Rare. Nur wenige einzelne Worte bedeuten in der Gaming-Branche so vielen Menschen so viel. Es ist zudem selten, dass ein Wort verschiedenen Menschen so unterschiedliche Dinge sagt. Rare vereint ohne Frage eines der größten kulturellen Erbe der Videospiele. Das britische Studio hat eine wichtige und bedeutende Geschichte. Wie es um die Zukunft bestellt ist, bleibt abzuwarten. Aber wir können uns keine bessere Feier des 30. Geburtstags des Studios vorstellen, als 30 ihrer legendären Spiele für die Xbox One zu veröffentlichen.
Es dauert nicht lange dauern, bis ich merke, dass Rare Replay eine der ambitioniertesten (und vielfältigsten) Spielesammlungen dieser Generation ist. Hier finden wir die unsterblichen Retrotrips mit Jetpac, unversöhnlich harte Kämpfe in Battletoads, legendäre 3D-Jump'n'Runs mit Banjo-Kazooie und selbst den Kultklassiker Perfect Dark. Rare Replay ist eine Liebeserklärung an Millionen von Fans, die im Laufe der 30 Jahre ein Werk von Rare erlebten durften. Die Sammlung vereint einige der besten und berühmtesten Titel, spart aber auch Geheimtipps wie Jet Force Gemini und Kameo: Elements of Power nicht aus, die so mancher entweder vergessen oder einfach verpasst hat.
Ich war echt sehr überrascht, wie viel Spaß ich mit einigen der älteren Spiele hatten. Ich selbst bin nicht mit Spielen wie Banjo-Kazooie und Banjo Tooie aufgewachsen, aber auch ohne nostalgische Gefühle haben sie mich für zehn Stündchen gefesselt. Jetpac von 1983 (das älteste Spiel in der Sammlung) liefert auch aktuell dank einfacher Steuerung ein spaßiges Konzept. Und das weithin unterschätzte Kameo: Elements of Power langweilt mich selbst nach dem vierten oder fünften Durchspielen nicht.
Es gibt es natürlich auch Titel in Rares Bibliothek, die nicht so gut gealtert ist. Killer Instinct Gold zeigt deutlich, wie weit Gameplay und Grafik bei den Kampfspielen vorangeschritten sind. Perfect Dark Zero bleibt eine der größten Enttäuschungen überhaupt. Und ich bin vermutlich einfach zu jung, um etwas mit Sabre Wulf oder Knight Lore anfangen zu können. Trotzdem ist gerade die enorme Bandbreite positiv zu sehen, denn sie gewährleistet, dass wirklich für jeden Geschmack und jede Altersklasse etwas dabei ist. R.C. Pro-Am II zum Beispiel, noch so ein Klassiker!
Banjo-Kazooie: Schraube locker etwa hat einen enormen Suchtfaktor allein durch das Tool zum Basteln eigener Gefährte. Für den N64-Titel Blast Corps gilt das wegen der ganzen Zerstörung. Die beiden Viva Piñata-Spiele gehören zu den schönsten Lebenssimulationen überhaupt, während Atic Atac und Lunar Jetman uns zurück in eine einfachere Zeit beamen. Alle Retro-Spiele sind übrigens gut auf den Xbox One-Controller angepasst. Eine willkommene Neuerung ist, dass man nun zwischenspeichern und zurückspulen darf, um Fehler zu korrigieren. Jetzt kann selbst ich Battletoads bewältigen.
Aus logischen Gründen fehlen einige der Spiele aus dem goldenen Zeitalter des Studios wie Donkey Kong Country, Goldeneye 007, Diddy Kong Racing und Starfox Adventures. Weder Rare noch Microsoft besitzt die Rechte an diesen Werken - und ohne sie ist Rare Replay leider einfach nicht "vollständig". Jedoch fehlen Titel auch aus anderen Gründen. Das Kultspiel Conker's Bad Fur Day ist eines der vulgärsten Jump'n'Runs aller Zeiten und ist nur für Nintendo 64 erhältlich. Für die Xbox gab es ein Remake namens Conker: Live & Reloaded, aber aus irgendeinem Grund hat es nur das Original in die Sammlung geschafft.
Eine wenig nachvollziehbare Entscheidung, denn Conker: Live & Reloaded habe ich nicht nur geliebt, es ist auch einfach viel besser als Bad Fur Day. Das Gameplay ist viel runder und der Multiplayer liefert einen großen Spaß mit verschiedenen Party-Spielmodi. Eine echt verpasste Chance, einen wirklichen Klassiker neu zu beleben. Schade.
Welche Version des fluchenden Eichhörnchens man nun auch persönlich bevorzugen mag, Rare Replay bleibt eine traumhafte Reise durch die Geschichte des Studios, die Spaß macht, einem aber auch ein wenig das Herz zerreißt,wenn man schaut, was Rare heute ist. Hoffentlich ist diese Sammlung ein Zeichen, dass Microsoft endlich den wahren Wert des Studios als Spieleentwickler realisiert. Rare Replay jedenfalls wurde mit Liebe und Respekt behandelt. Die ältere Spiele sehen wirklich gut aus in der hohen Auflösung, alles ist zudem auf eine extrem positive Art und Weise präsentiert. Ein charmantes Paket verpackt, das zudem neben den eigentlichen Games noch einige andere Sachen bietet.
Snapshots sind kleine Herausforderungen, die uns in einem Szenario eines bestimmten Spiels mit veränderten Mechaniken und speziellen Zielen konfrontieren. Und ja, natürlich gibt es einen Snapshot-Moment unter Einbeziehung der berüchtigten schwimmenden Motorräder aus Battletoads. Das Beste sind jedoch die interessanten Videos, die uns einen Blick hinter die Kulissen werfen lassen. Die zeigen vor allem auch Games, die bei Rare in der Entwicklung waren, dann aber eingestellt wurden. Gameplay aus Titeln wie Kameo II und dem Kart-Rennspiel The Fast and the Furriest zerreißen einem das Herz, wenn man weiß, dass diese Spiele wohl nie mehr das Licht der Welt erblicken werden.
Leider müssen all diese Bonusinhalte freigespielt werden, indem man so viel wie möglich aus möglichst allen Games in der Sammlung freischaltet. Klar, das lädt dazu ein, auch jene Games zu erkunden, für die man sich Rare Replay nicht unbedingt zugelegt hätte. Aber es hinterlässt dennoch einen schalen Beigeschmack.
Rare Replay huldigt trotzdem dem kulturelle Erbe des Studios und ist für mich so etwas wie eine Zeitmaschine, um uns daran zu erinnern, was die Briten alles erschaffen haben. Für Fans ist die Sammlung ein Weg, alte Gefühle neu zu erleben - auch wenn einiges fehlt. Für Einsteiger ist Rare Replay ein willkommener erster Schritt in eine neue alte Welt. Und für den kleinen Preis kann man kaum umhin, sich das Ding zuzulegen.