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Exklusives Gespräch mit Hideo Kojima über neues Spiel und Studio

Wir haben uns mit dem legendären Entwickler von Metal Gear Solid auf der Nordic Game getroffen, um mit ihm über sein neues Spiel, sein eigenes Studio und noch viel mehr zu sprechen.

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Hideo Kojimas Leben glich in den letzten Monaten einer Achterbahnfahrt. Wir wollen an dieser Stelle nicht weiter auf den ausführlich publizierten Zusammenbruch seiner Beziehung zu seinem früheren Arbeitgeber Konami eingehen. Es war ein schmutziges, unwürdiges Ende, aber das liegt jetzt hinter ihm. 

Die vergangenen Ereignisse haben dem legendären Entwickler von Metal Gear Solid aber eine neue Perspektive ermöglicht, während er versucht, sein eigenes Studio zu etablieren.

Natürlich war es eine der ersten Fragen während des Gesprächs am runden Tisch, wie es sich denn anfühlt, unabhängig zu sein und ob es nicht auch ein wenig furchteinflößend sei. 

"Ich habe gemischte Gefühle", erzählt er den wenigen Journalisten, die diesem Termin beiwohnen durften. "Aber ein Ding ist, dass ich weiter Spiele machen will. Letztes Jahr ist viel passiert, aber jetzt bin ich unabhängig. So gesehen freue ich mich. Es ist aber auch eine herausfordernde Situation, aber so ist das wenn man Spiele macht. Es ist anstrengend, aber ich mache das ja schon seit vielen, vielen Jahren. Diese Sorte Stress macht mir nichts aus. Ich freue mich unterm Strich über meine jetzige Situation.


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"Ich bin ein großer Fan von Nick Park", erzählt Kojima über den Erfinder von Wallace & Gromit.
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Nach seiner offiziellen Trennung von Konami ging Kojima auf eine Weltreise, besuchte Studios in Europa und Amerika, entdeckte dabei neue und potenziell begeisternde Arten zu arbeiten.

 Kojima hatte nette Dinge über das schwedische Studio DICE zu sagen, nicht nur wegen seines kürzlichen Besuchs, auch weil er schon vor acht Jahre einmal dort war. Bereits damals fiel ihm ein anderer Ansatz auf, wie man sich dort um die Kreativen kümmert und auch, wie effizient und organisiert sie bei der Entwicklung, beim Einsatz von Werkzeugen und bei der Entwicklung bei mehreren Studios sind. Er sagt, das damals gelernte kam ihm schon bei der Entwicklung von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain zugute.



Kojima hofft, mit seinem eigene Studio Kojima Productions die effizienten Systeme anderer großer Studios mit seinem eigenen Ansatz zu kombinieren, etwas, das er selbst als enge Zusammenarbeit im Stil der "Artisans" bezeichnet. 

"Ich bin ein großer Fan von Nick Park", erzählt Kojima über den Erfinder von Wallace & Gromit. Bewundernd erklärt er, wie Park den Film Chicken Run wesentlich schneller erschaffen hat und dabei fünf Studios leitete, statt selbst volle kreative Kontrolle zu behalten. Kojima hofft auf einen Mittelweg zu finden zwischen alles selbst zu machen und voller Kontrolle zu haben, mehr Zeit zu brauchen und sehr effizient zu sein, aber dabei vielleicht auch etwas zu verlieren.

Es sagt viel, dass er erklärt, dass die Fans von Nick Park alle zwei Jahre einen neuen Film wollen, aber dass der Preis dafür ist, dass sie dann nicht wirklich einen Nick Park Film bekommen. 

Er mag seine Beobachtungen bei Park und DICE gemacht haben, aber es war das britische Studio Media Molecule, das bei ihm auf seiner Reise den größten Eindruck hinterlassen hat. Es ist das Studio in Guildfort, das von ehemaligen Lionhead-Entwicklern gegründet wurde, an dem er sich am meisten orientieren will.

 "Wir wollen ein kleines, intimes Studio haben - und Media Molecule in London ist ein ziemlich gutes Beispiel, wie wir das machen wollen".

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Exklusives Gespräch mit Hideo Kojima über neues Spiel und StudioExklusives Gespräch mit Hideo Kojima über neues Spiel und Studio
Wenn er die japanischen Studios mit den amerikanische und europäischen vergleicht, malt er ein düsteres Bild und sagt, es gäbe "keinen Respekt oder keine Wichtigkeit" für die Kreativen in Japan.



