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Change we believe in?

Ich gehöre vermutlich zu den wenigen Menschen, die eine extrem erfolgreiche Mediengattung völlig und erfolgreich ignoriert haben. Kaum zehn Musik-CDs habe ich in meinem Leben gekauft. Und alle waren Geschenke für andere. Hier schreibt ein Vinyl-Junkie, der einer war bis zu jenem Tag, als ihn digitale Musik im Sturm nahm. Schuld an allem war der iPod.

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Derselbe Mensch, der vorher stets Platten kaufte wegen dem Human-Touch im Sound und einem viermal so großen Cover wie eine CD, hatte sich in als Musikkonsument plötzlich aber vollständig dematerialisiert.

Seit ich meinen ersten iPod kaufte und die DJ-Karriere beendete, kamen vielleicht noch zehn Schallplatten in die Sammlung. Jeweils als Geschenke an mich. Traurig eigentlich, wo ich immer so stolz auf meine gute sortierte Plattensammlung war, die im Jahr 2003 abrupt endet, aber immer noch gut sichtbar im Wohnzimmer steht.

Wird das den Videospielen auch so ergehen? Meine Videospielsammlung ist auch ziemlich anständig sortiert. Ich besitze alle nennenswerten Konsolen und dafür jeweils die wichtigsten Spiele. Aber im Wohnzimmer stehen nur die Games für die aktuelle Konsolengenerationen und einige Raritäten. Der Rest steht bereits in Kartons verpackt im (zum Glück knochentrockenen) Keller.

Langsam geht der Platz aus - und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass der digitale Vertrieb von Videogames endlich vollständige Realität wird. Die Musik hat es mich gelehrt: Ich brauche für Musik und Games keine Verpackungen, die im Wohnzimmer oder Keller Platz wegnehmen. Ich bin da mittlerweile hoffnungslos dematerialisiert. Schade nur um die pompösen, limitierten Editionen. Aber irgendwie kauft man die auch nur, um sie zu besitzen. Und dann stauben sie ein.

Leider ist der digitale Vertrieb von Games in einer umfassenden Form noch Zukunftsmusik. Klar, es gibt Steam und diverse Downloadbörsen für PC-Spieler. Klar, Konsolenbesitzer durften auf der PS3 mit „Gran Turismo 5 Prologue" erstmals bei einem Vollpreistitel wählen, ob sie eine Packung im Laden kaufen oder einfach übers Playstation-Network runterladen.

Richtig erfolgreich funktioniert das Downloaden bei den ganzen Arcadegames bzw. Old-School-Titeln, die über Xbox Live Arcade, Wii Ware & Co. auf Knopfdruck zur Verfügung stehen.

Für die Vollpreisspiele wird es womöglich noch etwas dauern. Sagt jedenfalls Dan DeMatteo, der Chef der Videogames-Ladenkette GameStop. Old Economy sozusagen. Neulich orakelte der Mann, dass ein vollständiger, digitaler Vertrieb von Games frühestens 2020 Realität werde. Das dauere so lange, weil die Publisher Angst vor Softwarepiraten hätten. Und man selbst mit einer einigermaßen weit verbreiteten, schnellen Bandbreite des T1-Kabelnetzes für ein 30 Gigabyte großes Spiel knapp drei Tage zum Download brauche. Und weil die Spiele mit jeder neuen Rechnergeneration immer größer werden.

Sicher hat Dan DeMatteo auch einfach Angst davor, sein Geschäftsmodell zusammenkrachen zu sehen. Wobei dass genau die große Frage ist: Wie sehr brauchen die Publisher die großen Händler wie Gamestop, Medimax, Media Markt, Saturn, Karstadt und Co., um ihre Produkte großflächig zu vermarkten? Momentan brauchen sie sie sehr. Vielleicht wird das in Zukunft anders sein. Vielleicht wird es Showrooms geben (müssen), in denen die Kunden Spiele ganz physisch und unverbindlich testen können. Finanziert von einem Verbund der Publisher. Weil die großen Elektronikhändler keine Games mehr verkaufen. Nicht rentabel genug das Ganze.

Vielleicht hängen aber bei denselben Händlern in 20 Jahren noch die gleichen CD-Verpackungen. Nur ohne CD drin. Dafür mit einem kleinen Kärtchen, auf dem Instruktionen zum Herunterladen aufgebracht sind. Als Barcode, RFID-Chip oder einfach als profane Zahlenreihe. Der Konsument wird's am Ende entscheiden. Ich habe meine Entscheidung bereits gefällt.

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