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Mittelerde: Mordors Schatten

Mittelerde: Mordors Schatten

Das Herr der Ringe-Universum hat nach so vielen mittelmäßigen Spielen endlich ein großartiges Action-Adventure für Erwachsene bekommen.

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Zwei Hauptmänner und ein Dutzend Uruks sind noch am Leben, als Thrak sich endlich zeigt. Er ist der Bodyguard einer der Häuptlinge, die wir töten müssen, bevor wir die Schwarze Hand herausfordern können. Die Schwarze Hand ist verantwortlich für unser Dilemma - gefangen zwischen Leben und Tod ist es uns unmöglich, mit unserer Familie im Jenseits wiedervereint zu werden. Der Waldläufer Talion und seine Familie wurden in der Nacht erschlagen, als Sauron und seine Armee nach Mordor zurückkehrten. Durch einen Geist wiederbelebt, sinnt der nun unsterbliche Talion nach Rache und bricht nach Mordor auf.

Die Geschichte des Waldläufers spielt zwischen Der Hobbit und dem Herr der Ringe. Die Lücke zwischen Prolog und Trilogie wird mit einem fesselnden Abenteuer geschlossen. Die Geschehnisse in Mittelerde: Mordors Schatten spielen eine wichtigere Rolle in Tolkiens Universum als man denken würde. Das Abenteuer von Talion ist persönlicher als jene von Bilbo und Frodo. Wir wollen nicht Mittelerde retten, wir sinnen nach Rache und Erlösung. Außerdem müssen wir mehr über den Geist und seine Vergangenheit erfahren, mit dem wir von jetzt an verbunden sind. Dieser Geist heißt Celebrimbor, jener Elf, der einst die Ringe der Macht am Schicksalsberg schmiedete.

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Mittelerde: Mordors SchattenMittelerde: Mordors Schatten
Mittelerde: Mordors Schatten ist ein forderndes Spiel - dafür sorgt schon das geniale Nemesis-System, das man im Vorfeld fälschlicherweise leicht für einen PR-Coup halten konnte.
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Mittelerde: Mordors Schatten ist ein forderndes Spiel - dafür sorgt schon das geniale Nemesis-System, das man im Vorfeld fälschlicherweise leicht für einen PR-Coup halten konnte. Das Nemesis-System lässt die Uruks im Level aufsteigen und sie auch in Machtkämpfen untereinander antreten. Wenn wir von einem einfachen Uruk getötet werden - und das passiert gerade am Anfang des Spiels häufiger - steigt dieser im Rang auf und wird zum Hauptmann befördert. Theoretisch kann er von hier bis an die Spitze der Ork-Hierachie gelangen. Entweder weil er uns erneut bezwingt oder aber weil er bei den internen Machtkämpfen siegreich ist.

Die Hauptmänner und Häuptlinge haben alle ihre Eigenheiten - Dinge vor denen sie sich fürchten, Immunität oder auch besondere Anfälligkeiten gegenüber bestimmten Attacken. Seine Feinde zu kennen, es ist schon der halbe Sieg. Die zufällig generierten Hauptmänner können extrem stark sein und man muss seine Entscheidungen beim Verbessern von Talions Fähigkeiten und beim Ausrüsten seiner Waffen mit Runen den stärksten Feinden anpassen.

Wenn ein besonders gefährlicher Hauptmann zum Beispiel durch Feuer und Explosionen geschwächt werden kann - wir dem Uruk aber nie in der Nähe von Lagerfeuern oder explodierenden Grog-Fässern begegnen - bleibt nichts übrig, als entweder dem Waldläufer mit diversen Herausforderungen oder Nebenquests die nötigen Fähigkeiten zu verschaffen oder wir versuchen einen der anderen Hauptmänner bei seinen Machtkämpfen zu unterstützen, bis dieser eventuell die schmutzige Arbeit für uns erledigt und wir mit unserem Bogen leichtes Spiel bei seiner Anfälligkeit gegenüber Distanzwaffen haben.

Mittelerde: Mordors Schatten
Das Spiel verbindet nicht nur einige der erfolgreichsten und besten Spielmechaniken miteinander, sondern glänzt eben auch mit tollen eigenen Ideen.
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Das Ränkespiel des Nemesis-System ist ein Geniestreich, der die Kämpfe stets interessant hält. Am Anfang des Spiels geht es hier in erster Linie darum, Informationen über den Aufenthaltsort hochrangiger Häuptlinge zu erhalten und überhaupt mit dem System vertraut zu werden. Später im Spiel erlangt Talion die Fähigkeit, einfache Uruks oder Hauptmänner zu brandmarken und sie so zu kontrollieren. Diese Uruks kämpfen dann für Talion und plötzlich platzieren wir strategisch Hauptmänner, um Häuptlinge zu stürzen und erschaffen uns so unsere eigene Uruk- und Ork-Armee.