Kojima will zudem weg von der japanischen Spieleentwicklungskultur. Er wolle keine Macho-Kultur etablieren, wie sie in so einigen japanischen Studios noch gängig sei. Es solle keine militärischen Strukturen geben, wo Befehlen nach unten durchgereicht werden. "Bei Media Molecule wirkt es, als sei die Küche der wichtigste Teil", eine Sache, die ihm auch bei DICE aufgefallen ist. "Und dort arbeiten auch viele Frauen, das fühlt sich für mich völlig fremd an."

 Die ausgeglicheneren Arbeitskräfte beim Entwickler von Little Big Planet haben ganz offensichtlich Eindruck gemacht, denn er beschrieb die Atmosphäre als "ein sehr familiäres Gefühl im Studio und das möchte ich auch erreichen."

Ein weiterer Schlüsselfaktor wird die Größe des Studios, wie er uns erklärte: "Ich möchte mich mit den Entwicklern direkter verbinden... also werden es um die einhundert Leute werden, aber nicht mehr. Ich will bei dieser Größe bleiben." Kojima erklärt, dass das er nicht will, dass diese einhundert Leute zu spezialisiert sind.

 Wenn er die japanischen Studios mit den amerikanische und europäischen vergleicht, malt er ein düsteres Bild und sagt, es gäbe "keinen Respekt oder keine Wichtigkeit" für die Kreativen in Japan. Er habe das Gefühl, die japanischen Firmen seien nicht so sehr an den Inhalten der Spiele interessiert und schauen mehr auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.



Jetzt mit Kojima Productions könne er zum ersten Mal anders arbeiten, als noch unter dem Schirm von Konami. Es kam die Frage auf, ob sich sein Ansatz bei der Entwicklung von Spielen jetzt insgesamt ändern würde, weil er unabhängig sei.

 "Er hat sich nicht geändert," fängt er an. "Vor dreißig Jahren wollte ich viel verkaufen. Aber die Entwickler heute müssen auch darüber nachdenken, was sie wirklich machen wollen, und wie diese Konstellation zu den verschiedenen Plattformen passt und auch, wie diese Konstellation erfolgreich werden kann. Wenn man also diese Konstellation nimmt, ein Spiel und den Entwickler, diese Beziehung hat sich geändert im Vergleich zu vor vielen Jahren. Aber das gilt auch für die Indies."

Exklusives Gespräch mit Hideo Kojima über neues Spiel und StudioExklusives Gespräch mit Hideo Kojima über neues Spiel und Studio
"Was ich mache, ist ein starker Titel, der das Leben der Spieler verändert."




Jedem der sein letztes Spiel - Metal Gear Solid V: The Phantom Pain - gespielt hat, ist klar, das an diesem Spiel nichts Indie gewesen ist. Jetzt, wo er unabhängig ist, sieht der Entwickler sein nächstes Projekt mit anderen Augen und er will kein "episches" Spiel machen, weil er es kann.

"Was ich mache, ist ein starker Titel, der das Leben der Spieler verändert. Also, dieses Spiel zu spielen, mag das Leben dieser Person verändern. Es ist aber nicht groß im eigentlichen Sinn, dennoch ein sehr emotionaler Titel." Kojima will sich auf den "emotionalen Eindruck, den der Titel beim Spieler hinterlässt" konzentrieren.

 Während des Interviews wurde er auch gefragt, worauf er besonders stolz sei und wie er das in der Zukunft wieder erreichen will. Kojima war mit seiner Antwort sehr bescheiden. "Diese Frage höre ich oft. Aber für mich fühlt es sich nicht so an als hätte ich bisher irgendetwas erreicht, also will ich das in Zukunft schaffen. Was ich versuche, ist ein Spiel zu entwicklen, das jetzt das beste ist. Nur so kann man 30 Jahre weitermachen. Die Branche hat sich stark verändert, aber eine große Sache ist, das Spiele jetzt ihren Platz in der Gesellschaft haben. Als ich vor 30 Jahren anfing, haben mir meine Familie und Freunde gesagt, ich soll es lassen. Unsere Leben und die Welt haben sich verändert, die Technologie hat sich weiterentwickelt und an dieser Veränderung ist nicht negatives."



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