Deutsch
Gamereactor
Kritiken
Command & Conquer 4: Tiberian Twilight

Command & Conquer 4: Tiberian Twilight

Serienfans, schnallt euch fest an. Das Weltbild wird ordentlich durchgeschüttelt. Kane sagt auf Wiedersehen und hat in Command & Conquer 4: Tiberian Twilight eine besondere Überraschung im Gepäck.

HQ

Es ist das Jahr 2062 und innerhalb von sechs Jahren soll die ganze Erde völlig unbewohnbar sein. Die außerirdischen Tiberium-Kristalle, welche Mitte der Neunziger auf unseren Planeten gestürzt sind, haben sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt und werden bald die gesamte Erde bedecken. Die Oberfläche darf nun in verschiedene, bunte Gefahrenzonen unterteilt werden, deren Bezeichnung entweder tödlich oder tödlicher lautet. Die Welt hat, vorsichtig ausgedrückt, ein Problem. Und so wurde die vorübergehenden Allianz zwischen den früheren Feinde GDI und NOD weiter gestärkt. Gemeinsam sind sie nicht nur mit der Tiberium-Bedrohung und diversen extremistischen Gruppen konfrontiert, sondern auch mit ihren internen Problemen.

Command & Conquer war übrigens nicht der Anfang. Einige bestehen zwar darauf, dass der erste Titel der Reihe das Strategie-Genre begründet hat. Das ist aber weit von der Wahrheit entfernt. Was das erste Command & Conquer jedoch geschafft hat, war das Genre viel populärer zu machen. Einfach, weil es das beste Strategiespiel war. Command & Conquer ist seit jeher eine Serie, die ihren Schwerpunkt auf Strategie legt. Das mag sich nach einem komischen Argument anhören, macht aber Sinn. Denn wo andere Genregrößen einfach darauf setzen, dass möglichst schnell die beste Einheit gebaut werden kann, ist Command & Conquer schon immer wesentlich komplexer.

Command & Conquer 4: Tiberian Twilight
In Command & Conquer 4: Tiberian Twilight gibt es zwei Parteien: GDI und NOD.

Die Einheiten und die Strategien arbeiten hier in einem fein justierbaren Uhrwerk aus Plus, Minus, Schere, Stein und Papier. Das gilt im vierten Teil natürlich noch immer, aber wird mit einem festgelegten Limit für die Zahl der Einheiten ergänzt. So ist es noch wichtiger als je zuvor, anständig im voraus zu planen. Man kann sich darauf verlassen, dass der Gegner (oder die manchmal widerlich gut funktionierende Künstliche Intelligenz), die Risse in der Verteidigung findet und dann nicht davor zurückschreckt, sie ordentlich auszunutzen.

Werbung:

In Command & Conquer 4: Tiberian Twilight feiert also das bekannte Spielprinzip sein Comeback, wobei es natürlich dazu auch viel Neues gibt. Das gibt es nicht oft, dass ein Spiel derart retro-nostalgisch und zugleich so zukunftsweisend ist. So sind die unglaublich kitschigen Full-Motion-Video-Zwischensequenzen zurück - wieder mit Joe Kucan in der Rolle des Kane. Der ist eine Ikone in der Spielewelt, auch wenn viele Leute nicht wissen, wer er überhaupt ist. Der Soziopath mit den steinernen Augen und dem markanten Spitzbart war jedenfalls schon immer ein Aushängeschild der Serie.

Doch das Spiel ist inhaltlich überhaupt nicht nostalgisch. EA Los Angeles hat das alte Westwood-Regelwerk komplett neu geschrieben und das alte Zeug verbrannt.

Die grundlegende Idee - nämlich Infanterie, Panzer und Flugzeuge zu bauen, um den Gegner zu besiegen - die ist natürlich immer noch da. Auf der anderen Seite heißt es Abschied nehmen vom klassischen Ressourcen sammeln. Dafür gibt es jetzt mobile Basen. Zu Beginn jedes Matches müssen uns für einen von drei verschiedenen Spielstilen entscheiden, die alle Vor-und Nachteile haben. Die Frage ist: Angriff, Verteidigung oder Unterstützung?