Mittelerde: Mordors Schatten wurde oft mit der Assassin's Creed-Reihe verglichen - und das ist leicht zu verstehen. Das Schleichen, das Klettern auf den Ruinen und das Freischalten von Umgebungen mit der Hilfe von Türmen (inklusive des Leap of Faith) - alles fühlt sich sehr bekannt an. Das Kampfsystem ist mehr als nur inspiriert von den Arkham-Spielen und die Festungen mit ihren Uruks, die bei Anzeichen von Gefahr zu den Alarmglocken eilen und die gefährlichen Caragors in Käfigen erinnern stark an Far Cry 3. Das einzigartige Setting, das fantastische Nemesis-System und das erstaunlich gut gelungen Fortschrittssystem machen Mittelerde: Mordors Schatten aber immer zu einem eigenständigen Spiel. Es verbindet nicht nur einige der erfolgreichsten und besten Spielmechaniken miteinander, sondern glänzt eben auch mit tollen eigenen Ideen.

Der Start des Abenteuers ist allerdings etwas holperig geraten. Die Geschichte bleibt mit den verwirrenden Rückblenden und Talions Wechsel zwischen Realität und Geisterwelt lange undurchsichtig. Während man versucht, dem Abenteuer zu folgen, werden gleichzeitig Dutzende von Gameplaymechaniken nur äußerst knapp angerissen und plötzlich findet man sich in Mordor wieder, ist auf sich selbst gestellt und von den unfassbar vielen Aufgaben, die in der offenen Welt auf einen warten, schlicht überfordert.

Mittelerde: Mordors Schatten
Von anderen Charakteren oder Rassen ist lange nichts zu sehen, dabei wünscht man sich so sehr eine kurze Rast im Tänzelnden Pony.

Es ist ein Spiel im Tolkien-Universum - wer aber spektakuläre Landschaften und liebgewonnene Orte bereisen möchte, wird enttäuscht. Die zwei Areale von Mittelerde: Mordors Schatten sind relativ klein und optisch fast etwas eintönig. Entfernungen werden in Fuß angegeben und sind selten im vierstelligen Bereich. Das ist gerade anfangs eine Enttäuschung, geht aber Hand in Hand mit dem Nemesis-System. Man will seinen Erzfeinden ja auch mal begegnen. So kämpft man sich die ersten Stunden durch Horden von Uruks oder Orks und trifft außer versklavten Menschen und einem anderen Waldläufer nur auf Gollum. Von anderen Charakteren oder Rassen ist lange nichts zu sehen, dabei wünscht man sich so sehr eine kurze Rast im Tänzelnden Pony.

Die Aufgaben sind kampflastig, aber abwechslungsreich. Es warten Waffen-spezifische Herausforderungen oder Artefakte und Ithildum (uralte Zeichen) auf Entdeckung. Aless das verbindet sich mit den unterschiedlichen Ebenen des Fortschrittssystem. Man erhält Macht, wenn man Ork-Häuptlinge ausschaltet, bekommt Erfahrungspunkte für nahezu alles, die dann Skillpunkte für Fähigkeiten freischalten. Mit Mirian können wir mehr Gesundheit, zusätzliche Pfeile, längeren Fokus oder Plätze für Runen an unseren Waffen freischalten. Die Runen lassen besiegte Hauptmänner und Häuptlinge fallen, mit ihrer Hilfe können wir unsere Fähigkeiten noch mehr unserem Spielstil anpassen.

Mit Mittelerde: Mordors Schatten hat das Herr der Ringe-Universum nach so vielen mittelmäßigen Spielen endlich ein großartiges Action-Adventure für Erwachsene bekommen. Freunde von knallharter, strategischer Action bekommen tolle, fordernde Kämpfe geliefert und das Nemesis-System ist eine brillante Idee. Tolkien-Fans könnten von der kaum abwechslungsreichen Umgebung, den wenigen Charakteren und der fehlenden Untermalung mit dem Herr der Ringe-Soundtrack enttäuscht sein. Aber: In Mittelerde: Mordors Schatten sind ja ohnehin die Uruks und Orks die Stars.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
geniales Nemesis-System mit taktisch sehr interessanten Möglichkeiten, fordernde Kämpfe, schönes Fortschrittssystem
-
kleine, etwas eintönige Welt, harscher Einstieg in Geschichte und Spielmechaniken, wenige Charaktere
overall score
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