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Puddle

Puddle

... wie ein Schluck Wasser in der Kurve.

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Die Steuerung und das Spielprinzip von Puddle könnten einfacher kaum sein. Mit den Schultertasten können wir die Welt jeweils ungefähr um 30 Grad neigen, damit Flüssigkeit ins Ziel fließt. Ursprünglich war Puddle übrigens ein Studentenprojekt an der französischen ENJMIN und hat den Student Showcase Award beim International Games Festival 2010 gewonnen.

Wir navigieren also Flüssigkeiten aller Art durch Kippen des Bildschirms. Von Herbiziden im Garten führt uns unsere Reise bis zu Raketentreibstoff im All. Es ist wirklich beeindruckend, auf welche Ebene die Entwickler dieses einfache Spielkonzept gehievt haben. Die Level sind in thematische Kapitel aufgeteilt und führen uns in fast jeden Bereich der uns bekannten Welt. Die 2D-Welt von Puddle hat einem ähnlichen Scherenschnitt-Look wie Insanely Twisted Shadow Planet, der aber ständig auch durchbrochen wird. Wenn wir etwa einen Drink durch den menschlichen Körper navigieren, finden wir uns plötzlich in einem fast fotorealistischen Röntgenbild wieder.

Allein dieser ständige Wechsel der Szenarien macht schon richtig viel Spaß. Haben wir eben noch versucht, flüssigen Dünger durch eine teilweise bedrohliche Flora zu lenken, finden wir uns plötzlich in einem Laborexperiment wieder und müssen mit zittriger Hand Nitroglyzerin durch einen tödlichen Parcours steuern. Durch das Kippen des Bildschirms nehmen die unterschiedlichen Flüssigkeiten an Fahrt auf, können so kleine Sprünge und Hindernisse überwinden oder Schalter umlegen.

Puddle
Die Szenarien und der Look der Level ändern sich häufig.
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Zusätzlich können wir so auch die Flüssigkeit beisammen halten, da sie sich in Ruheposition natürlich auf eine große Fläche verteilt oder sich sogar in einzelne Tropfen aufteilt. Das Ziel des Level ist erst erreicht, wenn es eine bestimmte Mindestmenge an Flüssigkeit zum Ausgang schafft. Sollte ein Teil der Substanz längere Zeit außerhalb des Bildschirms verweilen, so ist sie verloren.

Neben den Jump'n'Flow-Varianten hat Puddle aber noch viel mehr zu bieten. In manchen Sequenzen erinnert das Spielprinzip schon fast an Trials HD und wir steuern einen Wagen, unter dem ein Kessel mit flüssigem Metall hängt. Während der halsbrecherischen Fahrt müssen wir dafür sorgen, dass nicht zu viel glühendes Metall überschwappt und gleichzeitig lange genug über Hochöfen pausieren, damit es nicht erkaltet. Dazu muss man sich nur noch einen Fahrstuhl vorstellen, der eine Wippe als Boden hat, um eine ungefähre Idee zu bekommen, was für ein wahnwitziges und forderndes Gameplay einen in den späteren Missionen von Puddle erwartet.

Eine gläserne Schneekugel sanft durch einen felsigen Parcours steuern, Treibstoff vorsichtig an Zündquellen vorbei leiten oder Getränke ohne Würgereiz der menschlichen Verdauung zuführen... Es gibt kaum etwas im Zusammenhang mit Flüssigkeiten, dass Puddle auslässt und ständig ist man gespannt auf das Setting des nächsten Kapitels. Aber auch in den einzelnen Level wiederholen sich die Aufgaben kaum und es unmöglich die vielen tollen Ideen hier alle aufzuzählen.

Die Physik der unterschiedlichen Flüssigkeiten ist großartig umgesetzt und fühlt sich unglaublich echt an. Man kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, wenn wir nach der bestandenen Hölle der Hochöfen unter blauem Himmel als Kette von Wassertropfen an einer Hochspannungsleitung bis ins Kernkraftwerk reisen müssen.

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Der kleine Schlauch von Wassertropfen hängt nur mit Hilfe der Oberflächenspannung an der durchhängenden Stromleitung. Mit sanftem Tastendruck muss die richtige Reisegeschwindigkeit gefunden werden, den jedes Abheben an den Verbindungsstellen kostet kostbare Tropfen. Die großen Lücken zwischen den Strommasten müssen mit perfekt abgestimmten Sprüngen überwunden werden, um das Wasser wieder präzise auf dem nächsten Kabel einzufädeln. Das muss man echt einfach selbst erlebt haben.

Puddle hat einen wunderschönen, unaufdringlichen und stimmungsvollen, elektronischen Soundtrack, der großartig zum jeweiligen Ambiente der Kapitel passt. Besonders schön aber ist, dass Puddle es schafft, die unterschiedlichen Interessen der Casual- und Hardcoregamer zu vereinen. Der Schwierigkeitsgrad und das Medaillensystem mit Bestenliste dürfte jeden eingefleischten Zocker herausfordern. Durch die schlichte Tastenbelegung in Verbindung mit der Tatsache, dass sich fast jeder mit den physikalischen Gesetzen von Flüssigkeiten auskennt, ist der Einstieg selbst für Nichtspieler denkbar einfach.

Puddle
Die richtige Mixtur zu erreichen, das ist eine verdammt kippelige Angelegenheit.

Puddle ist sowieso fast das perfekte Singleplayer-Spiel für kleine Gruppen, in denen der Controller herumgereicht wird. Die Level sind kurz und knackig. Seine Mitstreiter beim Spielen zu beobachten bringt viel Spaß und die Erfolgsquote erhöht sich in einer kleinen Gruppe zudem ungemein.

Der Schwierigkeitsgrad von Puddle treibt einen fast in den Wahnsinn und man bekommt ständig die Zahl der Fehlversuche vor Augen geführt. Trotzdem wird man den Controller nicht mehr aus der Hand legen wollen. Erscheint einem die Situation geradezu ausweglos, darf man die lustige Whine & Skip-Funktion nutzen, mit deren Hilfe man genau zweimal einen Level überspringen darf. Danach muss man erst einen der übersprungenen Level bewältigen, damit man diese Funktion erneut benutzen darf.

Die wirklich einzige Schwäche von Puddle sind die langen Ladezeiten zwischen den Versuchen. Spielt man zu zweit, ist die Pause für einen Controllerwechsel genau richtig. Aber alleine wird die Geduld schon etwas auf die Probe gestellt.

Puddle ist ein weiteres tolles Beispiel dafür, wie Indie-Entwickler die Kreativität und Freude am Spielen ständig weiter pushen, während sich viele der großen Titel häufig einfach nur noch selbst wiederholen. Das Spiel ist eine unbedingte Empfehlung für alle, die Spaß am Spielen haben und eine abwechslungsreiche Herausforderung suchen.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Sehr abwechslungsreiches Spielprinzip, tolle Flüssigkeitsphysik, sehr schöne Präsentation und netter Soundtrack
-
zu lange Ladezeiten
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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KRITIK. Von Ingo Delinger

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