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Metal Gear Solid V: The Phantom Pain

Metal Gear Solid V: The Phantom Pain - Kritik ohne Wertung

Nach 30 Stunden mit Metal Gear Solid V auf einem Review-Event haben wir das Spiel nicht beenden können. Darum vorerst keine Wertung, aber klare Worte zum Kojima-Werk.

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Wir schreiben das Jahr 1984. Das Weltraumshuttle Discovery ist zu seiner Jungfernfahrt aufgebrochen. Ronald Reagan ist zu seiner Wiederwahl angetreten. Und im Radio läuft Bruce Springsteen. In Afghanistan wächst der Widerstand gegen die sowjetischen Besatzer. Das ist die neue Realität, die Snake erwartet, als er seine Augen nach neun Jahren Koma wieder öffnet.

Er hat ein paar seiner besten Jahre verloren, sein Zuhause, einen Arm und seine Kameraden. Nach den Ereignissen in Metal Gear Solid V: Ground Zeroes ist Snake geschunden und gebrochen. Wo soll er nun hin? Soll er sich ein neues Zuhause aufbauen? Eine neue Armee zusammenstellen? Seine gefallenen Brüder rächen? All diese Fragen aber müssen warten. Snake wird im Krankenhaus auf brutale Weise zurück in die Realität geholt. Er ist das Hauptziel von Soldaten, Assassinen und übernatürlichen Lebewesen.

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Metal Gear Solid V: The Phantom PainMetal Gear Solid V: The Phantom Pain
Mit viel Freiheit kommt auch eine große Verantwortung.
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Mit seinen Zwischensequenzen, ein paar Mysterien und dem obligatorischen Gossenhumor fühlt sich der Einstieg in Metal Gear Solid V: The Phantom Pain noch sehr vertraut an. Erst als der Prolog abgeschlossen ist und wir auf einem Pferd sitzen, das riesige Afghanistan zu unseren Füßen, da merken wir, dass dieses Spiel von Hideo Kojima so ganz anders ist als alles das, was er zuvor gemacht hat. Zumindest in Bezug auf den Umfang. Das hier ist Metal Gear Solid V: Ground Zeroes, hundert mal fetter. Die Steuerung und das Schleichen mögen ähnlich sein. Doch das Gelände ist größer, es gibt mehr Missionen, mehr Gadgets, bessere Grafik, dynamisches Wetter, Sandstürme, Bären, Kräuter zum Sammeln und kleine Tiere zum jagen. Kurz gesagt, Metal Gear Solid V: The Phantom Pain bietet nun eine große, offene Welt.

Mit so viel Freiheit kommt auch eine große Verantwortung. Und Freunde der Serie werden wahrscheinlich ungern hören wollen, dass die behutsam erstellten Missionsgebiete, die Metal Gear Solid einen so guten Ruf eingebracht haben, durch riesige, offene Karten ersetzt wurden, auf denen generische Außenposten und Militärbasen verstreut sind. Tatsächlich ist die Spielwelt nun kein geschlossenes Kunstwerk mehr so wie es früher war. Es ist vielmehr eine sich ständig wandelnde leere Leinwand und der Künstler ist der Spieler selbst, gemeinsam mit den Gegnern und den Umständen.

Es reicht nicht länger, dass wir die Karten in- und auswendig kennen. Wir müssen in der Lage sein, uns anzupassen. Nehmen wir zum Beispiel eine Mission, in der es die Aufgabe ist, einen Lastwagen mit wertvollen Gütern aufzuspüren und zu entführen. Wir haben zu Beginn dieser Mission einfach keine Ahnung, wo sich das Fahrzeug befindet. Bei der Infiltration in ein feindliches Lager kommen uns aber ein paar Papiere in die Hände, die die vorgesehene Route und den militärischen Begleitschutz des Lastwagens beschreiben.

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Ein Großteil von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain dreht sich um den erneuten Aufbau der Mother Base von Snake.

