch zu den Büschen. Sie unterscheiden sich nur in der Farbe. Das ganze Spiel ist von Anfang bis Ende so durchdacht - auch die Spielmechaniken. Nur war das damals für mich nicht direkt zu erkennen.

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Nintendo ist es gelungen die Bedienung des Spiels so einfach zu halten, dass ihn wirklich jeder benutzen kann.
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Heute sehe ich natürlich diese Perfektion und diese Verbindung aus praktischen, cleveren und unterhaltsamen Elementen. Das Jump'n'Run ist ein Meilenstein der Videospielgeschichte und es markiert gleichzeitig den Start für eine herausragende Serie. Und um das zu feiern, wärmt Nintendo 30 Jahre später nicht einfach nur den Klassiker neu auf, sondern erfindet ihn neu. Super Mario Maker ist nicht nur ein Leveleditor, selbst wenn das auf den ersten Blick so scheint. Es ist ein Werkzeug, mit dem wir den Klassiker mit anderen Augen sehen und uns neu verlieben - und diesmal können wir die Erfahrung mit der ganzen Welt teilen.

Nintendo ist es gelungen, die Bedienung des Spiels so einfach zu halten, dass ihn wirklich jeder benutzen kann. Und das ist essenziell, um wirklich alle Mario-Freunde mitzunehmen. Nintendo gelang es nicht oft zu zeigen, was die Wii U - und damit vor allem das Gamepad mit dem zusätzlichen Bildschirm - so großartig macht. Hier aber ermöglicht uns der Controller, die Level nicht bloß zu bauen, sondern wir können sie malen. Wir wählen etwas in der Werkzeugleiste oben aus und tupfen schüchtern auf dem Touchscreen herum, schwingen den Stift oder gehen mit dem Radierer drüber.

Alles funktioniert intuitiv und ist, wie die Spiele selbst, auf das Wesentliche beschränkt. Gleichzeitig erlaubt uns Nintendo damit aber auch Dinge, die eigentlich absurd erscheinen. Ein Superpilz dient etwa dazu, Mario größer werden zu lassen. Ziehen wir einen solchen im Editor über einen Bösewicht, dann wächst auch dieser. Und warum soll man nur einen Koopa mit Flügeln versehen, wenn sie doch zu einem Trampolin auch gut passen würden. Diese kreative Freiheit wiederum führt nicht nur zu lustigen, sondern auch zu unerwartet interessanten Ideen. Wir müssen es nur zulassen.

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Jeden Tag stellt uns die Software automatisch eine neue Funktion vor und liefert ein Beispiel-Level.

Und der Remix-Gedanke geht sogar noch einen Schritt weiter, denn er schlägt nahtlos eine Brücke zu den ebenfalls herausragenden Titeln der Reihe: Super Mario Bros. 3, Super Mario World und New Super Mario Bros., die als Thema wählbar sind. Es ist im Grunde egal, in welchem Stil wir das Level beginnen, wir können ihn jederzeit wechseln. Es gibt eigentlich keine Funktion, die exklusiv für eines der vier Spiele reserviert ist. Außerdem gibt es sechs Level-Sets für die Oberwelt, die Unterwelt, Wasserlevel, Luftschiffe, Geisterhäuser und Burgen - die typischen Bowser-Bosslevel. Auch diese können zu jedem Zeitpunkt geändert werden und so auch einem bekannten Level einen neuen Anstrich verpassen.

Ein paar kleine Einschränkungen gibt es dann aber doch. Die Spiele unterscheiden sich etwa in ihrer Sprungphysik. Mario verhält sich in jedem Abenteuer ein bisschen anders. Dazu kommen solche Elemente wie die Feder, die Mario wahlweise ein Cape verpasst, ihm einen Propeller aufsetzt oder in ein Waschbär-Kostüm steckt. Jedes mal ändert sich so die Art und Weise, wie wir fliegen und damit natürlich auch, welche Hindernisse wir überwinden können. Aber das gehört dann zu den Dingen, die uns eigentlich Bekanntes komplett neu erleben lassen.

Jeden Tag stellt uns die Software automatisch eine neue Funktion vor und liefert ein Beispiel-Level. Und schickt dann das nächste Paket mit Funktionen zu uns auf die Reise, wenn wir uns eine Weile damit beschäftigt haben. Mancher mag das als Einschränkung empfinden. Tatsächlich aber wissen wir doch alle selbst, dass wir uns mit einer Beschwerde nur in die Tasche lügen. Beipackzettel werden ignoriert. Hinweise weggeklickt. Nein, ein Tutorial brauchen wir nicht. Wir sind schließlich Profis! Und dann plötzlich verstehen wir etwas nicht, geben dem Spiel die schuld und rühren es zur Strafe nie wieder an.

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Schon jetzt gibt es ein paar großartige Level mit Verzweigungen, Herausforderungen und wunderbaren Ideen.

Damit uns das kreative Schaffen etwas schmackhaft gemacht wird, hat Nintendo die Mario-Herausforderungen geschaffen. Offline müssen wir mit zehn Leben acht Level bestreiten, die vom Entwicklerteam entworfen wurden. Es gibt hundert solcher Level und bestehen wir sie, werden sie im Editor gesichert. Wir können sie uns dann anschauen, verändern und neu speichern. Online stehen uns für die Mario-Herausforderung 100 Leben zur Verfügung und es gibt drei Schwierigkeitsgrade, bei denen die Zahl der Level variiert. Wie ein Level eingestuft wird, hängt offensichtlich davon ab, wie sich andere in dem Level geschlagen haben. Je mehr scheitern, desto schwieriger wird es eingestuft.

Ist ein selbst gebautes Level im Onlinemodus zu schwer, können wir es glücklicherweise überspringen. Zu schaffen aber sind alle online verfügbaren Level. Wollen wir nämlich unser Level mit anderen teilen, müssen wir es zunächst selbst durchspielen. Wer also gehofft hat, einfach nur ein richtig fieses Werk hinzuklatschen, um andere zu ärgern, wird bitter enttäuscht. Schon jetzt gibt es ein paar großartige Level mit Verzweigungen, Herausforderungen und wunderbaren Ideen. Und dabei ist der Super Mario Maker noch nicht einmal offiziell erhältlich.

Wenn wir nun versuchen, einen Makel an diesem fabelhaften Meisterwerk zu suchen, ist das eine echte Herausforderung. Es gibt so viel zu entdecken, dass wir gar nicht nach mehr Funktionen schreien müssen. Und weniger ist eben manchmal auch einfach mehr. Nintendo ist es wirklich gelungen, eine perfekte Balance zwischen allen Inhalten herzustellen. Das Spiel animiert zum Mitmachen, ohne je zu nerven. Kurzum: Super Mario Maker ist ein Meilenstein. Bei der ersten Ankündigung war ich zwar noch ziemlich skeptisch, aber das Spiel hat mich wirklich überrascht und tut es jeden Tag aufs Neue.

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
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bekannte Welten neu entdecken, viele verrückte Kombinationen möglich, dadurch kreativ und innovativ, Leveleditor simpel zu bedienen und führt schnell zu Ergebnissen, nette Amiibo-Integration, Online-Modus quasi endlos
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kurzer Offline-Modus
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KRITIK. Von Martin Eiser

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