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Silent Hill: Downpour

Silent Hill: Downpour

Silent Hill: Downpour begegnen wir mit sehr gemischten Gefühlen. Es ist ein neues Studio und der Versuch für einen neuen Anfang. Aber es wohnt eben doch nicht jedem Anfang ein Zauber inne.

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Die letzten Silent Hill-Spiele schienen der mittelmäßigen Verfilmung immer ähnlicher zu werden und so wurden auch die Spiele zu immer belangloseren Erfahrungen. Denn einerseits wollte Konami die Serie natürlich weiterentwickeln, aber auf der anderen Seite schien sie mit jedem weiteren Teil bedeutungsloser zu werden. Man war unzufrieden, aber nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Mercury Steam für Castlevania: Lords of Shadow überließ man Silent Hill dem tschechischen Studio Vatra Games. Es sollte ein Neuanfang sein.

Es ist das achte Spiel einer Serie, die inzwischen 13 Jahre alt ist. Es ist bereits das vierte Spiel, das nicht von Team Silent entwickelt wurde, aber es ist eigentlich das erste Spiel, an dem wirklich niemand mehr aus dem Original-Team mitarbeitet. Selbst bei Silent Hill: Shattered Memories war es noch der Komponist Akira Yamaoka, der die Musik zum Spiel beisteuerte. Trotzdem hat Vatra Games sich die bisherigen Spiele sehr genau angeschaut. Es ist keine Revolution dabei herausgekommen, sondern eher eine Zusammenfassung von allem, mit dem man bisher erfolgreich war inklusive eine kleinen, eigenen Note.

Rache ist ein langer, ein tragischer Weg. Wo er enden soll, fragt uns das Spiel und greift damit auf, was Silent Hill: Downpour thematisch bearbeiten will. Es will mit uns wieder die Tiefen der menschlichen Psyche ergründen, uns austesten und zweifeln lassen. Das Gefühl, dass wir beim Spielen mit uns herumtragen ist durchaus wieder beklemmend. Das Konzept ist jedenfalls keinesfalls müde geworden, Silent Hill: Downpour funktioniert.

Silent Hill: Downpour
Das Spielkonzept von Silent ist jedenfalls keinesfalls müde geworden, die Spannung ist da.
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Ich hab es selbst ausprobiert und eine Freundin spielen lassen, die eigentlich fast nichts mit Spielen am Hut hat. Die Musik hat bei ihr die meisten Emotionen ausgelöst. Die Atmosphäre fand sie bisweilen hübsch und das Erkunden hat ihr sichtlich Freude gemacht. Aber ihr großes Problem war die Steuerung. Die hat letztendlich auch dafür gesorgt, dass die Lust verloren ging. Es war zu kompliziert und zu merkwürdig. Bei einer Runde Journey im Anschluss hatte sie diese Problem überhaupt nicht.

Ja, das neue Silent Hill bleibt damit zumindest dieser Tradition treu. Die Steuerung - vor allem die im Kampf - ist schrecklich, die Rätsel teilweise frustrierend und die Geschichte ist bizarr und durcheinander. Es ist so erstaunlich, dass während rundherum die Schlagzahl erhöht und immer weiter in Richtung Action kippt, Silent Hill: Downpour eher wieder versucht, einen klassischeren Weg einzuschlagen - einen der im Original von 1999 noch so schön fesselte.

Würde man versuchen ein Spiel mit der ursprünglichen Formel zusammenzubaselten, würde sie nicht mehr aufgehen. Wir haben in den letzten 13 Jahren so viel gesehen, haben Dinge erlebt uns verändert. Man kann die Zeit nicht einfach zurückdrehen, auch Silent Hill muss sich verändern. Und Vatra Games haben dies auch nicht versucht. Sie haben sich auf das Wesentliche konzentriert, haben Atmosphäre und Spannung aufgebaut und einen Sountrack produziert, der wieder unter die Haut geht.