An dieser Stelle müssen wir nun ein paar Entscheidungen treffen. Schlagen wir irgendwo entlang der Route ein Lager auf und überraschen den Konvoi mit einer ordentlichen Ration Sprengstoff und hoffen dabei den Wagen nicht zu beschädigen? Oder versuchen wir, das Fahrzeug zu erreichen, bevor es sich der Eskorte anschließt? Vielleicht, aber auch nur vielleicht, könnte man auch versuchen, den Geleitschutz mit einem Luftschlag auszuschalten, bevor er überhaupt den Lastwagen erreicht. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten. Und obwohl Snake schon immer ein beachtliches, abwechslungsreiches Arsenal mit sich führte, erinnert uns die Freiheit, wo wir hingehen und was wir machen können, mehr an ein Hitman als an irgendeines der anderen Metal Gear-Spiele.

Unsere Ausrüstung wächst nicht auf Bäumen. Ein Großteil von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain dreht sich um den erneuten Aufbau der Mother Base von Snake. Wie in Metal Gear Solid: Peace Walker können wir Feinde vom Schlachtfeld einsammeln beziehungsweise entführen, in dem wir sie an kleinen Heißluftballons befestigen und sie per Luftpost zu unserer Basis schicken. Wenn sie womöglich davon überzeugt sind, sich unser Armee anzuschließen, können wir ihnen in Abhängigkeit von ihren Fähigkeiten bestimmte Aufgaben zuordnen. Dazu gehören Waffen-Entwicklung, Informationsbeschaffung oder ähnliches.

Wir können in unser Basis frei herumlaufen. Das gibt uns die Möglichkeit, Soldaten zu überprüfen, eine schnelle Dusche zu nehmen oder uns einfach hinzusetzen und der Basis beim Wachsen zuzuschauen. Die Idee, ein eigenes, virtuelles Zuhause zu haben, ist eine nette Idee - und sowohl das Verwalten als auch das Anpassen ist ein Kinderspiel.

Metal Gear Solid V: The Phantom PainMetal Gear Solid V: The Phantom Pain

Während die spielerische Bandbreite von spannend bis ziemlich verrückt reicht, sind Handlung und Thema von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain noch ernster als je zuvor. Snakes Kumpel Kazuhira Miller wurde misstrauisch und rachsüchtig, nachdem er während ihrer Gefangenschaft einen Arm und ein Bein verloren hat. Und Snake spricht kaum noch und wenn er es doch tut, dann ist es nicht länger die ruppige Stimme von David Hayter, sondern die etwas fadere Interpretation von Kiefer Sutherland.

Kojima hat auch jeglichem spielerischen Wortgeplänkel oder Small Talk ein brutales Ende gesetzt. Snake geht in Konversationen nicht mehr auf Spionagefilme ein oder erzählt wie verschiedene Tiere schmecken. Diesmal sprechen Miller und Snake hauptsächlich über Verlust, Rache und Kindersoldaten. Das sorgt für ein paar bombastische Dialoge, auch wenn sie nicht mehr so unterhaltsam sind wie früher.

Dreißig Stunden haben wir mit Metal Gear Solid V: The Phantom Pain auf dem Reviewevent verbracht und bereits einige denkwürdige Momente erlebt. Metal Gear mag vielleicht etwas erwachsener und düsterer sein, aber nichtsdestotrotz überrascht die Handlung noch immer. Und das, obwohl Tempo und Erzählstil etwas hinterherhinken. Der wahre Held ist diesmal das Spiel selbst. Es ist nicht nur so, dass wir diesmal so viel mehr davon bekommen, als in dem für seine vielen Zwischensequenzen berüchtigtem Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots. Das neue MGS fühlt sich zugänglicher, abwechslungsreicher und interessanter an als jedes andere Spiel der Reihe. Es ist ein solides Open-World-Spiel - wenn wir doch nur Snake dazu bekommen könnten, während des Rest des Spiels ein paar Witze über Ochsenfrösche zu reißen, dann könnte es das beste Spiel aus dem Genre in diesem Jahr werden.

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