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Playstation 4 Pro: kaufen oder nicht?

Wir haben die neue und stärkere PS4 intensiv unter die Lupe genommen und klären die Frage, wer die neue Konsole braucht und wer womöglich nicht.

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Die Playstation 4 Pro, so beeindruckend und technisch brillant sie auch sein mag, ist auch ein verwirrendes Produkt. Sie fordert nicht nur das gesamte Konzept des Generationszyklus von Konsolen heraus, das in der Branche schon lange verwendet wird, sondern bietet auch einen Blick in eine Zukunft, in der Konsolen vom Konsumenten schneller ausgetauscht werden sollen - ähnlich wie bei Smartphones und Tablets. Das wird bei Sony sogar hochoffiziell als Strategie so bestätigt. Und das heißt auch, dass die Playstation 4 Pro die Konsole für den Hardcore-Gamer ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass das Produkt selbst verwirrend ist. Was also ist die PS4 Pro? Warum sollte man die kaufen? Was bietet sie konkret an Vorteilen gegenüber der originalen Playstation 4?

Jetzt, da wir mit der fertigen Hardware ausgiebig spielen konnten, ist das Ergebnis ein wenig beruhigender. Die Playstation 4 Pro ist eine großartige Konsole, und die Strategie und Vision für das Gerät fühlen sich klarer an. Allerdings sind einige der Fragen noch unbeantwortet, während wir in diese neue Ära der Spieleentwicklung einsteigen. Wohl am wichtigsten dabei: Die PS4 Pro bietet einen neuen Ansatz, wie wir Konsolen überhaupt wahrnehmen.

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Playstation 4 Pro: kaufen oder nicht?Playstation 4 Pro: kaufen oder nicht?
Alles von der Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Menüs bis zur Knusprigkeit des Bildes ist ein wenig besser.
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Ende letzter Woche war ein Gamereactor-Kollege in London, um mit einer Reihe von hochrangigen Entwicklern, die an Software für die Plattform arbeiten, über die Vorteile der neuen Hardware zu diskutieren. Hierbei war das kommunikative Problem so offensichtlich wie bisher, da sowohl Entwickler als auch Sony-Manager selbst damit kämpften, klar und prägnant zu erklären, was die neue Plattform tatsächlich bietet. Schlagwörter wie 4K und HDR fliegen durch die Luft, natürlich. Und als Kazunori Yamauchi von Polyphony Digital Gran Turismo Sport mit HDR und in 4K zeigt, wird der visuelle Effekt der PS4 Pro ziemlich schnell ziemlich klar. Aber in einer alltäglichen Situation, wo sich auch die Playstation 4 Pro aktuell beweisen muss, sind die visuellen Verbesserungen eher noch ziemlich klein.

Ein Beispiel ist Horizon: Zero Dawn, ein Spiel, das für seine unglaublichen Visuals von Anfang an gelobt wurde. Die Grafik ist wunderschön, aber obwohl alles etwas hübscher auf Playstation 4 Pro ist, ist der tatsächliche optische Unterschied eher subtil, böse Zungen würden sagen: gut versteckt. Der eine sieht es sofort, der andere gar nicht, der nächste fühlt es. Sony weiß natürlich, dass der Unterschied da ist, aber der Spieler, der mal eben drauf schaut, wird diesen Unterschied nicht immer sofort erkennen. 4K und HDR sind keine Big Bang-Veränderungen.

Wer die PS4 Pro installiert hat und ihre Performance direkt mit der PS4 vergleicht, dem wird erst einmal kaum etwas auffallen. Wer einen 4K-HDTV besitzt (wie spielen aktuell auf einem Samsung UE55 KS7090 4K-TV), sieht oben in der Anzeige den Hinweis auf "UHD 3840 x 2160". Aber das Menü ist identisch, auch wenn sich gefühlt alles etwas schneller bewegt und fixer lädt. Und das ist real tatsächlich so: Alles von der Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Menüs bis zur Knusprigkeit des Bildes ist ein wenig optimiert. Es ist eine leichte Verbesserung in jeder einzelnen Hinsicht. Die Konsole hat mehr Power für alles, verschwendet weniger Zeit und alles fühlt sich flüssiger an. Ein bisschen wie eine Playstation 4S ist das, um den Vergleich zur Smartphonebranche erneut zu bemühen.

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Die ursprüngliche Playstation 4 ist schön gestaltet, ein Design mit leicht spiegelnden Winkeln und zweifarbigem Materialschema - die PS4 Pro übernimmt diese Designphilosophie nicht.

