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Yoshi's Woolly World

Yoshi's Woolly World

Das Spiel ist so gut, dass Yoshi mit Koop-Modus und Amiibo-Unterstützung sogar mit zwei absoluten Meilensteinen des Jump'n'Run-Genres konkurrieren kann.

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Nintendo dominiert das Jump'n'Run-Genre mit Leichtigkeit. Der Hersteller hat in den letzten Jahrzehnten etliche Meilensteine geschaffen. Einer davon war Super Mario World 2: Yoshi's Island. Der 1995 veröffentlichte Titel rückte den grünen Dino mit der langen Zunge in den Mittelpunkt, der fünf Jahre zuvor im Vorgänger die zweite Geige spielte. Das Spiel wurde für seine ungewöhnlichen Ideen, die Präsentation und die Vielfalt gelobt. Es gilt für viele Nintendo-Anhänger als das beste Spiel der SNES-Ära. In diesem Jahr wird Yoshi 25 Jahre alt. Zum Jubiläum könnte es kein schöneres Geschenk geben als Yoshi's Woolly World. All die Stärken des Klassikers lassen sich auch in diesem neuen Abenteuer finden. Es ist ein Jump'n'Run der alten Schule, das trotzdem alles andere als altbacken ist.

Ein Grund, warum sich die Erfahrung so frisch anfühlt, hat etwas mit dem Grafikstil zu tun. Wie schon in Kirby und das magische Garn besteht die Welt von Yoshi's Woolly World aus Wolle, Stoffen und anderen Materialien, die beim Nähen verwendet werden. Das ist auch immer Element beim Spielen. Begegnen wir einem gestrickten Shy Guy, so kann Yoshi ihn mit der Zunge greifen, fressen, runterschlucken und am Ende kommt ein Wollknäuel heraus. Schießen wir dieses auf einen stärkeren Gegner wie etwa eine Piranha-Pflanze, wird sie umgarnt und eingewickelt. Sie ist auf diese Weise ruhig gestellt und mit einem Sprung besiegbar. Sehen wir ein Stück Faden an einer gestrickten Wand, lässt sich dieser aufdröseln und ein geheimer Gang erscheint. Solche logischen Elemente machen die Welt konsistent und damit glaubwürdig.

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Yoshi's Woolly World ist ein riesiger Spielplatz voller Ideen.
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Wir starten in grünen Wäldern, es gibt Wüstenlandschaften, hübsche Strandlevel und solche, die aussehen als wären wir im Schlaraffenland. Es gibt Welten aus Feuer und Eis. Es geht über die Wolken und unter Wasser. Die Vielfalt ist beeindruckend und ebenso abwechslungsreich sind auch die Spielmechaniken. In einem Level hängen wir an Vorhängen und rasen nur so durch das Level. An anderer Stelle müssen wir einen Schneeball aus Watte formen. Wir hüpfen über handgemachte Mobiles und versuchen die Schwerkraft für unsere Zwecke zu nutzen. Manchmal ist ein Level ganz normal von links nach rechts aufgebaut. In anderen arbeiten wir uns von unten nach oben. Einige funktionieren aber auch ganz anders. Fast wie in einem kleinen Metroidvania müssen wir uns nach und nach den Weg freispielen, in alle Richtungen ausschwärmen und Schalter aktivieren.

Ein absoluter Liebling ist ein Geisterlevel, in dem sich auch Vorhänge durch die Gänge schieben. An denen können wir uns allerdings nicht festhalten, sondern die halbdurchsichtigen, rosafarben illuminierten Tücher liegen im Vordergrund des Levels und offenbaren nicht nur unsere Konturen und die der Gegner, sondern zeigen auch geheime Plattformen. Diese sind allerdings auch wirklich nur dann dort, wenn der Vorhang sie sichtbar macht. Ansonsten stürzen wir in die Tiefe. Einige Gegner sind relativ harmlos, aber werden sie vom Vorhang verdeckt, sind sie unbesiegbar und beginnen Yoshi zu verfolgen. Es entsteht ein angenehmer Druck, sich schnell fortzubewegen und gleichzeitig die Augen offen zu halten, um Geheimnisse zu erspähen.