Command & Conquer 4: Tiberian Twilight
Es gibt drei verschiedene Spielvarianten. Eine davon ist defensiv.
Werbung:

Angriff zielt darauf ab, alle Feinde mit speziellen Hightech-Waffen zu töten, bevor sie uns töten. Der Defensivspieler zieht sich an einen Ort zurück, konzentriert sich dann auf den Aufbau einer Verteidigung aus Bunker und Sicherheitseinrichtungen rund um seine Basis, so ähnlich wie eben in klassischen Strategiespielen. Unterstützung ist schließlich eine Mischung aus den beiden Taktiken und bietet verschiedene Support-Fähigkeiten, so etwa Luftangriffe.

Ausgehend von jeweiligen Ansatz bauen wir unsere Armee nach einen Weniger-ist-mehr-Prinzip rund um eine Basis auf, die uns meistens folgt wie ein majestätischer Metallic-Hippo. Die Einflüsse anderer Spiele sind bei jedem Schusswechsel sichtbar, wobei Warhammer 40,000: Dawn of War 2 wohl die wichtigste Inspirationsquelle sein dürfte. Der vierte Teil ist ein mutiger, gewagter Schritt von EA Los Angeles, und die meiste Zeit funktioniert das Ganze großartig. Natürlich bleiben ein wenig Verwirrung und die Störung meiner erzkonservativen Angewohnheiten nicht aus. Es ist wirklich bedauerlich, dass ein Großteil der Inhalte der vorherigen Spiele einfach verschrottet wurden - Das es nur noch zwei spielbare Fraktionen gibt, ist sicherlich der schwerste Verlust.

Ansonsten gilt: Business as usual. Die Duelle sind intensiv und diejenigen, die alle Hotkeys kennen (und diese rückwärts in russischer Sprache, während des Schlafes aufsagen können), werden belohnt. Die Kampagne ist zwischen GDI und NOD aufgeteilt, mit vielen Stunden Material für beide Seiten. Zum zweiten Mal in der Serien-Geschichte ist für die Kampagne ein Koop-Modus integriert, was auf jeden Fall klasse ist.

Dann gibt es natürlich den aufpolierten Multiplayer, in dem wahre Fans der Serie fortan unendlich viel Zeit verbringen werden. Die ganze Idee hinter Command & Conquer 4: Tiberian Twilight ist ohnehin, dass sich das Spiel in einem ständigen Online-Modus befindet - mit einer immer sofort verfügbaren Multiplayer-Lobby. Es spielt keine Rolle, ob wir eine ruhige Runde Skirmish oder die Kampagne spielen, das nächste Onlinematch ist nie weiter entfernt als ein Mausklick.

Command & Conquer 4: Tiberian Twilight
Optisch erinnert Command & Conquer 4: Tiberian Twilight manchmal an eine Laserdisco in den Achtzigern.

Das extrem futuristische Design des Titels ist leider nicht so großartig. Außerdem wird man beim Spielen tendenziell seekrank. Zeitweilig ist es schwierig zu unterscheiden, ob ein Krieg tobt oder man mitten in einer 80er-Laserdisco steht, während sich rundherum Neon-Roboter bekämpfen. Command & Conquer war ja schon immer ein bisschen schräg, aber muss das jetzt auch außerhalb der Zwischensequenzen so sein? Trotz der hohen grafischen Qualität wirkt das Spiel nämlich optisch am Ende leider öfters eher billig.

Beim Sound war die Command & Conquer Serie immer vorne dabei, hat sogar Soundtracks zu den Games veröffentlicht. Tiberian Twilight trägt vor allem das Erbe der ersten Spiele weiter, mit Chören und orchestralen Klängen, die so episch daherkommen, dass das Gehör fast kollabiert. Es ist alles unglaublich Wagner'esque, dass es schwer ist, nicht zu lachen, sei es nun mit oder über Command & Conquer 4: Tiberian Twilight

Wem es gelungen ist, an der Lernkurve nicht zu scheitern und die Innovationen akzeptiert, wird mit einem der spannendsten Strategiespiele seit langem belohnt. Obwohl es etwas herunterskaliert wurde, eröffnen gerade die drei verschiedene Spielstile eine Menge Möglichkeiten. Auch ist es schön, ein Strategiespiel zu sehen, was so herrlich schwarz-weiß ist, so schlicht Gut gegen Böse. Es ist ein Command & Conquer, dass sich gehäutet hat und zu einem frischeren, strafferen und lustigeren Selbst geworden ist. Mit ein bisschen Wehmut sagen wir Kane auf Wiedersehen, um die Zukunft zu umarmen.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Innovatives Design, lange Kampagne, großartiger Multiplayer
-
Geschmackloses Design, die Scrins fehlen
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Ähnliche Texte



Lädt nächsten Inhalt