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Dungeons 2

Dungeons 2

Wer einmal in die Rolle des ultimativen Bösen schlüpfen und es den Gutmenschen heimzahlen wollte, bekommt dazu jetzt die Gelegenheit.

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Die Frage, die sich offensichtlich die meisten im Bezug auf Dungeons 2 stellen, ist die danach, ob es so gut ist wie Dungeon Keeper. Das spielte schon beim Erstling eine ganz gewichtige Rolle, dabei wollte der Münchener Entwickler Realmforge gar nicht so sein wie der Klassiker. Und am Ende war das auch einer der Gründe, die dem Team zum Verhängnis wurden. Für das Studio ist es nun das erste Mal, dass sie zu einem der eigenen Spiele einen Nachfolger entwickeln, denn offensichtlich wollte man nicht auf sich sitzen lassen, keinen adäquaten Ersatz zu dem erwähnten Strategie-Meisterwerk zu erschaffen. Dungeons 2 nämlich ist nun deutlich näher dran an Dungeon Keeper und fügt dazu dem bewährten Aufbau-Strategie-Konzept noch eine zuckersüße Oberwelt hinzu, die wir ins Unglück stoßen dürfen.

Wie groß das Interesse an einen würdigen Nachfolger für Dungeon Keeper zu sein scheint, habe ich sogar am eigenen Leib erlebt. Während ich mich unter durch die Kampagne von Dungeons 2 gespielt habe, fragten mich Freunde bei Steam eben genau das. Tatsächlich ist die Antwort darauf für mich aber sehr schwer, denn der Abstand zu diesen Klassikern viel zu groß. Ich könnte heute einfach keinen Vergleich mehr ziehen. Zumindest aber ordentlich Humor ist vorhanden. Und natürlich lässt sich freilich darüber streiten - wie über alles, das mit Geschmack zu tun hat - aber ich zumindest habe mich doch mehrmals über die Kommentare und Seitenhiebe des Sprechers amüsiert. Und auch wenn sich die Sprüche irgendwann wiederholen, so gibt es reichlich davon, dass eine Abnutzung erst nach vielen, vielen Stunden eintritt.

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Auch wenn sich die humorvollen Sprüche irgendwann wiederholen, so gibt es reichlich davon, dass eine Abnutzung erst nach vielen, vielen Stunden eintritt.
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Ansonsten funktioniert Dungeons 2 schon sehr vertraut. Wir sind das „ultimative Böse", aber geschwächt und zurückgeschlagen. Doch natürlich planen wir bereits unsere Rache an all jenen Gutmenschen, die unser Ende wollten und bauen dafür einen neuen grässlichen Dungeon mit vielen kleinen Bösewichten auf. Eine wirkliche Kontrolle haben wir über die Biester nicht, aber wir können sie packen und an einen anderen Punkt setzen oder aber ihnen ein Klaps verpassen, um sie anzutreiben. Dabei geht es sehr simpel mit dem Sammeln von Ressourcen los, während alle weiteren Elemente darauf aufbauen. Die als einfache Arbeiter fungierenden Schnodderlinge schürfen also das erste Gold, bauen Tunnel und Räume wie schon vor 18 Jahren und legen den Grundstein für unsere fürchterliche Rückkehr.

Helden bemerken natürlich, dass sich hier unten etwas zusammenbraut und greifen unseren Dungeon an, um ihn zu plündern. Wir jedoch wissen uns natürlich gegen diese Bedrohung mit Orks, Goblins, Trollen und zaubernden Nagas zu wehren, stellen Fallen auf und merzen auf kurz oder lang auch die Quelle des Übels aus, die allerdings in dem Fall etwas ganz ekelhaft Gutes ist. Die nun begehbare Oberwelt ist die große Neuerung, die vor allem das Spiel gegen Ende etwas deutlicher definiert. Statt dem bloßem Bau eines Dungeons steht nur als Ziel der Sieg über das „ultimative Gute" in der ansonsten an Warcraft 3 erinnernden Welt. Hier können wir unsere monstermäßigen Streitkräfte auf direkte Ziele lenken, aber die Mechaniken funktionieren trotzdem nur sehr rudimentär, weshalb es mehr als Gimmick anzusehen ist, als eine echte Erweiterung der Spielwelt.

Das wiederum aber war eine kluge Entscheidung von Realmforge. Leicht hätte man das Spiel sonst überladen, aber so bleibt der Fokus auf unserem Dungeon und einen funktionierendem Ökosystem unter der Erde. Ein bisschen Schade ist nur, dass die Oberwelt eben deutlich lustiger ist, weil die regelmäßigen Gegnerwellen irgendwann durch clevere Fallen deutlich leichter in den Griff zu bekommen sind und die einzige Herausforderung dort oben wartet. Außerdem macht es mehr Spaß eine blühende Landschaft in ein düsteres Paradies zu verwandeln, als ein paar müde Helden in ihre Schranken zu weisen. So gesehen hat sich das Studio mit der Spielidee vielleicht einen Bärendienst erwiesen, die zwar ziemlich nett ist, aber eigentlich nicht dazu gedacht war, eine wirklich große Rolle zu spielen.

