So viele Jahre begleitet uns schon die Dynasty Warriors-Reihe - und trotzdem werden einige noch nie von ihr gehört haben. Vor allem bei Nintendo-Anhängern dürfte es Unwissende geben. Kein Wunder, kam doch das erste Spiel der Serie erst zum Start der Wii U heraus. Warriors Orochi 3 Hyper bot sehr solide Unterhaltung. Das Problem ist der Hintergrund der Spiele: Die Story aus der Zeit der Drei Reiche Chinas ist für uns im Westen nicht sonderlich interessant, weil der kulturelle Bezug fehlt. Auch spielerisch ist es kaum mehr cool, sich scheinbar ohne viel Sinn und Verstand durch Horden von Gegnern zu mähen.
Nun aber werden wir auf ganz perfide Weise geködert. Hyrule Warriors verlagert das Ganze ins Universum von The Legend of Zelda. Da ist nicht mehr von Wei im Norden, Wu im Süden und Shu Han im Westen die Rede. Statt historischer Fakten gibt es eine fantasievolle Geschichte über Hyrule. Plötzlich klingt die Vorstellung charmant, Tausenden von Feinden entgegenzutreten. Wir treffen viele bekannte Gesichter aus verschiedenen Abenteuern - darunter die Goronen, die Zoras und natürlich Link. Trotz der geänderten Spielmechaniken bekleidet er eine Rolle wie in fast jedem Spiel: Er ist der Auserwählte, Träger des Triforces des Mutes und letzte Hoffnung.
In Dynasty Warriors ist in der Regel die ganze Karte voll mit gegnerischen Einheiten, während unser Heer auf der anderen Seite oft nur eine Handvoll Unterstützer umfasst. Wir steuern dabei lediglich eine einzelne spezielle Figur, einen besonderen und sehr starken Kämpfer. Gleich zu Beginn schlüpfen wir in die Rolle von Link, aber es gesellen sich unter anderem Impa, Darunia, Midna und Fi in unser Team. Jeder besitzt verschiedene Waffen, von denen wir uns vor Beginn der Schlacht für eine entscheiden müssen. Auf Grund der Elementzugehörigkeit richten sie unterschiedlichen Schaden an. Wir sollten uns daher gut überlegen, welcher Held und welche Waffe am besten zur jeweilige Aufgabe passen.
Die Zahl der verfügbaren Helden und damit die Vielfalt steigert sich im Verlauf des Spiels. Denn obwohl jede Figur grundsätzlich über das gleiche Repertoire an Kombos verfügt, spielen sie sich durch die eigenen Fähigkeiten trotzdem anders. Mit steigender Kombokette erhöhen sich nicht nur die Reichweite und der Schaden, sondern es wird auch der Unterschied zwischen den Charakteren deutlicher. Zudem haben alle Zugriff auf praktische Zweitwaffen. Diese schalten wir in der Kampagne frei. Und damit alles hübsch im Thema bleibt, finden wir Zelda-typisch Bomben, Bumerang, Enterhaken sowie Pfeil und Bogen.
Die Kampagne besteht aus mehreren Abschnitten, die immer auch ein Stück von der Handlung offenbaren. Die Karte eines Abschnitts basiert auf bekannten Orten in Hyrule, ist aber komplett an die Anforderungen des Spiels angepasst. Verteilt sind auf der Karte nämlich mehrere Räume, die als Festungen bezeichnet werden. Besiegen wir ausreichend Gegner in einer Festung, können wir den Kommandanten herausfordern und sie so erobern. Das gleiche wird auch der Feind mit unseren Festungen versuchen. Ziel ist es häufig, bestimmte Festungen zu erobern, um dann am Ende gegen einen Bossgegner anzutreten.
Alles ist dabei komplett geskriptet. Manche Ereignisse hängen von der Zeit ab, andere von unserem Vorankommen bei den Missionszielen. Die Ziele, mit denen wir starten, verändern sich dabei oft. Es gibt dadurch eine vorgegaukelte Dynamik, die Spannung erzeugen soll. Tatsächlich, und das macht das Spiel so interessant, gibt es eine angenehme strategische Komponente. Welche Festungen wir in welcher Reihenfolge befreien, ist im Grunde uns überlassen. Zudem können sich befreundete Einheiten bis zu einem gewissen Grad auch selbst verteidigen. Kommen sie in Schwierigkeiten, können wir immer noch entscheiden, ob wir rasch helfen wollen oder nicht.