Yoshi's Woolly World ist ein riesiger Spielplatz voller Ideen. Über 50 verschiedene Level wurden gebastelt, die ziemlich einfach beginnen, aber später auch richtig fordern können. Der Schwierigkeitsgrad ist vermutlich die größte Sorge der alten Hasen. Insbesondere, weil Kirby und das magische Garn fast zu leicht gewesen ist. Wahrscheinlich schlackern die meisten bereits mit den Ohren, wenn sie hören, dass es keine Lebensanzeige mehr gibt, sondern wir quasi unsterblich sind. Tatsächlich ist das aber die beste Entscheidung seit Jahren. Es war doch ohnehin so, dass wir in Spielen dieser Art zuletzt nie wirklich scheitern konnten und im Laufe der Zeit hunderte von Leben angehäuft haben.

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Wer etwas auf sich hält, der winkt bei all diesen Angeboten ab und versucht, das Abenteuer ohne Unterstützung zu bestehen.

Außerdem müssen wir ein Level immer noch bestehen, bevor es weitergeht. Da hilft es auch nicht, dass der japanische Entwickler Good Feel das Scheitern abgeschafft hat. Wobei, das ist eigentlich auch nicht richtig. Zum einen gibt es einen entspannten Modus, der jederzeit aktiviert werden kann. Dieser senkt den Schwierigkeitsgrad dadurch ab, dass Yoshi ein paar Flügel bekommt und nicht so leicht Schaden nimmt. Eine solche Variante ist schon aus anderen Nintendo-Spielen bekannt, wie etwa New Super Mario Bros. U. Mit dieser fast komplett frustfreien Variante lassen sich aber auch nicht alle Geheimnisse entdecken.

Zum anderen bietet das Jump'n'Run darüber hinaus eine ganze Palette von Trickansteckern, mit denen wir beispielsweise weniger Schaden kassieren, schneller laufen oder Gegenstände mit der Zunge greifen können. Diese werden nach und nach freigeschaltet und kosten für jeden Einsatz Juwelen. Von denen sind aber reichlich im Spiel zu finden, wenngleich wir sie auch nicht übermäßig verbrauchen können. Scheitern wir zu oft, lassen sich Level sogar komplett überspringen. Es gibt also einen ganzen Blumenstrauß von Spielhilfen, die das Niveau auf eigenen Wunsch auf die unterste Stufe setzen. So kann wirklich jeder damit zurecht kommen.

Doch eigentlich macht das alles nichts. Wer etwas auf sich hält, der winkt bei all diesen Angeboten ab und versucht, das Abenteuer ohne Unterstützung zu bestehen. Zudem müssen wir noch immer alle Geheimnisse selbst ausfindig machen, um auch die Bonuslevel freizuschalten. Für ein perfekt gelöstes Level müssen wir fünf Blumen, fünf Wollbündel und 20 in Juwelen versteckte Stempel finden, die übrigens Stempel für das Miiverse freischalten. Darüber hinaus darf beim Abschluss kein einziges Herz bei der Lebensenergie fehlen, das vor allem bei den Bossgegnern und Zwischenbossen eine Herausforderung darstellt.

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Aufgewertet wird die Erfahrung durch bunte, ganz verschieden gestrickte Yoshis.

Wer auf die optionalen Hilfen verzichtet und Perfektionist ist, der wird von Yoshi's Woolly World wirklich gefordert. Und dass auf so elegante Weise ein breites Spektrum an Herausforderungen angeboten wird, hängt vielleicht auch damit zusammen, dass Good Feel aus dem Bereich der Lernspiele kommt. Es geht nicht darum, eine Wand aufzubauen, sondern jeden mitzunehmen und entsprechend der eigenen Fähigkeiten zu fordern und zu fördern. Das Jump'n'Run ist nicht zu einfach, sondern es ist versöhnlich. Jeder kann sich den Schwierigkeitsgrad aussuchen, der dem eigenen Geschick entspricht.