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Die nun begehbare Oberwelt ist die große Neuerung, die vor allem das Spiel gegen Ende etwas deutlicher definiert.

Doch auch im Dungeon läuft irgendwann alles wie am Schnürchen, wenn wir die anfängliche Goldknappheit überwunden haben. Zu Beginn lohnt es sich durchaus ein paar Schnodderlinge mehr anzuwerben, damit es einen steten Goldfluss gibt. Denn das Errichten der Räume ist kostspielig und das dafür oft noch zusätzlich erforderliche Mobiliar ebenfalls. Unsere Horde will regelmäßig entlohnt werden und die Forschung frisst ebenfalls Löcher in die Kasse. Vielleicht hätte es gut getan, hier für ein bisschen mehr Balance zu sorgen, denn am gerade Anfang fehlt das Gold wirklich überall und weil die Zahl unser Schergen zunächst auch beschränkt ist, lässt sich daran auch zunächst nur schwer etwas ändern. Später haben wir alle Zeit der Welt, uns langsam aufzurüsten und vorzuarbeiten.

Und noch weitere Probleme machen sich bemerkbar. Weil unsere Figuren einen eigenen Willen haben, sind sie natürlich nicht immer da, wo wir sie haben wollen. Die Schnodderlinge produzieren in der Brauerei vielleicht lieber noch mehr Bier für die Horde, statt sich dem Goldmangel anzunehmen. Und erfolgt ein Angriff auf unseren Dungeon, treiben sich die Viecher wahrscheinlich wieder irgendwo rum, wo sie garantiert keine Hilfe sind. Immerhin gibt es den Wachraum, wo sie sich zumindest eine Weile auf unseren Wunsch hin aufhalten und im Ernstfall bereit stehen. Wirklich lächerlich aber wird es bei einem Großangriff. Jede Figur, die wir mitnehmen wollen, müssen wir mit unser teuflischen Hand greifen und auf das Tor zur Oberwelt werfen. Immerhin lassen sich alle Einheiten zunächst einsammeln und dann einzeln abwerfen, aber wünschenswert wäre eine Art Squad-Bildung, um einen Packen kollektiv aufnehmen und abwerfen zu können.

Nun ist das Dungeons 2 insgesamt relativ einfach gestrickt. Die Erfahrung ist insgesamt eher unterhaltsamer Natur und es macht Spaß sich ein bisschen auszurobieren und an kleinen Details, dem lustigen Sprecher sowie der wirklich wunderschönen Präsentation zu erfreuen. Die Kampagne lässt sich eigentlich ohne große Probleme beenden und auch die Gefechte im freien Spiel sind gut schaffbar. Eigentlich, dieses Wort habe ich deshalb genutzt, weil es natürlich doch ein paar Stolperfallen gibt. Der lustige Sprecher nämlich ist nicht immer ganz eindeutig mit dem, was er von uns fordert und im Spiel gibt es keine Liste mit ausführlichen Missionsbeschreibungen oder etwas, das nach Handbuch aussieht und Funktionen erklärt. An scheinbaren Sackgassen kann man sich dann schon eine Weile aufhalten, bis wir verinnerlicht haben, wie das Spiel funktioniert.

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Die Erfahrung ist insgesamt eher unterhaltsamer Natur und es macht Spaß sich ein bisschen auszurobieren - echte Herausforderungen gibt es eher selten.

Dazu gehört im Übrigen auch, dass viele Funktionen im Spiel über Shortcuts auf der Tatstatur zu erreichen sind, aber manches davon nur schlecht erläutert wird. Es scheint fast symptomatisch, dass Dungeons 2 einerseits recht seicht, aber humorvoll erscheint, aber an anderer Stelle die Oberfläche und der Aufbau eher etwas für Kenner des Genres ist. Schade ist irgendwie auch, dass der Titel relativ viele Ressourcen frisst und selbst auf relativ flotten Rechnern ins Stottern kommt. Vielleicht sollte hier einfach noch ein bisschen unter der Haube an der Performance gebastelt werden oder aber die wunderschöne Präsentation hat wirklich ihren Preis.

Die Kampagne ist tatsächlich das Herz des Spiels und im Anschluss kann man sich noch in einzelnen Missionen und dem freien Spiel die Zeit vertreiben. Außerdem gibt es einen Mehrspielermodus, der aber eher ein nettes Extra als wirklich ein eigenständiges Feature ist. Dungeons 2 ist gut worden, auch wenn es wie tragischerweise für Realmforge fast üblich, am letzten entscheidenden Schliff fehlt. Dafür gelingt es dem Studio genauso oft mit einer sympathischen Idee und einer hübschen Aufmachung zu punkten und das ist hier die zuckersüße Oberwelt als Sahnehäubchen auf dem, was wir sonst im Grunde bereits alles schon mal gesehen haben. Vielleicht würde es ein drittes Spiel richten, aber wenn ich ehrlich bin, wäre ich nicht böse, wenn die Münchener beim nächsten Mal wieder neue Horizonte entdecken.

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08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
toller Humor, hübsche Präsentation, das ultimative Böse spielen
-
Spielmechaniken teils holprig, Kampagne bietet zu wenig Herausforderung
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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