Leider sieht die neue Hardware selbst nicht ganz so schick aus wie das 4K-Bild auf dem Screen. Das Design der Hardware, es fehlt auf eine Art irgendwie schmerzlich. Es gibt viele Memes im Internet, die diesen Punkt bereits zeigen, aber es ist auch einfach eine neue Super-Slim-PS3-Situation. Die ursprüngliche Playstation 4 ist schön gestaltet, ein Design mit leicht spiegelnden Winkeln und zweifarbigem Materialschema - die PS4 Pro übernimmt diese Designphilosophie nicht. Die originale PS4 ist klein, glatt, passt gut ins Wohnzimmer. Viele denken daher, dass die Playstation 4 Slim einen massiven Schritt zurück für Sony bedeutet, wie es bei der finalen Version der Playstation 3 der Fall war. Irgendwie sah da alles so billig aus, als ob Fisher Price seine Hände im Spiel gehabt hätte.

Die PS4 Pro ist nun eher eine Big-Mac-Version der PS4 Slim, anstatt das sie auf dem ursprünglichen Design der PS4 basiert - und das ist schon etwas frustrierend. Es ist eine PS4 Slim mit ein paar Pfunden mehr auf der Hüfte. Das matte Finish ist zurück, die scharfen Kanten des Originals fehlen. Es ist es eine ziemlich einheitliche Maschine. Aber die PS4 Pro ist dabei eben ziemlich groß, nicht nur im Vergleich zur neuen Slim, sondern auch im direkten Vergleich zur originalen PS4. Die Tendenz geht größentechnisch eher in Richtung originale Xbox One, wobei das Netzteil wie immer direkt in der Sony-Konsole verbaut ist.

Aber natürlich investiert man die 100-Extra-Euro für die PS4 Pro hauptsächlich deshalb, weil man Spiele schöner spielen will. Horizon: Zero Dawn hat dabei den bisher besten und bleibendsten Eindruck hinterlassen, allerdings ist dieses Spiel erst 2017 erhältlich. Aktuell liefert die PS4 Pro "nur" verbesserte Grafik für ein paar wenige Titel. Da spielt man Deus Ex: Mankind Divided oder Rise of the Tomb Raider und denkt sich selbst die ganze Zeit: "Es sieht definitiv besser aus!" Aber herauszufinden, warum das so ist, das ist der harte Teil. Ist es HDR? Sind es die erhöhten Texturdetails? Ist es die höhere Auflösung? Der Fall unterscheidet sich von Titel zu Titel, aber nach dem Herumspielen mit der Hardware und einer Reihe von Spielen, die in den letzten Tagen Pro-Patches erhalten haben, ist der Unterschied ganz klar. Und vor allem ist klar, dass es auch Leuten auffällt, die grafische Verbesserungen eigentlich nicht mit einem so scharfen und kritischen Auge betrachten.

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Aber natürlich investiert man die 100-Extra-Euro für die PS4 Pro hauptsächlich deshalb, weil man Spiele schöner spielen will.

Für die kritischen Technikmenschen haben wir hier nochmal die vollständige Liste der Hardware-Spezifikationen:

Prozessor: Custom-chip single Processor
CPU: x86-64 AMD "Jaguar," 8 Kerne
GPU: 4.20 TFLOPS, AMD Radeon-based graphics engine
Memory: GDDR5 8GB 1GB of VRAM
Festplatte: 1TB
Größe: 295×55×327 mm (Breite × Höhe × Länge)
Gewicht: 3,3 kg
BD/DVD-Laufwerk: BD × 6 CAV, DVD × 8 CAV
Input/Output: 3x Super-Speed USB (USB 3.1 Gen.1), AUX
Netwerk: Ethernet (10BASE-T, 100BASE-TX, 1000BASE-T)×1, IEEE 802.11 a/ b/g/n/ac, Bluetooth 4.0 (LE)
AV Output: HDMI-Out (4K/HDR), DIGITAL OUT (OPTICAL)

Also, wie funktioniert das tatsächlich mit dem Verbessern die Spiele, die Patches und Updates erhalten haben, um die Vorteile der zusätzlichen Kraft der PS4 Pro zu nutzen? Nun, die meisten Games nutzen aktuell das 4K-Checkerboard-System, das im Wesentlichen ein gegebenes Bild in Echtzeit hochskaliert. Es ist eine akzeptable Lösung, die bei Spielen wie Deus Ex: Human Revolution und Call of Duty: Infinite Warfare eine spürbare visuelle Differenz erschafft. Die Auflösung ist aber nicht alles, ebensowenig wie HDR - und so ist es wichtig für die PS4 Pro, dass man bei möglichst vielen Spielen die Wahl hat, wie die zusätzliche Power der Konsole verwendet werden soll. Rise of the Tomb Raider etwa bietet bereits drei Optionen an: verbesserte Grafik, hohe Bildfrequenz (60 FPS) oder 4K-Auflösung (30 FPS). Auch das kommende Nioh lässt uns zwischen 4K, 60 FPS und mehr Texturendetails auf dem Bildschirm wählen und wechseln - und dann bereits auf Knopfdruck.

