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Madden NFL 15

Madden NFL 15

Nach Jahren ist es EA endlich gelungen, die Verteidigung in der Football-Simulation zu meistern. Eine großartige Optik gibt es gratis dazu.

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Das letzte Mal hatte ich ernsthaft Spaß mit der Madden-Serie so Mitte der letzten Generation, als Madden NFL 10 veröffentlicht wurde. Aber als die New Orleans Saints jetzt auf das Feld schreiten für ihren Kampf gegen die Seattle Seahawks, merke ich sofort, dass Madden NFL 15 ein wirklich sehr hübsches Game ist. Es ist rein optisch ein würdiger Repräsentant der neuen Konsolengeneration, insbesondere auf der Xbox One.

Ein paar simple Klicks später überprüfe ich meinen gewählten Spieltyp, sehe genau die Wege aller Spieler auf dem Feld und wo sie ihre Gegner narren wollen. Dann schickt Drew Brees einen seiner üblichen, steinharten Pässe auf die Reise, der von Newcomer und Wide Receiver Brandin Cooks gefangen wird, als wäre das Ei schon in seinen Händen gewesen, bevor er losgelaufen ist. Dann, BAM, schlägt die Verteidigung erbarmungslos zu.

EA unterstrich schon im Vorfeld die stark verbesserte Verteidigung, die bis dato in jedem der letzten Madden-Games einer meiner wiederkehrenden Beschwerdesektoren war. Es war einfach fast egal, welchen Spielzug ich wählte. Es gab eigentlich nichts, was mich von dem Versuch abhielt, jedes Spiel ausschließlich mit Pässen zu gewinnen und das Laufspiel komplett zu ignorieren. Die Verteidigung der Gegner war so schlecht, dass alle Statistiken der Spieler kaum mehr eine Rolle spielten und das Erlebnis weit weg von jenem Realismus war, den EA Sports eigentlich simulieren wollte.

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Was ich am meisten mag: Man weiß genau, welcher Button für die Tacklings verwendet werden soll, um einen Läufer auszuschalten oder den Quarterback beim Passversuch einzusacken.

Aber dieses Mal hat es wirklich funktioniert. Das Gewicht der Spieler und die Programmierung der Tacklings ist den früheren Teilen der Serie weit überlegen. Was ich am meisten mag: Man weiß genau, welcher Button für die Tacklings verwendet werden soll, um einen Läufer auszuschalten oder den Quarterback beim Passversuch einzusacken. Alles funktioniert einfach besser und sieht zudem mehr wie echter American Football aus. Auch der Moment des Fangens hat sich verändert. Man hat jetzt die Möglichkeit, durch ein Minispiel mit den Trigger-Tasten schnell auf den Ball im Spiel zu reagieren. So wird es tatsächlich sinnvoll, in der Verteidigung ein aktiv eingreifender Spieler zu sein.

Nur ein kleines Detail ist, dass die Kamera in der Verteidigung frei bewegbar ist. So wird das Problem aus dem Weg geräumt, völlig von der Offensive Line verdeckt zu werden und nichts mehr sehen zu können. Außerdem verschwindet so auch kein Linebacker mehr fünf Meter hinter der Angriffslinie. Durch einfaches Drehen der Kamera in die eigene Perspektive hinein wird man ein effizienter Verteidiger. Gut. Womit ich dagegen nicht wirklich glücklich bin: Schnelle Verteidiger sind im Vergleich zu den Tackling-Fleischfelsen extrem stark wichtiger geworden. Geschwindigkeit ist nun einfach der zentrale Faktor, was in meinen Teil zu deutlich mehr Interceptions führte. Aber das ist nicht, wie es real sein sollte.

Eine andere Sache, die wie ein Überbleibsel der letzten Madden-Spiele rüberkommt, ist das seltsame Spielerverhalten, nachdem ein Spielzug beendet ist. Sobald jemand nach einer Attacke den Boden erreicht, entweicht ihm jede Spannung aus jedem Muskel. Außerdem sind die Spieler oft merkwürdig ineinander verstrickt und zwar in einer Weise, die für mich die Illusion zerstört, dass es sich hier um echten Football handelt.

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Schnelle Verteidiger sind im Vergleich zu den Tackling-Fleischfelsen extrem stark wichtiger geworden.