Silent Hill: Downpour
Die Orte in der alternativen Realität sorgen für ein paar der besten Momente im Spiel.
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Und das obwohl es am Anfang noch so anders wirkte, denn eingeleitet wird der aktuelle Teil ausgerechnet mit einem Musikstück von Korn. Ein krasser Bruch, die Band scheint so überhaupt nicht zum sonst eher gemächlichen Soundtrack zu passen. Im Spiel selbst aber sind die Klänge zwar anders, aber trotz ihrer Einfachheit immer noch furchteinflössend. Der Soundtrack von Daniel Licht ist mehr vom Industrial geprägt, der Bass und die Akkorde brauchen eine gute Surround um besser zu wirken. Ohne das könnte es sein, dass selbst unser Walkie-Talkie-Knistern gegen die Geräusche von einem knarrendem Holzbrett verliert.

Schön sind im Übrigen auch die Wechsel in die alternative Welt. Diese ist herrlich absurd und trotzdem beängstigend. Vatra Games schuf ein paar interessante Schauplätze, von denen man an einigen sogar gern ein bisschen länger verweilt. Diese Orte sorgen für ein paar der besten Momente im Spiel und lassen vergessen, dass die Grafik eher schwach und das Gegner-Design uninspiriert ist. Denn auch wenn das ganze Spiel so herrlich angeranzte und verfallene Orte bietet, in der alternativen Realität ist die Stimmung noch am besten eingefangen worden.

Aber Vatra Games erzählt beispielsweise ein bodenständigere Geschichte. Ein Häftling, der dem Gefängnis entkommt und seine Vergangenheit nicht bearbeitet hat. Es ist nicht so abwegig und verschlungen und trotzdem gut erzählt. Nach und nach werden Geheimnisse gelüftet, wir treffen ein paar wenige Bewohner und erleben in Nebenmissionen merkwürdige und bewegende Geschichten. Dieser Punkt ist mehr als solide gelöst worden.

Bei der Steuerung wurden vielleicht in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, aber es sind keine wesentlichen. Natürlich haben alle Spiele der Reihe das Problem, dass der Kampf eigentlich das zentrale Spiel-Element ist. Aber auch darüber hinaus wäre eine intuitivere Steuerung möglich. Ich habe nicht ohne Grund eine Freundin davor gesetzt, ich wollte wissen, ob man sich daran gewöhnt und es hat einfach nicht funktioniert. Zu viele Tasten, zu ungenau, zu durcheinander und eine Kamera, die sie in den Wahnsinn getrieben hat. Einfach nur herumlaufen, dass ging noch gut, aber so bald die Zeit im Nacken saß, brach das Chaos aus.

Silent Hill: Downpour
Das Kampfsystem und das Gegnerdesign gehören zu den ganz großen Schwächen.

Und deswegen ist das Ergebnis am Ende eben auch so ernüchternd. Silent Hill bleibt ein interessanter Ort für spannenden Horror. Aber die Qualität hängt eben doch immer ein wenig am Entwickler. Vatra Games hat hier noch die eigentlich beste Arbeit der letzten Jahr abgeliefert, denn sie haben sich eben mehr an Team Silent gehalten und sind so dem Ursprung der Serie deutlich näher gekommen. Das wiederum zieht eben andere Vergleiche nach sich, bei denen dann auch wiede der Kürzere gezogen wird.

Zumal Silent Hill: Downpour ziemlich schwach auf der Brust ist, wenn es um die Technik geht. Wie bereits erwähnt ist die Grafik nicht die große Stärke und dazu kommen Macken wie verwaschene Texturen, mäßige Lichteffekte und schwache Animationen. Wirklich nervig aber sind Popups und das zum Teil heftige Tearing, dass sich daran zeigt, dass im Bild immer wieder Streifen auftauchen und der Bildaufbau gestört ist.

Wer die Serie mag, der wird auch dieses Spiel erkunden wollen. Es ist keine Enttäuschung, es lässt sich ziemlich gut erkennen, dass hinter dem Spiel ein brauchbares Konzept steckt. Falls Vatra Games eine zweite Chance bekommen, sollten sie die Steuerung überarbeiten und überlegen, wie die Serie mit ihren Wurzeln trotzdem wieder zeitgemäßer werden kann - auch wenn man sich dafür vielleicht von alten Zöpfen trennen muss.

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07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
orientiert sich an den Wurzeln von Silent Hill, nette Geschichte, gute Musik, mehr zum Erkunden
-
Kampf ist schwach, schlechtes Gegner-Design
overall score
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