Dazu kommt noch der Abenteuermodus, der mit seinem alternativen Konzept vor allem Retro-Freunde ansprechen wird. Statt durch die einzelnen Abschnitte geführt zu werden, ist jede Aufgabe ein Feld auf einer Karte aus dem ersten The Legend of Zelda-Teil, das wir erobern müssen. Die Karten spielen sich meist schneller, weil wir, anders als in der Kampagne, die Aufgabe haben, nur bestimmte Gegner zu erledigen oder unter einer Zeitvorgabe zu bleiben. Bewältigen wir die Aufgabe, gibt es eine Wertung. Und für den Abschluss kassieren wir manchmal besondere Gegenstände wie Kerze oder Kompass, die dann wieder auf der Retro-Karte eingesetzt werden können, um Geheimnisse freizuschalten. Als Belohnung winken im Abenteuermodus übrigens neue Charaktere und auch Waffen.
In Hyrule Warriors können wir schier endlos viele Stunden versenken. Jede Karte im Kampagnenmodus kann mit mehreren Charakteren durchgespielt werden, es gibt unterschiedliche Schwierigkeitsstufen und Geheimnisse in Form von Herzteilen zu entdecken. Der Abenteuer-Modus frisst noch einmal viele Stunden Zeit. Nebenbei lassen sich die Charaktere aufleveln und Talente durch Materialien freischalten, die stärkere Gegner generieren. Der volle Ausbau sämtlicher Charaktere wird ebenfalls Zeit in Anspruch nehmen. Gespielt werden kann übrigens auch im Koop. Einer hockt am Gamepad, der andere schaut auf den TV mit Wii U Pro Controller Pro oder Wii Fernbedienung und Nunchuk in der Hand.
Der Titel sollte anfangs übrigens der Zelda-Serie viel mehr ähneln. Weil aber Shigeru Miyamoto intervenierte, wurde Hryule Warriors ein Dynasty Warriors mit Zelda-Thema - und es passierte nicht etwa umgekehrt. Ich bin ihm dafür dankbar, denn anders wäre wohl nur ein halbgares Spiel herausgekommen, das nicht den hohen Erwartungen an die Reihe entsprochen hätte. So aber gibt es ein relativ kompaktes Konzept mit ganz klar definierten Spielmechaniken, dem es trotz der einfachen Struktur gelingt, einen lange vor der Konsole zu fesseln.
Anders als bei bisherigen Spielen der Reihe bin ich zudem gern der Handlung gefolgt. Hyrule Warriors selbst folgt zwar keiner konkreten Zeitlinie, sondern ist eher in einem Paralleluniversum angesiedelt, aber der Bezug zu den Charakteren reicht völlig aus. Zumal auch Nintendo eigentlich nie versucht, mit der Handlung zu punkten, sondern mit den Spielmechaniken. In diesem Fall steht eben das effektive Erledigen der Gegner im Vordergrund - möglichst viele davon in möglichst kurzer Zeit. Es ist ein perfektes Chaos, für das ich gern auf die Rätsel und das Entdecken verzichte.
Für Fans von The Legend of Zelda ist Hyrule Warriors ein echter Gewinn, denn es wurde ein frischer und actionorientierter Ansatz gefunden. Außerdem bekommt Eiji Aonuma, Chef-Entwickler der Zelda-Serie, dadurch auch etwas Luft, um an dem eigentlichen Zelda-Projekt arbeiten zu können. Auch für Dynasty Warriors-Freunde könnte es sich lohnen. Hyrule Warriors kommt nicht so erwachsen rüber, seine lockere Art macht es leichter verdaulich. Und: So charmant sah bisher auch noch kein Spiel der Reihe aus. Etwas schade ist lediglich, dass spielerisch der Ball weiter flach gehalten wird. Aber damit ist Hyrule Warriors immerhin für ein breites Publikum interessant.