Das ist natürlich schade, gerade angesichts der ansonsten hervorragenden Optik, die mich oft gründlich beeindruckt. Die Details sind unglaublich und alle Lichteffekte schauen sehr eindrucksvoll aus. In den Wiederholungen, wenn man einen langen Pass auf dem Weg zum Empfänger verfolgt, sieht das fast fotorealistisch aus. Es liegt auch an den liebevoll gestalteten Arenen und der sorgfältigen Arbeit, alles maximal authentisch zu gestalten. Erfreulich, dass die Madden-Serie visuell endlich gegen das NHL-Franchise oder die NBA 2K-Bestseller besteht.

Das alles bildet eine gute Grundlage für die Madden-Serie auf der neuen Konsolengeneration. Alles ist so viel besser als im letzten Jahr, als das NFL-Game nur eine verbesserte Variante der Last-Gen-Version war. Die einzige Sache, die ich wirklich gerne behoben sehen würde, sind die oben erwähnten Zusammenstöße der Spieler und die extreme Schärfentiefe, die manchmal einfach zu seltsamen Bildern führt. Das EA-Sportspiel war früher stets ein bisschen wie ein Kindergarten mit großen Veränderungen in jedem neuen Teil. Dieses Mal fühlt es sich an, als ob EA sich wirklich die Basis vorgenommen und konzentriert verbessert hat. Das Resultat ist ein stabiles Fundament.

Das Spielen in der Offensive ist frei von Überraschungen, funktioniert aber für den größten Teil der Spielzeit einwandfrei. Ein großes Problem: Es ist schwierig geworden, einen guten Quarterback zu simulieren wegen der verbesserten Verteidigung. Colin Kaepernick von den San Francisco 49ers spielt ironischerweise viel besser als Weltklassemann Peyton Manning. Die schnelle Verteidigung rauscht einfach über einen langsame Kerl wie Peyton rüber. Der überlegene Blick dieses Spielers und seine Geschicklichkeit gehen ziemlich verloren. Kaepernick dagegen, bekannt als Meister im Improvisieren und zudem wirklich schnell, kann sich selbst (und das Team) aus vielen schwierigen Situationen retten.

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Die Details sind unglaublich und alle Lichteffekte schauen sehr eindrucksvoll aus.

EA muss gerade an den Nuancen der Quarterbacks arbeiten. Deren Fähigkeiten, ein Spiel zu lesen, müssen einfach besser simuliert werden. Ich weiß leider nicht, wie genau das gehen soll. Ich möchte jedoch EA ein paar Pluspunkte für die Tatsache geben, dass es immer möglich ist, Spielzüge schnell mit No-Huddles einzurichten oder die Zeit auslaufen zu lassen, wenn es taktisch korrekt ist - mit all den Vor-und Nachteilen, die das im wirklichen Leben bringt.

EA ist zudem nach und nach besser darin geworden, uns all die feineren Nuancen des American Football zu erklären, die den Sport zur reizvollen Kombination aus roher Muskelmasse und genialer Spielstrategie machen. In Madden NFL 15 ist besser als je zuvor mit viel Hilfe der Ladebildschirme und Anregungen vor jedem neuen Spiel erläutert, warum ein Spielzug eine gute Idee ist und wie die prozentuale Chance steht, dass er erfolgreich wird. Das ist ein ausgezeichnetes System, um selbst Einsteiger nach ein paar Stunden Spielzüge aus dem Trainerbuch wählen zu lassen, als seien sie Weltklasse-Coaches.

Madden NFL 15 ist trotzdem kein perfektes Spiel, macht aber einen großen Schritt in die richtige Richtung. Es ist smooth, unterhaltsam und wirklich ordentlich gemacht. Die Prioritäten sind richtig positioniert und in den kommenden Jahren wird EA hoffentlich das Gesamterlebnis schärfen, polieren und ausbalancieren. Und um Himmels willen nicht wieder irgendwelche sinnlosen Funktion der unechten Art einbauen, die die letzten Spiele so geplagt haben. Madden NFL 15 ist ein wirklich unterhaltsames Spiel, zum ersten Mal in der Serie seit Madden NFL 10.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
großartige Optik, endlich gute Simulation der Verteidigung, hervorragende Tutorials und In-Game-Erklärungen
-
Probleme mit den Quaterbacks, komische Zusammenstöße,
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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