Aufgewertet wird die Erfahrung durch bunte, ganz verschieden gestrickte Yoshis. In jeder Welt lassen sich fünf Wollbündel finden, mit denen wir einen Yoshi freischalten - über 50 gibt es im Spiel. Dazu kommen weitere über die Amiibo-Unterstützung. Damit können wir unseren kleinen Dino farblich so aussehen lassen wie etwa Mario, Prinzessin Peach, Mega Man oder Link. Mehr als 40 Amiibos werden unterstützt. Praktischerweise werden diese Kostüme fest gespeichert, so dass wir nicht bei jedem Spielstart erneut die Figuren einlesen müssen.

Ein ganz besonderer Leckerbissen ist der Koop-Modus für zwei Spieler. Einerseits vereinfachen das Spielen zu zweit das Abenteuer. Fällt ein Yoshi herunter, kann der andere weitermachen und später das fliegende Yoshi-Ei in der Luft einsammeln, um den Partner zurück ins Spiel zu holen. Für schwierige Passagen können sich die Yoshis auch gegenseitig fressen und als Wollball herumtragen. Außerdem geht uns auf diese Weise nie die Munition aus. Ganz davon abgesehen, dass zwei Yoshis natürlich mehr entdecken werden als nur einer.

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Zusammen mit Koop-Modus und Amiibo-Unterstützung kann Yoshi auch mit den beiden Meilensteinen Super Mario 3D World und Rayman Legends konkurrieren.

Wie wir aber bereits in den letzten Spielen von Nintendo erleben durften, ist ein solcher Modus nicht nur da, um sich gegenseitig zu helfen. Fressen wir den anderen Yoshi, ist dieser erst einmal außer Gefecht gesetzt. Nun haben die Entwickler inzwischen die Funktion eingebaut, dass wir uns selbst aus unserem Gefängnis befreien können - sei es nun aus dem Wollknäuel oder direkt aus dem Maul des zweiten Yoshis. Trotzdem werden zwei Spieler zusammen sicher nicht nur daran arbeiten, ein Level erfolgreich abzuschließen, sondern immer auch ein bisschen stänkern. Großartig!

Wer übrigens ohne Kumpel vor dem Fernseher hockt, kann sich einen Yoshi-Begleiter mit Hilfe der drei besonderen Amiibo-Yoshis sichern. Die Wollfiguren erzeugen eine Puppe im Spiel, die sich zwar nicht selbst bewegt, aber ansonsten ebenfalls wie ein echter Kumpel eingesetzt werden kann, um etwa immer genug Wollknäuelmunition zu haben. In den Handel kommt auch eine spezielle Edition mit dem grünen Woll-Yoshi-Amiibo und dem Spiel im Paket.

Obwohl Kirby und der Regenbogen-Pinsel für Wii U bereits ganz unterhaltsam gewesen ist, fehlte dem Abenteuer allerdings etwas die Frische. Eine hübsche Optik ist eben nicht alles. Yoshi's Woolly World dagegen sieht ebenfalls fantastisch aus und hört sich auch großartig an, selbst wenn Kirby auf diesem Gebiet vielleicht eine Nasenlänge vorn liegt. Yoshis neues Spiel ist dafür jedoch deutlich abwechslungsreicher und damit auch überraschender. Der flexible Schwierigkeitsgrad macht es darüber hinaus grundsätzlich für jeden interessant, der das Genre mag. Die vielen gut versteckten und zum Teil schwer erreichbaren geheimen Orte machen das Jump'n'Run selbst für Profis anspruchsvoll.

Zusammen mit Koop-Modus und Amiibo-Unterstützung kann Yoshi auch mit den beiden Meilensteinen Super Mario 3D World und Rayman Legends konkurrieren. Und wer hätte das Yoshi noch zugetraut, nachdem die letzten Ausflüge eher enttäuschend waren und hier schließlich nicht Nintendo am Werk war, sondern ein externer Entwickler. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Und es ist ein weiterer Beleg für eine bekannte These: Auf Nintendo-Konsolen gibt es nicht nur die niedlichsten Jump'n'Runs, sondern auch die besten.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
variabler Schwierigkeitsgrad, viele Ideen, niedliche Optik, Wolle als Spielelement, viele Strick-Yoshis, Zwei-Spieler-Koop
-
Musik nicht auf einem Level mit der restlichen Präsentation
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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