Wer Games spielt, die keinen Pro-Patch bekommen haben, hat übrigens nichts von der Zusatzleistung der Konsole. Chefentwickler Mark Cerny weiß, dass die GPU der Pro etwa doppelt so stark ist wie die in einer normalen Playstation 4, aber die zusätzliche GPU-Power wird einfach ausgeschaltet, wenn kein Patch für das Game existiert. Damit sollen vor allen Dingen technische Probleme verhindert werden, die für PS4 optimierte Spiele haben könnten. Es ist ein sauberer Weg und trennt klar zwischen Spielen mit und ohne Updates. So überlässt es Sony den einzelnen Entwicklern, wann, wie und ob sie die Pro unterstützen wollen.

Während die optischen Unterschiede auf einem 4K-TV mit HDR offensichtlich sind, ist der Unterschied auf einem regulären Full-HDTV wenig sichtbar. Ein paar Spiele bieten einen Modus für verbesserte Grafik, so etwa Mittelerde: Mordors Schatten und Rise of the Tomb Raider, aber der Unterschied ist nicht wirklich extrem auffällig in 1080p. Sieht es trotzdem besser aus? Sicher, aber eben nicht viel besser. Der größte Vorteil für 1080p-HDTV dürfte eine Verbesserung der Framerate des Spiels sein. Sowohl Rise of the Tomb Raider als auch Infamous: Second Son unterstützen nun 60 Bilder pro Sekunde, das ist ein großes Plus. Beide Spiele laufen viel flüssiger und der Unterschied ist deutlich sichtbar. Mittelerde: Mordors Schatten bietet allerdings nur eine höhere Auflösung (nutzlos bei Full-HD-Fernsehern) und verbesserte Grafik, keine 60 FPS. Wie gesagt: Unterschiedliche Spiele bieten verschiedene Einstellungen, es ist halt kompliziert.

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Playstation 4 Pro: kaufen oder nicht?
Die PS4 Pro ist eher eine Big-Mac-Version der neuen PS4 Slim, anstatt das sie auf dem ursprünglichen Design der PS4 basiert - und das ist eher frustrierend.

Über allem schwebt nun ohnehin die Frage: Soll man die PS4 Pro kaufen? Wir versuchen das mal, anhand einiger Vorausbedingungen zu klären.

"Ich besitze ein 4K-HDTV": Dann lohnt sich PS4 Pro absolut, denn der deutliche Unterschied bei der Grafik gegenüber der regulären PS4 ist als Argument nicht zu schlagen. Einzige mögliche Beschwerde: das Fehlen eines 4K-Blu-ray-Laufwerks. Aber realistisch ist 4K-Streaming ohnehin die Zukunft, kann man also vernachlässigen.

"Ich liebe PSVR": Nun, die von uns getesteten VR-Spiele sahen schärfer aus, es war ein deutlicher Unterschied für alle Redakteure sichtbar. Für PSVR ist die PS4 Pro also die perfekte Ergänzung.

"Ich besitze keine PS4": Nun, wieso eigentlich nicht? Aber egal, ob man einen Full-HDTV oder einen 4K-HDTV besitzt, man sollte immer eine PS4 Pro kaufen, wenn man jetzt eine Playstation kauft. Die 100 Euro mehr ist sie immer wert und eine Investition in die nächsten zwei, drei Jahre.

"Ich habe eine PS4 und einen Full-HDTV": Ganz ehrlich, dann vorerst bei der PS4 bleiben. Es ist immer noch unklar, wie viele Spiele einen deutlichen Unterschied in 1080p zeigen werden. Also lieber warten und schauen, wie sich die Situation entwickelt. Steht der Kauf eines 4K-Fernsehers an, sollte man natürlich eine PS4 Pro ins Auge fassen.

Unabhängig davon, was wir oben geschrieben haben, hängt der tatsächliche Wert der PS4 Pro für einen selbst schließlich davon ab, wie man Videospiele und neue Technik insgesamt sieht und wie locker das Geld sitzt. Die Hardware selbst ist ihren Preis wert, wie viel Nutzen man persönlich ziehen kann, muss jeder selbst einschätzen.



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